"Europa erhöht Sanktionen gegen Russland", titelt De Morgen und die flämische Wirtschaftszeitung De Tijd schreibt auf Seite eins: "Europa verbannt russische Kohle und Schiffe". Die von der EU-Kommission vorgestellten Sanktionen gegen Russland wegen seines Angriffskriegs auf die Ukraine sind heute ein Thema.
Europas Handicap
De Tijd meint dazu: Mit den vorgeschlagenen zusätzlichen Sanktionen erhöht Europa den Druck auf die russische Wirtschaft und Putins Regime weiter. Vorerst wird es aber kein Verbot für den Kauf von Öl und Gas aus Russland geben. Hierfür gibt es zwei Gründe. Erstens: Europa befindet sich nicht im Krieg mit Russland. Es unterstützt die Ukraine zwar, aber hauptsächlich von der Seitenlinie aus. Zweitens: Sanktionen, die Europa wirtschaftlich viel mehr schaden als Russland, sind wenig sinnvoll. Es geht darum, den Gegner zu schwächen, nicht sich selbst. Europa muss einen kühlen Kopf bewahren. Es ist bei Öl und Gas und einigen anderen Rohstoffen stark von Russland abhängig. Das macht Europas wirtschaftlichen Kampf mit Russland zu einem Handicap.
De Standaard notiert: Nichts deutet darauf hin, dass das fünfte Sanktionspaket das letzte sein wird. Nicht einmal das vorletzte. Es ist aber immer noch nicht möglich, den russischen Aggressor dort zu treffen, wo es wirklich weh tut. Europa und insbesondere Mitgliedstaaten wie Deutschland, Österreich und Italien können einen Importstopp russischen Gases nicht verkraften, ohne sich selbst in eine schwere Rezession zu stürzen.
De Morgen meint: Hätte es nicht ein bisschen mehr sein dürfen? Wer nur einen flüchtigen Blick auf die leblosen Körper von Zivilisten geworfen hat, die die Straßen von Butscha und anderen ukrainischen Städten übersät haben, kann kaum anders, als ein härteres Vorgehen zu befürworten. Nur wenn die kommenden Monate effektiv genutzt werden, um Moskau wirtschaftlich und militärisch weiter zu isolieren und zu lähmen, ist die weitere Verhängung halbherziger Sanktionen bis dahin gerechtfertigt.
Machtloser UN-Sicherheitsrat
Het Nieuwsblad beschäftigt sich mit dem UN-Sicherheitsrat. Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte dort gestern gefordert, Russland wegen der Massaker in Butscha aus dem Gremium auszuschließen. Doch dann müsste die Veto-Macht Russland für den eigenen Ausschluss stimmen. Das Gremium ist also aufgrund der eigenen Regelungen machtlos. "Sie sehen die Gräuel, sie reden darüber, aber sie tun nichts", stellt die Zeitung auch in ihrer Schlagzeile fest.
Gazet van Antwerpen meint dazu ebenfalls: Auf die verzweifelte Frage Selenskyjs, welchen Sinn eine Organisation wie die Vereinten Nationen habe, wenn sie diesen Krieg nicht verhindern könne, hat niemand eine Antwort. Das System ist gescheitert. Wieder einmal. In der Tat muss die Welt ernsthaft über einen "effektiven" Sicherheitsrat nachdenken. Ein Rat, der Diktatoren wie Putin daran hindern kann, einen solchen Krieg zu beginnen, oder zumindest Maßnahmen gegen solche Personen ergreifen kann. Das wird keine leichte Aufgabe sein, aber es ist jetzt ganz deutlich, dass der UN-Sicherheitsrat überarbeitet werden muss.
Schleier des Zweifels
La Libre Belgique kommt noch einmal auf die Massaker in Butscha und anderen Städten zurück. Sicherlich erfordert der Horror, der dort entdeckt wurde, unabhängige Untersuchungen, bevor man irgendjemanden dafür verantwortlich machen kann. Doch bereits jetzt häufen sich die ersten Beobachtungen vor Ort, die ersten Zeugenaussagen von Überlebenden oder auch die Aufnahmen von Satellitenbildern zu Beweisen gegen die russische Armee.
Zum selben Thema schreibt Het Belang van Limburg: Wer darauf hofft, dass Putin eines Tages eine solche Verwicklung zugeben wird, sollte sich keine Hoffnungen machen. Wie schon beim Absturz der MH-17, bei dem die Rolle des russischen Militärs eindeutig nachgewiesen wurde, wird der Kreml weiterhin Zweifel säen. Denn solange ein Schleier über der Wahrheit liegt, werden einige Zweifel haben, auch im Westen. Dieser Informationskrieg mit seinen Lügen und dem Ausweichen vor der Verantwortung ist zum Markenzeichen des russischen Regimes geworden.
Zufall oder Kompetenz?
Le Soir kommentiert die Affäre Ferrero. Der Schokoladenhersteller muss einige seiner Produkte wegen Salmonellengefahr zurückrufen. Die Zeitung stellt fest: Jeden Tag werden Produkte aus den Regalen genommen, weil sie gefährlich sind. Das ist die Norm und es ist eine gute Sache, dass die Arbeit der Lebensmittelproduzenten überwacht wird.
Es bleibt abzuwarten, wie viel Zeit zwischen dem Zeitpunkt, an dem die Salmonellen auftauchten, und ihrer Entdeckung verstrichen ist. Die Antwort auf diese Frage ist unerlässlich, um das mögliche Ausmaß der Kontamination abzuschätzen, aber auch um die Wirksamkeit des Überwachungssystems zu beurteilen. Es ist klar, dass sich die Verbraucher Sorgen machen müssten, wenn Gesundheitskontrollen eher auf Zufall als auf Kompetenz beruhen würden.
Volker Krings