"Die Polizei setzt ihre 'Nackt-Durchsuchungen' fort", titelt Het Nieuwsblad. "Und die Maßnahme lässt den Prozess ins Absurde abgleiten", bemerkt Le Soir auf Seite eins. "Schon wieder ein Fehlstart - und die Polemik ist wohl noch immer nicht vorbei", so die Schlagzeile von La Libre Belgique.
Der Brüsseler Terrorprozess hat weiter Sand im Getriebe. Die gestrige Sitzung musste gleich wieder vorzeitig beendet werden. Hintergrund ist immer noch die Polemik um die sogenannten "Nackt-Durchsuchungen". Einige Angeklagte hatten dagegen geklagt, dass sie sich vor jedem Transport vom Gefängnis ins Gerichtsgebäude zwecks Durchsuchung vollständig entkleiden mussten. Ein Gericht hatte der Beschwerde stattgegeben. Und doch setzte die Polizei gestern diese Nackt-Durchsuchungen fort. Das beißende Fazit von De Morgen: "Beim Brüsseler Terrorprozess herrscht das nackte Chaos".
"Der Schwurgerichtsprozess um die Anschläge vom 22. März 2016 entwickelt sich zu einer regelrechten Katastrophe", beklagt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Vor allem ist es eine neue Katastrophe für die Opfer und Angehörigen. Dies vor allem, weil es die Angeklagten geschafft haben, sich selbst in den Vordergrund zu spielen und damit den eigentlichen Inhalt des Verfahrens auszublenden. Erst das Theater um die Glasboxen, jetzt das surreale Getue um die Nacktdurchsuchungen. Dabei ist die Haltung der Polizei durchaus nachvollziehbar: Es geht schließlich um extreme Angeklagte, bei denen man entsprechend extrem vorsichtig sein muss. Heute wird sich hoffentlich entscheiden, wie in Zukunft mit den Verdächtigten verfahren werden darf. Und hoffentlich kommt man dabei zu dem Schluss, dass die Samthandschühchen jetzt endlich abgelegt werden können, mit denen die Angeklagten bislang behandelt wurden. Die Scheingefechte der Verteidigung sorgen nämlich dafür, dass die Opfer und Angehörigen nicht das bekommen, was sie erwarten dürfen.
Testpflicht für Reisende aus China: Schafft die EU heute Klarheit?
"Die EU-Mitgliedstaaten wollen eine Testpflicht für Reisende aus China", so derweil die Aufmachergeschichte von De Standaard. Genauer gesagt ist eine Mehrheit der EU-Länder der Ansicht, dass sich Menschen, die von China nach Europa reisen wollen, vor ihrer Abreise testen lassen müssen. Das zuständige EU-Gremium soll heute über eine einheitliche Vorgehensweise beraten.
"Die Vergangenheit lehrt, dass man hier absolute Vorsicht walten lassen muss", mahnt La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Wenn man eine hypothetische neue Virus-Variante wirklich möglichst lange von Europa fernhalten will, dann darf man sich nicht auf Stichproben beschränken. Nein! Dann muss jeder Reisende aus China systematisch und konsequent getestet werden. Im Gegensatz zu Belgien scheinen Länder wie Spanien oder Italien das verstanden zu haben. Hoffentlich schafft die EU heute Klarheit.
L'Avenir hegt da keinen Zweifel: Man kann darauf wetten, dass die EU heute nach dem Vorbild der USA eine Testpflicht für Reisende aus China verhängen wird. Und mal ehrlich: China lässt uns doch eigentlich kaum eine Wahl. Peking weigert sich beharrlich, alle Zahlen transparent offenzulegen. Selbst die Weltgesundheitsorganisation WHO beißt da auf Granit. Das macht es nahezu unmöglich, die tatsächliche Tragweite des Corona-Ausbruchs im Reich der Mitte einzuschätzen. In jedem Fall sorgen die Ereignisse in China für weltweite Besorgnis. Und das ist wohl nicht unbegründet.
Ein starkes politisches Zeichen der Europäer
Und ausgerechnet China fühlt sich jetzt auch noch ungerecht behandelt, giftet La Libre Belgique. Eine mögliche Testpflicht für Reisende aus China wäre in den Augen Pekings "diskriminierend" und "entbehre jeder wissenschaftlichen Grundlage". Und das von einem Land, das drei Jahre lang seine Grenzen dicht gemacht und den wenigen ausländischen Besuchern unendlich lange Quarantäne-Zeiten auferlegt hat? Einem Land, das schon wieder Informationen zurückhält. Mal ganz davon abgesehen, dass die Corona-Pandemie eben in China ihren Ursprung hatte. Es steht der Verdacht im Raum, dass China den Rest der Welt in seine Probleme mit hineinziehen will. Warum sonst würde man ausgerechnet jetzt die Reisebeschränkungen lockern, genau zu einem Zeitpunkt, in dem die Coronazahlen durch die Decke gehen? Indem man eine neue, weltweite Krankheitswelle schürt, kann man nämlich wunderbar von inländischen Problemen ablenken. Nach dem Motto: "Schaut mal! Das ist kein chinesisches, sondern ein weltweites Problem".
Was wir jetzt brauchen, das ist in jedem Fall ein EU-weit einheitliches Vorgehen, so das Fazit von L'Echo. Wir sollten doch längst wissen, dass das Virus keine Grenzen kennt, und dass nationale Alleingänge immer zum Scheitern verurteilt sind. Noch dazu verfügt die EU über ein ganz anderes Gewicht China gegenüber als die einzelnen Mitgliedsstaaten, die Strafmaßnahmen vonseiten Pekings befürchten müssen. Die Europäer sollten hier gemeinsam ein starkes politisches Zeichen setzen.
Innenpolitisches Chaos im US-Kongress
De Standaard beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit dem innenpolitischen Chaos in den USA. Das Repräsentantenhaus schafft es nicht, sich auf einen neuen Vorsitzenden zu verständigen. Weil die Republikaner, die eigentlich die Mehrheit haben, intern tief gespalten sind. Hier geht es um eine relativ kleine Gruppe von Rechtsextremisten, die gerade versuchen, überproportionalen Einfluss zu gewinnen, analysiert das Blatt. Leute, die dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump treu ergeben sind. Und die den Sturm auf das Kapitol von vor zwei Jahren nie im Leben verurteilen würden. Die blockieren jetzt den republikanischen Kandidaten Kevin McCarthy. Auf diese Weise bekommen Leute mit undemokratischen und rassistischen Überzeugungen eine neue Chance, um die amerikanische Demokratie zu beschädigen.
Roger Pint