"Das letzte Adieu für die Queen", titelt La Libre Belgique. "Es ist ein historisches Staatsbegräbnis", so die Schlagzeile von La Dernière Heure. "Die größte Trauerfeier aller Zeiten", schreibt sogar Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Viele Augen richten sich heute auf London, wo am Vormittag das Staatsbegräbnis für Königin Elizabeth II. stattfindet. "Mehr als die halbe Welt ist dabei", bemerkt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. Staats- und Regierungschefs aus allen Teilen des Globus sind in die britische Hauptstadt gekommen, um der Queen die letzte Ehre zu erweisen. Belgien wird durch das Königspaar vertreten. Auf vielen Titelseiten sieht man Fotos von König Philippe und Königin Mathilde, wie sie sich ein letztes Mal vor der britischen Königin verneigen. "Die ganze Welt wird zuschauen", ist Het Laatste Nieuws überzeugt. Laut Schätzungen werden bis zu vier Milliarden Menschen die Trauerfeier verfolgen.
Großbritannien – Turbulenzen nach der Zeit der Besonnenheit?
"Nach der Einheit in der Trauer droht aber ein Erwachen in Zwietracht", warnt De Standaard in seinem Leitartikel. Die meisten Briten haben nach dem Tod ihrer langjährigen Monarchin die Reihen geschlossen. Morgen, wenn die zehntägige Staatstrauer vorbei ist, droht aber eine besonders ruppige Rückkehr in den Alltag. Das gilt nicht nur für das britische Königshaus, das für seine innere Streitigkeiten bekannt ist, das gilt für das ganze Land. Die britische Gesellschaft zeigt inzwischen besorgniserregende Risse. Ab morgen wird es von der neuen Regierungsmannschaft um die frischgebackene Premierministerin Liz Truss abhängen, ob der Zusammenhalt noch gewährleistet werden kann oder ob das Land noch weiter auseinanderdriftet. Truss will mit neoliberalen Rezepten die Wirtschaftskrise bekämpfen, facht damit aber die schwellende soziale Unruhe weiter an. Bei der Bahn, in den Häfen und im Gesundheitswesen blasen die Gewerkschaften zum Streik. So besonnen die letzten zehn Tage waren, so turbulent kündigen sich die nächsten Wochen an.
Wird das Energie-Hilfspaket von Vivaldi reichen?
Viele Zeitungen beschäftigen sich aber auch mit der Innenpolitik, genauer gesagt mit dem Hilfspaket, das die Föderalregierung am Freitag vorgestellt hat. Das kommt offensichtlich keine Sekunde zu früh: "Die Energierechnungen machen den Belgiern Angst", berichtet Le Soir auf Seite eins. Das geht jedenfalls aus dem Politbarometer hervor, das die Brüsseler Zeitung zusammen mit Het Laatste Nieuws seit einigen Tagen scheibchenweise veröffentlicht. Zwei von drei Befragten befürchten demnach, dass sie ihre Energierechnung nicht mehr bezahlen können.
Ob die Vivaldi-Koalition da wirkliche Abhilfe schaffen konnte, darüber sind einige Leitartikler aber skeptisch. Man musste die Begleitnotizen zu dem Abkommen mindestens zehnmal durchlesen, ehe man sich mal eine Meinung bilden konnte, bemerkt etwa La Libre Belgique. Na ja, einerseits muss man ja schon mal hervorheben, dass es überhaupt ein Abkommen gibt. Und die Regierung hat tatsächlich auch einige kreative Lösungen finden können. Auf der anderen Seite kann man aber nur feststellen, dass das Hilfspaket doch sehr bescheiden ausfällt. Der Grund liegt auf der Hand: Die Staatskasse ist leer. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass in diesem Themengebiet auch die Regionen viele Karten in Händen halten. Vivaldi hat einen Schritt getan, es liegen aber noch Kilometer vor uns.
