"Energierabatt: Jeder Haushalt bekommt 400 Euro", titelt Het Nieuwsblad. "392 Euro-Energierabatt", so die Schlagzeile bei Het Laatste Nieuws. "200 Euro Entlastung pro Monat für die Mittelschicht", notiert Le Soir auf Seite eins.
Die Föderalregierung hat angesichts der aktuell hohen Energiepreise neue Hilfen für Bürger und Betriebe beschlossen. Unter anderem sollen Haushalte unter bestimmten Voraussetzungen ab November knapp 200 Euro pro Monat weniger für ihre Energierechnung zahlen. Die 200 Euro sollen den Energieunternehmen vom Staat bezahlt werden.
Le Soir kommentiert: Mit ein bisschen Kreativität und Inspiration aus den Nachbarländern hat Belgien endlich den Preisdeckel für Energie beschlossen. Denn nichts anderes bedeutet der Beschluss von gestern. Ein Basispaket zu reduziertem Preis wird eingeführt. Das wird der großen Mehrheit der Belgier erlauben, ein Drittel ihrer Energie preiswerter als sonst zu bekommen. Positiv ist auch, dass diese Maßnahme für ein bisschen mehr Gerechtigkeit sorgt: Die Maßnahme gilt nicht für die reichsten Haushalte. Vom Gießkannen-Prinzip, wie es noch bei der Senkung der Mehrwertsteuer angewendet worden war, verabschiedet sich die Regierung, freut sich Le Soir.
Gefühl von Verlust wird bleiben
Auch Het Nieuwsblad gibt sich relativ zufrieden und meint: Eine Unterstützung von 200 Euro pro Monat ist sicher mehr als nur ein symbolischer Betrag. Es ist eine gerechte Maßnahme: mehr Geld für diejenigen, die es am nötigsten haben. Zudem gibt es einen Anreiz, um weniger Energie zu verbrauchen. Alles in allem ist es ein gutes Paket. Es bleibt die Frage, ob das reicht. Besonders für die ärmsten der Gesellschaft ist das zu bezweifeln. Das Gefühl von Verlust wird bleiben, glaubt Het Nieuwsblad.
Das GrenzEcho führt aus: Solche Maßnahmen, wie sie die Regierung gestern getroffen hat, sind notwendig. Aber angesichts der astronomisch hohen Summen für Energie muss allen klar sein, dass die öffentliche Hand nicht alle Probleme lösen kann. Die Politik muss so ehrlich sein und dies dem Bürger sagen. In Ostbelgien war es in dieser Woche Eupens Bürgermeisterin Claudia Niessen, die unverblümt fragte, was sich die Stadt Eupen in Zukunft noch leisten kann und was nicht. Sparmaßnahmen stehen aber nicht nur der öffentlichen Hand, sondern auch uns Privatverbrauchern ins Haus. Im Zuge der Energiekrise werden wir alle Verzicht üben müssen, weil uns der Staat nur bedingt helfen kann, weiß das GrenzEcho.
Kerzen, Pullover und Panikfußball
Gazet van Antwerpen ärgert sich: Statt den Haushalten im November und im Dezember bei ihrer Energierechnung mit der lächerlichen Summe von 200 Euro pro Monat zu helfen, hätte die Regierung den Menschen besser Geschenkgutscheine für dicke Pullover und Kerzen geben sollen. Denn mit den jetzt beschlossenen Maßnahmen werden mindestens drei Grundprobleme nicht angegangen. Erstens: Die enorme Staatsschuld von Belgien wird weiter steigen. 108 Prozent beträgt sie in Belgien. 60 Prozent in Deutschland und 40 Prozent in den Niederlanden. Zweitens: Die vielen Steuern und Abgaben beim Energiepreis bleiben. Der Belgier zahlt sich dumm und dämlich daran, auch das wird bleiben. Drittens wird die Regierung Übergewinne von Engie nicht abschöpfen können. Die Regierung braucht Engie für die Verlängerung der Kernreaktoren. Bei so vielen Problemen bleiben warme Pullover und Kerzen die beste Hilfe gegen die aktuelle Krise, ätzt Gazet van Antwerpen.
Kopfschütteln auch bei De Tijd bezüglich der Energiepolitik der Regierung: Es ist schon erstaunlich, dass die Regierung aus der Zeitung erfahren muss, dass mit dem Abbau des Kernreaktors Doel 3 in ein paar Tagen begonnen werden soll. Als das am Mittwoch bekannt wurde, verfiel die Regierung in Hektik. Schnell versprach Energieministerin Annelies Verlinden, dass Doel 3 noch weiterlaufen könne. Dabei hatte die Atomaufsichtsbehörde ihr eigentlich gesagt, dass das jetzt nicht mehr möglich sei. Nach einer gut geplanten Politik sieht das nicht aus. Eher nach Panikfußball. Genau das Gegenteil, was Belgien jetzt braucht, schimpft De Tijd.
König Conner – der neue Premier?
Het Laatste Nieuws beschäftigt sich mit dem Vorsitzenden der flämischen Sozialisten, Conner Rousseau, und führt aus: Seitdem Rousseau Vorsitzender seiner Partei ist, hat sich die Popularität von Vooruit von 8,4 auf 16,8 Prozent verdoppelt. Das zeigt unser neuestes Politbarometer. Rousseau schafft es dabei, auch bei den flämisch-nationalistischen Parteien zu punkten. Viele Wähler des Vlaams Belang finden jetzt Vooruit gut. N-VA-Chef Bart De Wever hebt gerne mal den Daumen, wenn Rousseau etwas sagt. Das alles könnten Vorboten für neue Regierungskoalitionen sein. Warum nicht auch Sozialisten und Nationalisten auf föderaler Ebene. Mit König Conner als Premier, orakelt Het Laatste Nieuws.
L'Avenir meint zum Prozess zu den Terroranschlägen von Brüssel: Die Verteidigung hat gestern vermeintlich einen Sieg errungen. Denn die Richterin hat beschlossen, dass die Glaskästen verschwinden müssen, in dem die Angeklagten den Prozess hätten folgen sollen. Dabei war diese Entscheidung die einzig richtige. Sie zeigt, dass der Prozess fair verlaufen wird. Damit könnte Brüssel dem Beispiel des Pariser Prozesses folgen. Auch da wurde sehr fair mit den Angeklagten umgegangen. Letztlich hat auch das dazu geführt, dass viele Angeklagte endlich geredet haben. Ein fairer Prozess ist das Beste, was auch den Klägern und Opfern in Brüssel passieren kann, urteilt L'Avenir.
Kay Wagner