"Vooruit hat Plan für strengere Migrationspolitik: 'Drei Jahre kein Integrationseinkommen für Nicht-Belgier'", titelt Het Laatste Nieuws."Conners Plan für Asyl und Migration: Die ersten drei Jahre kein Integrationseinkommen für Neuankömmlinge", schreibt Gazet van Antwerpen. "Rousseau: 'Keine Integration, kein Integrationseinkommen'", liest man bei Het Nieuwsblad.
Conner Rousseau, der Vorsitzende der flämischen Sozialisten Vooruit, scheint mehr und mehr zu einer Stalinorgel zu werden, die Pläne abfeuert, kommentiert Het Nieuwsblad. Wer die Vorstöße ohne Parteilogo sieht, könnte leicht denken, dass es sich um Ideen der N-VA handelt, nicht von Vooruit: strenge Rückführungspolitik, Einschränkung der Familienzusammenführung, Begrenzung von Wirtschaftsmigration auf Mangelberufe, finanzielle Unterstützung nur für Menschen, die Einbürgerungskurse absolvieren und Niederländisch lernen – wie schon bei den Vorstößen zur Kinderbetreuung klingt all das viel eher nach Mitte-Rechts als nach Links. Mit seinen Migrationsplänen rollt Rousseau auch den roten Teppich für eine mögliche Zusammenarbeit mit der N-VA nach den nächsten Wahlen weiter aus. Aber Versprechen machen ist immer leicht, sie umzusetzen und der Politik dabei auch noch einen linken Stempel aufzudrücken eine ganz andere, gibt Het Nieuwsblad zu bedenken.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Vooruit-Vorsitzende von links aus rechts klingende Vorstöße macht, hält auch Gazet van Antwerpen fest. Zum 1. Mai hatte er ja schon das sozialistische Tabu der unbegrenzten Arbeitslosenunterstützung zertrümmert. Bei seinen Migrationsplänen hat sich Conner Rousseau jetzt von den dänischen Sozialisten inspirieren lassen. Die graben der radikal-rechten Konkurrenz durch eine strenge Asyl- und Migrationspolitik erfolgreich das Wasser ab. Und sie rechtfertigen das mit einem Verweis auf ihre traditionelle Basis, die Arbeiterklasse. Denn gerade Menschen in ärmeren Vierteln bekämen die negativen Folgen von Migration als erste zu spüren, so die dänischen Sozialisten. Auch die flämischen Sozialisten wollen wieder anknüpfen mit ihrer traditionellen Basis. In diesem Sinn hat Conner Rousseau also seine Hausaufgaben gemacht. Ob seine Vorschläge allerdings auch politisch umgesetzt werden, bleibt abzuwarten, so Gazet van Antwerpen.
Die Malaise sitzt viel tiefer
De Morgen greift in seinem Leitartikel den jüngsten politischen Stimmungstest von VRT und De Standaard auf: Die Enttäuschung über die Politik ist so groß, dass eine Mehrheit der Befragten mittlerweile einer Technokraten-Regierung den Vorzug geben würde. Zum Teil ist das dem aktuellen Kontext geschuldet, wir stolpern von einer Krise in die nächste. Aber andererseits lässt die Politik mit ihren Affären und weltfremden Reaktionen auch keine Chance aus, um sich selbst in den Fuß zu schießen. Die Malaise sitzt aber noch tiefer, der Kern des Problems ist die Art und Weise, wie Politik heute betrieben wird: Es gibt nämlich einfach viel zu viel Politik, von morgens bis abends versuchen Politiker mit Spektakelpolitik Aufmerksamkeit zu erregen. Aber sie verwechseln Aufmerksamkeit mit Unterstützung und Vertrauen. Die Wahrheit ist, dass sie mit ihrem Verhalten viele Wähler befremden und verprellen. Das Schauspiel, das sie täglich abliefern, ist weit weg von den tatsächlichen Alltagssorgen der Menschen, wettert De Morgen.
Drei von zehn Befragten würden einen autoritären Führer unserer Demokratie vorziehen, merkt Het Laatste Nieuws an. Bei den Wählern des Vlaams Belang – laut Umfragen die größte Partei in Flandern – ist es sogar fast jeder zweite. Das muss uns unbedingt zu denken geben. Und in diesem Zusammenhang müssen wir als Presse und Medien uns auch an die eigene Nase fassen. Welche Rolle spielen wir bei dieser Vertrauenskrise? Oft konzentrieren wir uns darauf, was schief läuft in Gesellschaft und Politik. Aber wir kümmern uns hinterher zu wenig darum, wie diese Missstände manchmal behoben werden. Wenn sich Dinge verbessern, dann muss das auch klarer gesagt werden. Bei der Berichterstattung aus der Rue de la Loi und Co. geht es auch viel zu oft um die Kabbeleien des Tages anstatt um die sinnvolle Arbeit, die Politiker in Ausschüssen und andernorts leisten, beklagt Het Laatste Nieuws.
Ausländische Investitionen: Qualität statt Quantität
Die Wirtschaftszeitung L'Echo kommt auf das gestern vorgestellte "Attraktivitätsbarometer" für ausländische Investitionen des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY zurück: Die Zahl ausländischer Investitionsprojekte in Belgien ist im vergangenen Jahr um vier Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig haben ausländische Investitionen aber auch zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen geführt. Im Durchschnitt ist die Rede von 38 Arbeitsplätzen, die in Belgien pro ausländischem Investitionsprojekt geschaffen werden. Und das ist ein Problem, denn der europäische Durchschnitt liegt bei 82 Arbeitsplätzen pro Projekt. Die Lehre, die wir daraus ziehen sollten, lautet, dass es nicht nur um die Zahl der Projekte gehen darf. Statt nur auf Quantität muss mehr auf Qualität geachtet werden. Belgien muss mehr Anreize für qualitativ hochwertige ausländische Investitionsprojekte bieten, fordert L'Echo.
Wettlauf zwischen KI und Politik
De Tijd befasst sich mit der Regulierung Künstlicher Intelligenz: Das Europäische Parlament hat in dieser Hinsicht einen wichtigen Schritt vorwärts getan. Unter anderem geht es bei dem Regelentwurf um Gesichtserkennung an öffentlichen Orten, um Vorhersagen von kriminellem Verhalten und die Manipulation von Verbrauchern. Die Erfahrungen mit sozialen Medien und der Datenschutz-Grundverordnung haben gezeigt, dass die europäischen Institutionen wider Erwarten regulatorisch stark auftreten können. KI wird aber dennoch eine enorme Herausforderung bleiben, denn die Politik wird mit der rasend schnellen Evolution dieser neuen Technologie Schritt halten müssen, warnt De Tijd.
Boris Schmidt