Warten auf die "September-Erklärung"
400 Euro sollen also die Haushalte bekommen, die mit Gas oder Strom heizen, konstatiert Het Nieuwsblad. Wirtschaftsexperten fordern demgegenüber schon seit Monaten, dass man nicht die Energierechnungen der Familien abmildern sollte, sondern vielmehr ihr Einkommen erhöhen muss. Nur so kann man nämlich auch Investitionen in nachhaltige Lösungen stimulieren. Alle Augen richten sich jetzt auf die flämische Regierung, die sich ja bislang noch sehr bedeckt gehalten hat. Bis zur mit Spannung erwarteten "September-Erklärung" bleiben noch sechs Tage, in denen die Equipe um Ministerpräsident Jan Jambon beweisen kann, dass sie zukunftsorientierter ist als ihr föderales Gegenstück.
Innerhalb der flämischen Koalition ist die Nervosität jedenfalls spürbar, glaubt Gazet van Antwerpen. Auf der einen Seite ist da die N-VA, die nach wie vor in erster Linie die Haushaltsdisziplin in den Vordergrund stellt. Die anderen Koalitionspartner, insbesondere die OpenVLD, wollen ihrerseits ein möglichst kräftiges Hilfspaket schüren. Ohnehin hat die flämische Regierung bislang noch nicht durch übermäßigen Tatendrang geglänzt. Die jüngste Irland-Reise von Ministerpräsident Jan Jambon hatte diesen Eindruck noch verstärkt. Man will ja gerne noch eine Woche warten, wenn die flämische Regierung denn in ihrer September-Erklärung am Ende wirklich mutige und vorausschauende Maßnahmen präsentiert.
"Winter der Wahrheit"
Vor uns steht jedenfalls der "Winter der Wahrheit", ist Het Belang van Limburg überzeugt. Die versprochene Prämie von 400 Euro ist für viele allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Die hohen Energiekosten drohen nach wie vor, vielen Haushalten den Hals zuzuschnüren. In einigen europäischen Ländern werden sogar soziale Unruhen befürchtet. Es ist aber auch der Winter der Wahrheit für unsere Solidarität mit der Ukraine. Für den einen oder die andere mag die Versuchung groß sein, sich am Ende doch für günstiges russisches Gas und damit gegen die Unterstützung für die Ukraine entscheiden zu wollen. Da kann man nur hoffen, dass Putin in diesem Winter auch von uns den Mittelfinger zu sehen bekommt.
Apropos Ukraine: "In den Wäldern von Isjum geht der Geruch des Todes um", so die Aufmachergeschichte von De Morgen. "In Isjum untersucht die Ukraine mögliche neue Kriegsverbrechen", notiert auch La Libre Belgique. Isjum liegt in den Gebieten, die die ukrainische Armee vor Kurzem befreit hat. Und auch dort hat die russische Armee mutmaßlich Kriegsverbrechen begangen. In der Umgebung der Stadt hat man bislang schon 440 Gräber gefunden. Einige der Opfer weisen nach ukrainischen Angaben Folterspuren auf.
Wallonie – "Referenz-Region" auf sandigem Fundament
Einige frankophone Zeitungen kommen schließlich noch einmal auf den gestrigen Festtag der Wallonischen Region zurück. Ministerpräsident Elio Di Rupo hat die Ambition, aus der Wallonie eine "Referenz-Region" zu machen. "Die Wallonie, eine Referenz?", fragt sich Le Soir. Zugegeben: Ganz falsch ist der Ansatz von Di Rupo nicht. Resignation ist keine Option. Darüber hinaus gibt es auch positive Signale aus der wallonischen Wirtschaft. Die Region verfügt tatsächlich über einige Trümpfe. Das Hauptproblem sind aber die Finanzen. Man kann eine rosige Zukunft versprechen, allerdings nur unter der Bedingung, dass die nicht auf Sand gebaut ist.
L'Avenir sieht das genauso. Das neuerliche wallonische Selbstbewusstsein ist sicherlich nicht ganz unbegründet. Das Ganze steht und fällt aber mit der finanziellen Gesundheit der Region. Es gilt schlicht und einfach zu vermeiden, dass die Wallonie zum neuen Griechenland wird.
Roger Pint