"Die Gewerkschaften wollen am Osterwochenende Delhaize-Märkte blockieren", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Im Sozialkonflikt bei der Supermarktkette stehen die Zeichen mehr denn je auf Sturm. Auf der einen Seite die Gewerkschaften, die nicht lockerlassen wollen. Und insbesondere an diesem umsatzstarken Wochenende den Betrieb stören wollen. Auf der anderen Seite die Direktion, die fest entschlossen ist, Protestaktionen zu unterbinden. Delhaize hat in den letzten Tagen schon mehrmals auf Gerichtsvollzieher und sogar auf die Polizei zurückgegriffen, um Blockaden aufheben zu lassen. "Für die Gewerkschaften ist der Krieg noch lange nicht gewonnen", orakelt aber Le Soir auf seiner Titelseite. Experten sind da, im Gegenteil, eher skeptisch. Deren Argumentation: Die öffentliche Meinung steht den Streiks nicht unbedingt positiv gegenüber und die Presse fängt an, ihr Interesse zu verlieren.
"Hier geht es nicht nur um die Frage, wer bei dem Sozialkonflikt als Sieger hervorgeht, sondern vor allem wie", meint Le Soir in einem nachdenklichen Kommentar. So, wie sich die Auseinandersetzung gerade in den letzten Tagen hochgeschaukelt hat, kann das nur mit einer regelrechten Demütigung der unterlegenen Seite enden. Es mag so aussehen, als würden die Gewerkschaften am Ende den Kürzeren ziehen und sich den Plänen des Managements beugen müssen. Für die betroffenen Mitarbeiter wird sich das so anfühlen, als seien sie buchstäblich von Gott und der Welt verlassen worden. Das gilt eigentlich für die Branche insgesamt, die rund 100.000 Beschäftigten im Einzelhandel. Man kann sich an den fünf Fingern abzählen, was dieses Gefühl der Demütigung und der Geringschätzung mittelfristig mit diesen Menschen machen wird. Genau aus diesem Grund wird es höchste Zeit, dass sich die Politik einschaltet, damit ein wirklicher sozialer Dialog wieder stattfindet.
"Kohlerevier gegen Silicon Valley"
"In der Tat", so pflichtet L'Echo bei: In diesem Konflikt gibt es schon ein prominentes Opfer - und das ist eben der Soziale Dialog. Beide Seiten scheinen sich - im Gegenteil - eher noch zu radikalisieren. Erst wollte die Direktion nicht wirklich eine Diskussion über ihre Konzessionierungspläne zulassen. Und dann haben sich die Gewerkschaften dazu entschlossen, zumindest Teilaspekte des Konflikts vor ein Arbeitsgericht zu bringen. Wir sehen hier also die Verrechtlichung eines Sozialkonflikts. Und das kann auf Dauer nicht gut sein. Solche Konflikte löst man nur, indem man respektvoll und offen miteinander redet.
"Innerhalb der Vivaldi-Koalition scheint aber bislang nur die PS gewillt zu sein, sich der Akte Delhaize anzunehmen", kann La Dernière Heure nur feststellen. Im Grunde zeigt sich hier einmal mehr der ideologische Graben, der von Anfang an zwischen den Regierungspartnern bestand. Auf der einen Seite insbesondere die Sozialisten, die letztlich für den Erhalt des bisherigen Wirtschaftsmodells eintreten. Auf der anderen Seite die Liberalen, die neuen Konzepten gegenüber aufgeschlossen sind und für die die Sonntagsruhe oder die Nachtarbeit keine Heiligen Kühe sind. "Kohlerevier gegen Silicon Valley", so könnte man den Gegensatz auf den Punkt bringen. Im Land des belgischen Kompromisses wird man am Ende wohl irgendwo in der Mitte auskommen.
Durchgesickerte Geheimdokumente
Het Belang van Limburg widmet seinen heutigen Kommentar dem Krieg in der Ukraine. In den letzten Tagen sind ja Geheimdokumente durchgesickert, die Informationen über die westliche Militärhilfe an die Ukraine enthalten. "Auf den ersten Blick ist das ein Nackenschlag für die Ukraine und den Westen insgesamt", meint das Blatt. Nicht so sehr in puncto Inhalt; in den Dokumenten erfährt man nämlich wenig Neues. Nein, was hier vor allem Schaden nimmt, das ist das gegenseitige Vertrauen. Denn solche Dokumente landen nie zufällig auf der Straße.
Frage ist: Wer hat ein Interesse daran? Verfügen die Russen über einen Maulwurf innerhalb der westlichen Militärstrukturen? Mag sein. Doch werfen Unstimmigkeiten Fragen auf. Die in den Dokumenten genannten Opferzahlen auf russischer beziehungsweise ukrainischer Seite wirken doch sehr unrealistisch. Zwei Möglichkeiten: Entweder die Russen haben die Zahlen frisiert. Oder es ist vielleicht umgekehrt: Womöglich handelt es sich hier um einen amerikanischen Versuch, die Russen zu täuschen und in die Irre zu führen. Beobachtern zufolge steht der Beginn einer ukrainischen Frühjahrsoffensive unmittelbar bevor. Womöglich wissen wir in wenigen Tagen mehr.
"Alles wird gut"
Het Laatste Nieuws beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit dem Portemonnaie der Belgier. "Die Welt steckt offiziell nicht mehr im Schlamassel", meint das Blatt. Denn: Die Energiekrise scheint erstmal überwunden zu sein. Die Schwimmbäder können wieder auf erträgliche Temperaturen geheizt werden. Und, wenn man's auch noch nicht im Supermarkt bemerkt: Auch die Lebensmittelpreise sind weltweit im Sinkflug, sie stehen sogar - man glaubt es kaum - auf dem niedrigsten Stand seit Juli 2021.
Das erklärt sich vor allem dadurch, dass die Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin ins Leere gelaufen sind. Er wollte Europa vor Kälte bibbern lassen: Das hat nicht funktioniert. Und auch seine verbrecherische Strategie, die Getreide-Exporte aus der Ukraine zu blockieren und so eine weltweite Hungersnot auszulösen, auch die ist gescheitert. Das Einzige, was Putin gelungen ist, das ist uns Angst zu machen. Russland tut alles, um unser Vertrauen zu erschüttern und so eine negative Kettenreaktion in Gang zu setzen. Drei Worte können reichen, um einen Diktator in Schach zu halten. Und diese drei Worte lauten: Alles wird gut.
Roger Pint