"Die Nationalbank setzt die Banken unter Druck mit Blick auf eine Zinserhöhung", titelt Het Nieuwsblad. "Die Nationalbank warnt den Finanzsektor: Die Banken dürfen die Sparer nicht aus den Augen verlieren", schreibt De Morgen auf Seite eins. Beide Schlagzeilen bringen es auf den Punkt: Der Vizegouverneur der Nationalbank, Steven Vanackere, hat gestern ausdrücklich für "faire Renditen" plädiert. Mit anderen Worten: Für eine Erhöhung der Sparzinsen. Anderenfalls liefen die Banken Gefahr, dass ihnen am Ende die Kunden weglaufen. Und es sei schließlich das Geld der Sparer, mit dem die Banken arbeiteten.
Und das ist auch ein Stabilitätsfaktor für den Bankensektor, analysiert De Morgen in seinem Leitartikel. Eben die Tatsache, dass der gemeine Belgier ein so eifriger Sparer ist, ist mit ein Grund dafür, dass die belgischen Banken so "robust und widerstandsfähig" sind, wie es die Nationalbank in ihrem Finanzstabilitätsbericht hervorgehoben hat. Der vergleichsweise große Sparstrumpf der Belgier ist zudem ein maßgeblicher Faktor mit Blick auf die Kreditwürdigkeit des Landes. Entsprechend sollte man sich diese Sparer warmhalten. Denn wenn sie sich irgendwann doch mal nach anderen Anlageoptionen umzuschauen beginnen, dann könnte das allen voran die Banken in die Bredouille bringen. Ergo: Eine Erhöhung der Sparzinsen wäre auch im Interesse eben der Banken. Mehr noch: Je mehr die Bürger ihre Kaufkraft wegschmelzen sehen wegen Unternehmen, die sich allzu gierig verhalten, desto mehr radikalisieren sie sich. Und genau deswegen muss auch die Regierung notfalls eingreifen.
Ein Putsch gegen Bouchez?
Ganz andere Geschichte auf Seite eins von La Libre Belgique: "Innerhalb der MR wächst wieder der Widerstand gegen Georges-Louis Bouchez", schreibt das Blatt. La Dernière Heure formuliert es drastischer und spricht von der "Versuchung eines Putsches gegen Bouchez". Eine Zeitlang herrschte Ruhe bei den frankophonen Liberalen, die Gegner des umtriebigen Parteichefs schienen sich ihrem Schicksal ergeben zu haben. Vor allem ein umstrittener Auftritt von Georges-Louis Bouchez in einer flämischen Fernsehshow scheint die Kritik aber wieder angefacht zu haben. Einige schieben jetzt die ehemalige Premierministerin Sophie Wilmès nach vorne, weil die am ehesten geeignet sei, um die verschiedenen Lager zu einen.
Reuzegom-Prozess: Zu mildes Urteil?
Einige Zeitungen kommen noch einmal zurück auf das Urteil im Prozess um den Tod von Sanda Dia. Der junge Mann war 2018 bei einer extremen Studententaufe gestorben. 18 Mitglieder der Studentenvereinigung hatten sich vor Gericht verantworten müssen. Sie kamen aber allesamt mit Arbeitsstrafen davon. Das Urteil wird von Kritikern als "zu milde" bezeichnet. "Die Familie von Sanda Dia hat noch sehr viele Fragen", bemerkt denn auch das GrenzEcho.
"Lassen wir am Ende die sozialen Medien über das Strafmaß befinden?", fragt sich provokativ De Standaard in seinem Kommentar. Im Internet tobt jedenfalls eine Diskussion über das Urteil im Prozess um den Tod von Sanda Dia. Man kann in der Tat nur feststellen, dass die Angeklagten weitgehend unbeschadet aus der Sache herausgekommen sind. Sogar ihr polizeiliches Führungszeugnis bleibt unangetastet. Der eine oder die andere sprechen in diesem Zusammenhang von "Klassenjustiz", vor dem Hintergrund, dass die Mitglieder des elitären Studentenclubs allesamt "aus gutem Hause" kommen. Fragen und auch eine entsprechende Debatte sind natürlich erlaubt. Es wäre allerdings schön, wenn die Diskussion auf der Grundlage von Fakten geführt würde und nicht auf Basis eines vagen Bauchgefühls.
Russisches Zündeln auf dem Balkan: eine Warnung
Einige Blätter beschäftigen sich auch mit der Lage im Kosovo. Nach den Kommunalwahlen war es dort zu Ausschreitungen gekommen. Bei Protesten im mehrheitlich von serbischstämmigen Menschen bewohnten Norden des Kosovo waren unter anderem 30 KFOR-Soldaten verletzt worden.
Die anhaltenden Spannungen zwischen Serben und Kosovo-Albanern haben jetzt einen vorläufigen Höhepunkt erreicht, kann L'Avenir nur feststellen. Seit das Kosovo im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit ausgerufen hat, war es ein schwieriges, um nicht zu sagen unmögliches Miteinander. Und in letzter Zeit ist es nur noch schlimmer geworden. Die Lage ist jetzt regelrecht explosiv. Serbien hat ja die Unabhängigkeit seiner ehemaligen Teilregion nie anerkannt. Man darf aber nicht vergessen, dass auch Russland hier genüsslich Öl ins Feuer gießt. Nicht nur, dass man sich als traditioneller Unterstützer der Serben, also des slawischen Brudervolks sieht, der Konflikt ist auch ein zusätzliches Mittel, um Europa weiter zu destabilisieren und zugleich vom schmutzigen Krieg in der Ukraine abzulenken. Vor diesem Hintergrund ist die Gefahr eines neuen Flächenbrands auf dem Balkan inzwischen mehr als real.
Het Belang van Limburg sieht das genauso. Die Spannungen im Kosovo sind eine knallharte Warnung an die Europäer. Schon in Normalzeiten reicht ein Funke, um die ganze Region wieder in eine Spirale der Gewalt zu stürzen. Jetzt wurde aber eine neue Eskalationsstufe erreicht. Und natürlich schürt Russland sehr bewusst diesen Konflikt. Der Kreml hat Serbien sogar schon militärische Hilfe angeboten. Auch die EU-Kommission sollte sich jetzt dem westlichen Balkan wieder diplomatisch offensiver zuwenden. Man muss insbesondere Serbien eine wirklich realistische Aussicht auf einen EU-Beitritt geben. Denn Russland, das sich als Führungsnation der slawischen Völker betrachtet, ist wegen des Kriegs in der Ukraine moralisch bankrott. Auch die wirtschaftliche Unterstützung des Kremls hat Sand im Getriebe. In diese Bresche sollte die EU springen. Denn für Europa ist eine Lösung für den Balkan genauso wichtig wie ein günstiger Ausgang des Ukraine-Krieges.
Roger Pint