"Europa einigt sich auf Gaspreisdeckel", titelt die Wirtschaftszeitung De Tijd. "Der Gaspreis wird gedeckelt in Europa", heißt es im Aufmacher von Le Soir. "Europa verspricht Ende der extrem hohen Gaspreise", so die Schlagzeile bei Het Nieuwsblad.
Die EU-Energieminister haben sich gestern Nachmittag auf einen europäischen Gaspreisdeckel geeinigt. Damit haben sie eine Forderung erfüllt, auf die Belgien seit dem Frühjahr gedrängt hatte. Trotz mehrerer Aufmacher ist diese Entscheidung kein Thema in den Leitartikeln. Hier beschäftigen sich mehrere Zeitungen mit den Beschlüssen des Weltnaturgipfels in Montreal. Diese Beschlüsse werden von allen Zeitungen begrüßt.
De Morgen nennt sie sogar "historisch", denn auch die ersten Schritte, die ein Baby macht, werden von den Eltern gerne als historisch bejubelt, begründet die Zeitung. Aber jetzt geht es darum, diese Beschlüsse auch umzusetzen. Der Erhalt der Natur in all ihrer Vielfalt ist sicher die wichtigste Aufgabe, die die Menschheit anpacken muss. Um erfolgreich zu sein, müssen sich alle an der Bewältigung der Aufgabe beteiligen. Sowohl diejenigen, die an der Dringlichkeit zweifeln und lieber alles wie bisher weitermachen würden. Als auch diejenigen, die sich wie Moralapostel aufspielen und den Fehler immer bei den anderen suchen. Alle in ein Boot zu bekommen, ist die Hürde, die übersprungen werden muss, damit es mit der Rettung der Natur klappt, glaubt De Morgen.
Alle sind zufrieden, aber …
Ähnlich kommentiert La Libre Belgique: Die Beschlüsse des Weltnaturgipfels haben die Erwartungen erfüllt. Alle sind zufrieden. Bis 2030 sollen 30 Prozent der Erde unter Naturschutz stehen. Aber noch ist nichts erreicht. Bei den Beschlüssen handelt es sich um globale, nicht verpflichtende Zusagen, die jetzt von jedem Land in nationale Politik umgesetzt werden müssen. Der Kampf gegen den Klimawandel hat zur Genüge gezeigt, dass dieser Teil der Übung der schwierigste ist, erinnert La Libre Belgique.
Auch De Standaard zweifelt: Die praktische Umsetzung der Beschlüsse von Montreal wird der Gradmesser sein, an dem sich die Ergebnisse des Weltnaturgipfels messen lassen müssen. Bezeichnend dabei ist es, was gestern gleichzeitig zur Abschlusserklärung in Kanada bei der EU in Brüssel passiert ist. Da hat nämlich die EU-Kommission eine neue Studie in Auftrag gegeben, um die Folgen aufzuzeigen, die ein Verzicht von Pestiziden auf die Nahrungsmittelproduktion haben könnte. Das lässt vermuten, dass die EU-Kommission Pläne entwickelt, die Reduzierung der Pestizide wieder rückgängig zu machen. Der Krieg in der Ukraine und die damit einhergehende Sorge um die Versorgungssicherheit Europas sind der Grund dafür. Seitdem hat die Landwirtschaftslobby in Brüssel viel gearbeitet. Pestizide langfristig weiter zuzulassen in Europa wäre genau das Gegenteil von dem, was auf dem Weltnaturgipfel beschlossen wurde, ärgert sich De Standaard.
Der x-te Weckruf
Gazet van Antwerpen beschäftigt sich mit dem Cyberangriff auf das Computersystem der Stadtverwaltung von Antwerpen und berichtet: Antwerpens Bürgermeister Bart De Wever wollte gestern auf einer Pressekonferenz alle beruhigen. Die Stadt habe den Hackern nichts bezahlt, die Sicherheit sei nicht gefährdet. Ob das stimmt oder nur Bluff von Bart De Wever ist, ist nicht klar. Das werden erst die nächsten Tage und Wochen zeigen, notiert Gazet van Antwerpen.
Zum gleichen Thema meint Het Belang van Limburg: Der Cyberangriff auf Antwerpen ist der x-te Weckruf. Schon lange ist klar, dass russische und chinesische Hacker in westlichen Ländern ihr Unwesen treiben mit dem Segen ihrer Regierungen. Der Krieg in der Ukraine hat die Gefahr von russischen Angriffen nochmals verstärkt. Cybersicherheit geht uns alle an, auch jeden einzelnen Bürger. Jeder sollte dafür sorgen, dass seine Daten so gut wie möglich geschützt sind, rät Het Belang van Limburg.
Arbeit gescheitert, Erfolg bleibt
Zum Scheitern des parlamentarischen Ausschusses zur kolonialen Vergangenheit in der Kammer meint Het Nieuwsblad: Von Anfang an war klar, woran die ganze Kommissionsarbeit scheitern könnte, nämlich an dem Wort Entschuldigung. Jetzt ist die Kommission gescheitert, und das Wort "Entschuldigung" ist vom Palast eingeflüstert worden. Anscheinend soll das Königshaus Schreiben an Ausschussmitglieder geschickt haben, um das Wort "Entschuldigung" bei einer Abschlusserklärung zu vermeiden. Das ist ein Fehltritt des Palastes. Bislang hatte sich König Philippe vorbildlich daran gehalten, sich aus der aktiven Politik zurückzuhalten. Seine weiße Weste ist jetzt befleckt, schimpft Het Nieuwsblad.
Le Soir hingegen findet: In Wahrheit ist die Arbeit der Kommission trotz ihres vordergründigen Scheiterns ein großer Erfolg. Dank der Kommission hat Belgien zwei Jahre lang seine koloniale Vergangenheit aufgearbeitet. Vieles ist zur Sprache gekommen, über das man vorher nicht gesprochen hat. Aufklärung wurde betrieben. Damit wurde die Grundlage gelegt für weitere Diskussionen und eine Perspektive geschaffen für das künftige Verhältnis zwischen Belgien und den Bewohnern der ehemaligen Kolonien, lobt Le Soir.
Kay Wagner