"Hallo Hitzewelle!", titelt Het Belang van Limburg. "31,2 Grad Celsius – Rekord gebrochen", notiert Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Trotz des nassen Frühlings zeigen sich bereits erste Anzeichen einer Dürre", warnt De Standaard auf seiner Titelseite. Die aktuellen hohen Temperaturen und mittlerweile schon langanhaltende Trockenheit beschäftigen die Zeitungen nur in ihrer Berichterstattung, in den Leitartikeln greifen sie andere Themen auf.
Le Soir kommt auf ein Ergebnis aus dem eigenen Politbarometer zurück. Demnach wollen 76 Prozent der Belgier die aktuelle Vivaldi-Regierung nicht mehr. Dazu kommentiert die Zeitung: Bemerkenswert ist zudem an diesem Befund, dass diese Wähler auch keine Regierung aus PS und N-VA wollen, und auch keine Neuauflage der "schwedischen Koalition" der Regierung Michel. Kurz, die Wähler weisen alle zurück, die schon einmal Verantwortung übernommen haben. Kein Wunder, dass die beiden extremen Parteien PTB und Vlaams Belang zurzeit so viel Zulauf erhalten. Sie waren noch nie in Regierungsverantwortung. Doch so ein Verhalten der Wähler ist naiv und ungerecht. Die Vivaldi-Koalition wusste, dass sie einen schweren Stand haben wird. Trotzdem hat sie Verantwortung übernommen. Zum Wohle des Landes. Allein das schon sollte gewürdigt werden, unterstreicht Le Soir.
Blau nicht mehr blau
Het Laatste Nieuws blickt auf die weiter desaströsen Zahlen im Polit-Barometer für die OpenVLD und bemerkt: Die OpenVLD ist zu einer Zombie-Partei geworden. Sie zuckt noch, aber lebt nicht mehr. Das ist umso bedenklicher, weil es in Flandern im Grunde genug Wählerpotenzial für eine liberale Partei gibt. Die OpenVLD schafft es aber nicht, dieses Wählerpotenzial für sich zu gewinnen. Das könnte wahrscheinlich nur mit einer starken Persönlichkeit an der Parteispitze funktionieren. Doch die hat die OpenVLD nicht, urteilt Het Laatste Nieuws.
Ähnlich Het Nieuwsblad: Nach 25 Jahren in Regierungsverantwortung ist das Blau der OpenVLD so blass geworden, dass die Wähler diese Farbe nicht mehr erkennen. In so einer Situation sehen viele Spitzenpolitiker eine Chance darin, der Partei einen neuen Namen zu geben. Bei der OpenVLD sieht es nicht danach aus. Die Partei glaubt immer noch daran, dass sie überleben kann. Erst wenn der Wähler die OpenVLD auf die Knie zwingt, wird sich daran etwas ändern, ist Het Nieuwsblad überzeugt.
Wahlhelfer TikTok
Gazet von Antwerpen schaut auf den Vlaams Belang und führt aus: Tom Van Grieken hat am Wochenende erklärt, dass sein Vlaams Belang bereit zum Regieren ist. Bis 2029 möchte Van Grieken dann als Teil der flämischen Regierung mit der wallonischen Regierung über die Unabhängigkeit Flanderns verhandeln. Das könnte man immerhin ein Projekt nennen. Doch leider vergisst Van Grieken dabei, dass laut Verfassung eine Zwei-Drittel-Mehrheit auf föderaler Ebene nötig ist, um eine solche Unabhängigkeit zu erreichen. Das ist utopisch. Wenn Van Grieken tatsächlich bald mitregieren möchte, dann sollte er noch ein bisschen kreativer und konstruktiver werden, rät Gazet van Antwerpen.
De Standaard macht sich grundsätzlich Gedanken zum bevorstehenden Wahlkampf und schaut dafür in die Geschichte: Immer schon ist es so gewesen, dass derjenige, der das neueste Massenmedium beherrscht, auch die Massen erreicht und seine Themen platzieren kann. Aktuell müssen wir deshalb über die chinesische Video-App TikTok sprechen. Das ist in Belgien aktuell das meistgenutzte Medium, gerade bei jungen Leuten. Auf TikTok sind vor allem PTB und Vlaams Belang aktiv, mit Abstrichen auch die Sozialisten von Vooruit. Zu erwarten ist zudem, dass die künstliche Intelligenz im anstehenden Wahlkampf eine Rolle spielen wird. Ob das ein Vor- oder Nachteil für die Demokratie sein wird, bleibt zu beobachten, grübelt De Standaard.
Hang zum Narzissmus
De Morgen beobachtet zum politischen Rückzug des ehemaligen britischen Premierministers Boris Johnson: Wer glaubt, dass Johnson sich jetzt tatsächlich aufs Ruhekissen legt, joggen geht und seine Memoiren schreibt, der irrt. Vielmehr kann man davon ausgehen, dass Johnson schon jetzt fleißig an seinem politischen Comeback bastelt. Er wird den aktuellen Premierminister Sunak bei jeder Gelegenheit kritisieren und sich als alternativlos für die Konservativen darstellen. Darin gleicht er Trump. Denn neben dem Populismus teilen Johnson und Trump den unerschütterlichen Hang zum Narzissmus, wertet De Morgen.
Zum Thema Fußball notiert La Libre Belgique: Saudi-Arabien entwickelt sich zum neuen Eldorado für alternde Fußballspieler. Nach Cristiano Ronaldo und Karim Benzema lassen sich jetzt noch knapp ein Dutzend weiterer Fußballstars von den Öldollars locken. Dabei darf man nicht vergessen, dass es in Saudi-Arabien und den anderen schwerreichen Golfstaaten um die Menschenrechte nicht gutsteht. Die Fußballer blenden das aus, was aber ein Fehler ist. Sie sind die Idole für viele Jugendliche und damit auch Vorbilder. Eden Hazard scheint bislang der saudischen Verlockung noch zu widerstehen. Die Größe eines Fußballers misst sich nicht nur in Geld, moralisiert La Libre Belgique.
Kay Wagner