"Blackout: Stromknappheit kein Problem in diesem Winter", titelt L'Avenir. "Jedes vierte Unternehmen kämpft mit Problemen", so die Schlagzeile von L'Echo. "Ihre Energierechnung sollte im Januar sinken", notiert La Dernière Heure auf Seite eins.
Themen rund um die Energiekrise finden auch heute wieder ihren Platz auf den Titelseiten in den Zeitungen. Einige beschäftigen sich in diesem Zusammenhang mit den Beschlüssen des EU-Gipfels. Dort hatten die EU-Staats- und Regierungschefs neue Beschlüsse gefasst, um etwas gegen die hohen Energiepreise zu tun.
L'Avenir kommentiert: Es ist gut, dass sich die 27 Mitgliedsländer endlich auf etwas geeinigt haben. Laut den Beschlüssen soll es künftig möglich sein, dass mehrere Länder gemeinsam Gas kaufen, dass es einen Höchstpreis für Gas geben wird, und dass der Preis für Gas gedeckelt wird, das für die Produktion von Strom verwendet wird. Wie genau das aussehen wird, soll jetzt noch von den EU-Energieministern ausgearbeitet werden. Liest man sich die Aufgabenstellung für sie durch, also die Gipfelabschlusserklärung, scheint das auch machbar. Nur ein Punkt scheint schwierig, nämlich die Auswirkungen zu berechnen in Bezug auf Finanzen, Energieverteilung und Energieflüsse nach außerhalb der EU. Das klingt doch sehr kompliziert. Eine schnelle Umsetzung der Beschlüsse droht dadurch verzögert zu werden, fürchtet L'Avenir.
Le Soir hält fest: Direkt wird niemand etwas von den Ergebnissen des Gipfels spüren. Die Energierechnungen der Bäcker, Metzger und Otto Normalverbraucher werden nicht sinken. Aber man darf nicht alles negativ sehen. Positiv ist, dass der Gipfel sich immerhin auf etwas einigen konnte. Das ist ein erster Schritt. Außerdem sind jetzt alle in der EU im gleichen Boot. Auch das ist gut. Und schließlich hat allein der gemeinsame Beschluss gestern schon Wirkung an den Märkten gezeigt: Die Gaspreise gingen am Freitagmorgen weiter nach unten, stellt Le Soir fest.
Deutschland auf Irrwegen
L’Echo beschäftigt sich mit Deutschland und analysiert: Deutschland ist in der letzten Zeit mit seinen Alleingängen aufgefallen. Das 200 Milliarden Euro schwere Hilfspaket, das die Bundesregierung allein für die deutsche Wirtschaft geschnürt hat, ist nur eins von mehreren Beispielen. Ohne seine Partner reiste Bundeskanzler Olaf Scholz in die Golfstaaten, um Wasserstoff für sein Land zu sichern. Aktuell will er einen Teil des Hamburger Hafens an China verkaufen, um die Beziehungen von Deutschland mit China zu stärken. Deutschland sollte achtgeben, sich nicht von seinen EU-Partnern zu lösen. Deutschland braucht diese Partner genau wie die Partner Deutschland brauchen, unterstreicht L’Echo.
Von Demut keine Spur
Mehrere flämische Zeitungen beschäftigen sich mit der flämischen Regionalabgeordneten Sihame El Kaouakibi. Ihr wird vorgeworfen, Fördergelder, die sie für Sozialprojekte bekommen hatte, veruntreut zu haben. Ihre Immunität ist vom flämischen Parlament aufgehoben worden, damit ein Gerichtsprozess starten kann. Het Nieuwsblad beobachtet: Das erste Mal seit zwei Jahren ist El Kaouakibi am Mittwoch wieder im Parlament gewesen. Gestern veröffentlichte sie dann ein Video von sich. Sie sei bereit für den Prozess. Der würde schon zeigen, dass sie sich nichts vorzuwerfen habe. Eigentlich hätte das alles schon viel früher passieren müssen. Schon vor anderthalb Jahren, als sich die Vorwürfe erhärteten, hätte El Kaouakibi sich offiziell aus dem Parlament zurückziehen sollen. So gehört sich das für Politiker, die in den Fokus der Justiz geraten. Aber so, wie sie sich verhält, bringt El Kaouakibi nicht nur den sozialen Sektor in Misskredit, sondern auch die Politik, ärgert sich Het Nieuwsblad.
Het Laatste Nieuws bedauert: In ihrem Video und ihrem Verhalten der vergangenen Tage zeigt El Kaouakibi kein bisschen Demut. Über ein Jahr war sie in der Versenkung verschwunden. Jetzt taucht sie wieder auf und drückt auf die Tränendrüse. Man kann verstehen, dass die junge Frau menschlich einiges durchgemacht und hat einstecken müssen. Aber wenn sie will, dass man sie mit Respekt behandelt, sollte auch sie sich ein bisschen respektvoller verhalten, rät Het Laatste Nieuws.
Für Macron braucht man Macron
La Dernière Heure berichtet: Angeblich sind die politischen Parteien Les Engagés und Défi gemeinsam mit MR-Politiker Jean-Luc Crucke dabei, hinter den Kulissen ein neues politisches Bündnis zu schmieden. Das Bündnis will die politische Mitte wiederbeleben – Vorbild ist dabei Macron in Frankreich. Das Vorhaben an sich ist nicht schlecht. Aber die Bündnispartner sollten bedenken, dass für die Bewegung, die Macron begründet hat, eben dieser Macron nötig war, erinnert La Dernière Heure.
La Libre Belgique macht sich nach der Amtseinführung der rechtspopulistischen Giorgia Meloni als neue Regierungschefin in Italien Sorgen: Rechtsextreme Parteien gewinnen immer mehr an Zulauf in Europa. Mehr denn je müssen die demokratischen Politiker die Ängste der Menschen ernst nehmen und in ihren Entscheidungen berücksichtigen. Nicht zu unterschätzen ist aber auch die Macht des Internets. Die Algorithmen sorgen dafür, dass Nutzer sich immer stärker nur in ihren eigenen Welten bewegen. Nur das, was ihnen gefällt und wofür sie Interesse zeigen, wird diesen Nutzern präsentiert. Sie glauben an das, was sie im Internet lesen. Solche Menschen mit anderen Botschaften zu erreichen, wird immer schwieriger, bedauert La Libre Belgique.
Kay Wagner