"Das Rätsel um die Explosionen am Kreml", schreibt Le Soir auf Seite eins. "Mordanschlag auf Putin oder Manöver von Moskau?", fragt sich Het Nieuwsblad. Die Schlagzeile von La Libre Belgique klingt ähnlich: "Ukrainischer Angriff oder russische Inszenierung?". De Morgen formuliert es nochmal anders: "Operation unter falscher Flagge oder Erniedrigung für Putin?", fragt sich das Blatt. Het Laatste Nieuws ist sich offenbar ziemlich sicher, die Antwort zu kennen: "Der Anschlag auf Putin scheint inszeniert zu sein", titelt das Blatt. Der Vorfall sei eine ideale Ausrede für Russland, um noch härter zuzuschlagen. So sieht das auch De Standaard: "Die Beschuldigungen im Hinblick auf den Drohnen-Angriff auf den Kreml drohen, den Krieg noch zu verschärfen".
Der Vorfall scheint im Grund nur das Vorspiel zu sein für die bevorstehende ukrainische Frühjahrsoffensive, glaubt De Tijd in ihrem Leitartikel. Im Moment scheint zumindest festzustehen, dass tatsächlich zwei Drohnen über dem Kreml abgeschossen wurden. Es gibt zumindest Bilder, die dafür sprechen. Wer die Flugkörper in die Luft gebracht hat, steht aber auf einem ganz anderen Blatt. US-Außenminister Antony Blinken sagte jedenfalls schon, dass alles, was aus dem Kreml komme, mit großer Vorsicht zu genießen sei. Nichtsdestotrotz scheinen in den letzten Tagen die Sabotage-Akte auch auf russischem Boden stark zugenommen zu haben. Und das wirkt wie der Auftakt zu der mit Spannung erwarteten ukrainischen Frühjahrsoffensive. Doch sind Militärexperten eher skeptisch, was die Erfolgsaussichten angeht. Derzeit mag es so aussehen, als könne sich dieser Krieg noch einige Zeit hinziehen. Mehr denn je scheint alles auf eine Abnutzungsschlacht hinauszulaufen.
Keine Transparenz bei den Beraterstäben von Ministern
"Bpost bezahlte Kabinettsmitarbeiter von Petra De Sutter – wie groß ist der Schaden?", fragt sich derweil De Morgen auf Seite eins. "Nach Sarah Schlitz gerät mit Petra De Sutter die nächste Grüne-Politikerin in Schwierigkeiten", notiert La Libre Belgique. Gestern war ja ans Licht gekommen, dass im Beraterstab der Groen-Ministerin zwei Personen beschäftigt waren, die noch auf der Gehaltsliste von Bpost standen. "Entsandte Mitarbeiter sind üblich, aber nicht aus Unternehmen", macht De Tijd auf ihrer Titelseite klar.
Das ist eine peinliche Geschichte, und das gleich in mehreren Belangen, ist De Morgen überzeugt. Man stelle sich vor, im Kabinett von Finanzminister Van Peteghem würden zwei Spitzenleute der Belfius-Bank arbeiten, die dann auch noch zuständig wären für die Verhandlungen über die Besteuerung von Banken. Das würde einen Aufschrei der Empörung hervorrufen. Nun, was jetzt über die Bpost-Mitarbeiter im Kabinett von Petra De Sutter herausgekommen ist, das ist durchaus vergleichbar. De Sutter betont zwar, dass von einem Interessenkonflikt keine Rede sein könne. Kann sein. Ausschließen kann man es aber auch nicht. Denn man hat letztlich die Katze neben die Milch gesetzt. In jedem Fall ist das eine neue, peinliche Geschichte, die einmal mehr beweist, wie wenig transparent die Beraterstäbe von Ministern sind.
Good Governance ist der Leitfaden
Wir sehen hier mal wieder alle Zutaten für einen verhängnisvollen Cocktail, analysiert De Standaard. Um es mal zusammenzufassen: Ein kommerzielles Unternehmen entsendet zwei Mitarbeiter an einen seiner größten Kunden, der aber zugleich Anteilseigner und Kontrollinstanz ist. Und diese beiden Mitarbeiter sind zuständig für die Ausarbeitung des Rahmenvertrags für eben das Unternehmen, das sie bezahlt. Können Interessen noch klarer kollidieren? Diese Geschichte ist ein weiterer Beweis dafür, wie gestört das Verhältnis ist zwischen dem Staat und den börsennotierten Staatsbetrieben. Man muss sich entscheiden: Entweder ist Bpost ein Betrieb, der im Sinne des Allgemeinwohls agiert, oder es handelt sich um ein börsennotiertes Unternehmen, das nur den Gesetzen des Marktes folgt. Man kann nicht beides haben.
Hier geht es letztlich wieder um das alte Dauerbrennerthema, meint Le Soir, das da lautet: Good Governance, eine verantwortungsvolle Regierungsführung. Es muss ja wohl klar sein, dass im Beraterstab einer Ministerin keine Leute sitzen dürfen, die für ein Unternehmen arbeiten, über das eben diese Ministerin die Aufsicht hat. Hierzulande fehlt offensichtlich immer noch die Sensibilität für das Konzept "Interessenkonflikt". Dabei müsste doch jedem einleuchten, dass man – egal in welchem Job – nur dann ethisch gradlinig agieren kann, wenn hundertprozentig klar ist, welchen oder wessen Interessen man dient. Konkret: Man kann nicht zugleich der Kontrolleur und der Kontrollierte sein.
L'Echo sieht das ähnlich. Es mag Argumente geben, die für die Einstellung von entsandten Experten sprechen. Das vereinfacht die Beziehungen zu den betreffenden Staatsbetrieben und die Suche nach praxistauglichen Lösungen. Nur verschwimmen eben hier die Grenzen, entstehen ungesunde Grauzonen. Die betreffenden Mitarbeiter sind in einer buchstäblich schizophrenen Situation. Diese anscheinend gängige Praxis muss dringend reguliert werden.
Ein neuer Kratzer im Image der Grünen
Besonders peinlich ist diese Geschichte aber auch für die Grünen, findet La Dernière Heure. Die mussten in diesen Tagen schmerzlich erfahren, dass man sich besser nicht zum selbsternannten "Meister Proper" aufschwingt. Denn der Bumerang ist nie weit. Erst hatte Sarah Schlitz die angeblich lupenreine Weste der Grünen bekleckert. Und, peng, jetzt hat auch die Groen-Kollegin Petra De Sutter einen peinlichen Skandal am Hals. Wie heißt es so schön: "Wer im Glashaus sitzt…".
Genau aus diesem Grund kann man sich aber die Frage stellen, warum die Geschichte mit den Bpost-Mitarbeitern gerade jetzt ans Licht kommt, gibt Het Laatste Nieuws zu bedenken. Denn: De Sutter hatte die fragliche Praxis schon vor einiger Zeit beendet. Nicht vergessen: Bpost steckt nach dem Bekanntwerden diverser Skandale bis zum Hals in der Krise und Petra De Sutter hat sehr deutlich gemacht, dass sie bei der Post aufräumen will. Und, sagen wir mal so: Es dürften nicht sehr viele Leute Einblick haben in die Gehaltsliste von Bpost. Das ändert aber nichts daran, dass das Image der Grünen hier einen neuen Kratzer bekommen hat.
Roger Pint