"Schrecken im Herzen von Brüssel", heißt es bei Le Soir auf Seite eins. "Terroristischer Hintergrund nicht ausgeschlossen", titelt La Dernière Heure. "Frustrierter Kurierdienstfahrer fährt auf Brüsseler Caféterrassen", notiert Het Laatste Nieuws auf ihrer Titelseite.
In der Brüsseler Innenstadt ist am Freitag ein Lieferwagen angeblich gezielt auf Menschen zugefahren. Sechs Personen wurden leicht verletzt. Über die Motive des Fahrers, der bereits gefasst ist, ist noch nichts Genaueres bekannt.
In ihren Leitartikeln greifen die Zeitungen allerdings andere Themen auf. Zur aktuellen Energiekrise kommentiert La Libre Belgique: Der Krieg in der Ukraine ist längst auch zu einem Krieg bei uns in Belgien geworden. Die Situation ist ernst. Inflation, explodierende Energierechnungen, eine spektakuläre Indexierung der Gehälter von zehn Prozent, Produktmangel und so weiter.
Ohne eine Generalmobilmachung werden wir sehr wahrscheinlich Opfer der aktuellen Umstände. Alle müssen jetzt zusammenstehen und an Lösungen arbeiten: Politiker, Gewerkschaften, Unternehmensbosse und Kreditgeber. Deshalb ist es so unverständlich, dass von unserer Regierung nichts kommt. Premierminister Alexander De Croo hat sich nur hingestellt und gesagt: Fünf oder zehn Winter werden schwer. Dann war er wieder weg. So ein Verhalten des Premiers macht Angst. Denn jetzt muss gehandelt werden. Und zwar effizient, fordert La Libre Belgique.
Ein neuer Konzertierungsausschuss bitte!
Le Soir sieht das ähnlich und führt aus: Die Regierung ist gefragt und es ist schade, dass man in den vergangenen Tagen und Wochen so wenig von ihr gehört hat. Denn die Lage ist ernst. Dass die Übergewinne der Unternehmen, die jetzt massiv von den hohen Energiepreisen profitieren, extra besteuert werden müssen, scheint evident. Außerdem sollte die Regierung die Krise genauso ernst nehmen wie die Coronapandemie. Einen Konzertierungsausschuss zur Energiekrise einzuberufen wäre eine gute Sache. Der war bei Covid nicht perfekt. Aber er hat einen regelmäßigen Austausch zwischen verschiedenen Entscheidungsträgern im Land ermöglicht. Und er hat für Transparenz gesorgt. Das wäre jetzt auch nötig, findet Le Soir.
L'Echo bemerkt: Alle Augen richten sich jetzt, wenige Tage vor Ende der politischen Sommerpause, auf die Regierung. Völlig zurecht. Die Regierung kann zwar nicht alles regeln. Aber sie sollte sich jetzt mal zusammenreißen, ihre inneren Querelen beiseiteschieben, und tatsächlich zum Wohl des ganzen Landes handeln. Auch die Opposition sollte jetzt nicht wild gegen die Regierung schießen. Einigkeit ist gefragt. Das ist im Interesse aller, meint L'Echo.
Mehr Geld oder arbeitslos?
In diesem Zusammenhang greift Het Laatste Nieuws die Ankündigung der großen Gewerkschaften auf, Anfang November einen Generalstreik organisieren zu wollen. Im direkten Stil wendet sich die Zeitung an die Gewerkschaftsführungen und schreibt: Kameraden, lasst eure Streikpläne mal stecken. Es ist nicht der Augenblick, um einen Sozialkonflikt vom Zaun zu brechen: Die Zeiten sind ernst. Die Unternehmen selbst kämpfen ums Überleben. "Oder ist es euch lieber, jetzt mehr Lohn zu erzwingen, um wenig später arbeitslos zu Hause zu sitzen?", fragt rhetorisch Het Laatste Nieuws.
De Tijd analysiert: Bei allen Diskussionen um die aktuelle Energiekrise gerät eine andere Krise fast völlig in den Hintergrund. Das ist eine Krise, die schleichender verläuft aber auf lange Sicht viel dramatischere Folgen haben könnte. Diese Krise nennt sich Lehrermangel. Händeringend suchen kurz vor Schulbeginn Schuldirektoren noch Lehrer für ihre Klassen. Der Unterrichtsausfall droht wieder einmal groß zu werden im kommenden Schuljahr. Klassen ohne Lehrer sind ein Symptom für ein Unterrichtswesen in Krise. Das Etikett Notzustand ist durchaus passend. Ein mögliches Rezept gegen diesen Lehrermangel wäre eine Aufwertung des Lehrerberufs. Lehrer brauchen mehr Lohn und mehr Respekt, glaubt De Tijd.
Ohne Smartphone geht's nicht mehr – oder doch?
Gazet van Antwerpen dagegen weiß: Am Lohn kann es nicht liegen, dass es zu wenig Lehrer gibt. Nach 25 Jahren bekommen Lehrer mit Bachelor-Niveau 4.650 Euro oder gut 6.000 Euro mit Masterabschluss. Und danach eine hohe Rente. Was tatsächlich aber fehlt ist die Anerkennung. Außerdem leiden Lehrer unter Stress durch Schüler und ihre Eltern und zu viel Papierkram. Das sagt der Antwerpener Schulexperte Paul Mahieu. Zumindest gegen zu viel Papierkram könnte man schnell etwas machen: dem Beispiel Finnlands folgen und Lehrer mehr vertrauen, anstatt sie dazu zu zwingen alles auf Papier festzuhalten, meint Mahieu. So einfach kann es gehen, hält Gazet van Antwerpen fest.
Het Nieuwsblad beschäftigt sich mit dem wachsenden Einfluss des Smartphones auf das Alltagsleben und beobachtet: Mittlerweile kann man ohne Smartphone fast nicht mehr leben. Besonders die Coronakrise hat gezeigt: Menschen ohne Smartphone sind aufgeschmissen. Das Smartphone ist zu einer Sucht geworden. Viele sind schon abhängig von dem Gerät geworden. Ist das gut? Es wäre mal an der Zeit sich darüber Gedanken zu machen, regt Het Nieuwsblad an.
Kay Wagner