"Kämpfen oder verhandeln mit Putin", fragt De Morgen auf Seite eins. "Zerschossenes Charkiw kämpft mit seinen russischen Wurzeln", notiert De Standaard. "In Putins Russland sehe ich Faschismus", zitiert Le Soir auf seiner Titelseite die russische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch.
Der Krieg von Russland gegen die Ukraine sorgt für keine Schlagzeilen, aber immerhin für ein paar Notizen auf den Titelseiten der Zeitungen. Auch einige Leitartikel beschäftigen sich mit unterschiedlichen Aspekten des Krieges.
"Wo ist die russische Seele geblieben?"
Zur allgemeinen Lage kommentiert das GrenzEcho: Es kann, angesichts existenzieller Probleme, wie dem Kampf gegen den Klimawandel oder drohenden Hungersnöten, mit denen sich die Welt konfrontiert sieht, nicht im Interesse der Staatengemeinschaft und auch nicht im Interesse der Ukraine sein, diesen Krieg zu einem Dauerkonflikt degenerieren zu lassen. So bitter es klingt und so sehr man es der Ukraine wünschen würde: Kiew wird seine Maximalforderungen nicht durchsetzen können. Und der ehemalige US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger wird Recht behalten mit seiner Feststellung "Politik bedeutet geteilte Unzufriedenheit", prognostiziert das GrenzEcho.
Le Soir schreibt: Die russische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch hat sich mit den russischen Soldaten beschäftigt, die gerade in der Ukraine kämpfen. Sie hat sich die Botschaften anhören können, die diese Soldaten an ihre Familien geschickt haben. Die Schriftstellerin zeigt sich im Interview mit unserer Zeitung entsetzt über das, was sie da hört. "Wo ist die russische Seele geblieben?", fragt sie. Ihre Schlussfolgerung ist, dass nicht allein Putin für den Krieg verantwortlich ist, sondern auch alle anderen Russen, die den Krieg ohne Widerstand mitmachen. Das ist zu vergleichen mit den Deutschen unter den Nazis. Auch da gab es viele sogenannte Mitläufer, dank derer das System funktionieren konnte. Es ist wichtig, dass Künstler uns die Augen öffnen für Dinge, über die sonst nicht gesprochen wird. Eine Gesellschaft braucht Künstler, um die Welt zu verstehen, unterstreicht Le Soir.
Kultur, Konzerte und Needle Spiking
La Libre Belgique teilt diese Meinung, zeigt sich allerdings besorgt: Nach dem Ende der Covid-Beschränkungen hat der Kulturbetrieb noch nicht wieder das Vorpandemie-Niveau erreicht. Viele Menschen scheuen sich noch davor, mal ins Kino, Theater oder in ein Konzert zu gehen. Für die Kultur ist das ein Problem, denn dadurch muss sie auf Einnahmen verzichten. Dieses Problem muss die Politik erkennen und entsprechend handeln. Denn Kultur ist weder ein einfaches Produkt, noch eine Last, noch eine Ideologie. Sie ist ein Recht, das in der Verfassung verankert ist, eine Bereicherung, und garantiert den Pluralismus der Gesellschaft, erinnert La Libre Belgique.
Het Nieuwsblad beschäftigt sich mit dem Phänomen des sogenannten "Needle Spiking" und führt aus: Bei dem Festival "We R Young" in Hasselt haben 22 Mädchen gefürchtet, dass ihnen ein Unbekannter irgendwelche Substanzen in den Körper gespritzt habe. Bislang konnte das nach Blutuntersuchungen nicht bestätigt werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Mädchen einfach nur hysterisch geworden sind und sich zu sehr von sozialen Medien haben beeinflussen lassen. Denn dort ist das sogenannte "Needle Spiking" eine ganz große Nummer, dort wird Angst geschürt und das ist höchstproblematisch. Hier ist die Politik gefordert, denn hier geht es auch um Demokratie und die Gesellschaft. Natürlich gab es Fake News & Co. auch schon vorher. Aber wenn jetzt schon Teenager durch Fake News daran gehindert werden, auf ein Konzert zu gehen und einfach Spaß zu haben, ist eine rote Linie überschritten, schimpft Het Nieuwsblad.
Argumente für föderale Wahlkreise
Het Belang van Limburg meint zur Idee der Open VLD, einen föderalen Wahlkreis einzuführen: Über diese Idee ließe sich hervorragend im Zusammenhang mit der anstehenden Staatsreform sprechen. Ein föderaler Wahlkreis wird in jedem Fall demokratischer sein als das heutige Wahlsystem, aber in so einem Wahlkreis dürften die Wahlzettel nicht von Quoten bestimmt werden.
Es darf keine Rolle spielen, ob ein Kandidat Niederländisch oder Französisch spricht. Jeder soll von jedem wählbar sein. Dann werden Politiker sich tatsächlich auch für das ganze Land verantwortlich fühlen und nicht nur für eine Hälfte des Landes, wünscht sich Het Belang van Limburg.
Über Sterbehilfe in Belgien und Schießereien in den USA
L'Avenir bemerkt: Heute vor genau 20 Jahren ist Belgien das zweite Land in der Welt geworden, in dem Euthanasie erlaubt wurde. Damals, also 2002, wollte man mit diesem Gesetz das Ende der illegalen Sterbehilfe erreichen. Außerdem sollte Sterbehilfe nur in Ausnahmefällen ermöglicht werden. Diese beiden Ziele sind längst nicht erreicht, weshalb es notwendig erscheint, das Gesetz von damals gründlich zu überdenken, fordert L'Avenir.
Gazet van Antwerpen kommt auf den Amoklauf an einer Schule in Texas zurück und stellt fest: Wieder einmal zeigt sich die Waffenlobby völlig unbeeindruckt von der Tragödie. Einsicht gleich null. Stattdessen werden erneut die immer gleichen Slogans verkündet, wie: Es ist ja nicht die Waffe, die tötet, sondern der Mensch, der sie in der Hand hält. Oder: Hätten die Lehrer auch Waffen gehabt, hätten sie die Schüler verteidigen können. Diese Slogans entbehren jeglicher Logik. Man kann nur den Kopf schütteln über so viel Starrsinn, der jedes Jahr so viele Menschenleben auf dem Gewissen hat, ärgert sich Gazet van Antwerpen.
Kay Wagner