„Die Schlacht um Kiew“, titeln gleichlautend Le Soir, L’Echo, De Tijd, De Standaard und nur kaum anders De Morgen. „Kämpfen oder flüchten“, schreibt Het Belang Van Limburg auf Seite Eins. „Auf der Flucht vor Putins Wahnsinn“, so die Schlagzeile bei Gazet Van Antwerpen. Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist erneut das einzige Thema in den Aufmachergeschichten und auch Leitartikeln der Zeitungen.
La Libre Belgique bemerkt: Am zweiten Tag der russischen Invasion hat der ukrainische Präsident Selenskyj seine Bereitschaft erklärt, über die Neutralität seines Landes zu diskutieren. Der Kreml hat daraufhin angekündigt, eine Verhandlungsdelegation nach Minsk zu senden. Könnte das eine Möglichkeit sein, den Krieg zu stoppen? Nichts ist weniger sicher. Und selbst wenn es zu Verhandlungen kommen sollte, würde das nichts an dem schlimmen Verbrechen ändern, das der Kremlchef begangen hat. Nämlich unter scheinheiligen Gründen einen konventionellen Krieg gegen einen souveränen Staat in Europa des 21. Jahrhunderts begonnen zu haben, empört sich La Libre Belgique.
Enormes Unwohlsein
Le Soir stellt fest: Die Bilder und Zeugenaussagen, die zurzeit aus allen Teilen der Ukraine zu uns gelangen, erzeugen ein enormes Unwohlsein. Das Leid der Menschen dort ist groß. Familien werden zerrissen: Frauen und Kinder flüchten, Männer müssen zurückbleiben, um sich den russischen Truppen entgegenzustellen. Die Rufe nach Hilfe sind laut – und unsere Antwort darauf ist beschämend. Ukrainische Flaggen, die gehisst werden. Gebäude, die in den blau-gelben Farben der ukrainischen Fahne erleuchten. Aber wirklicher Beistand? Es ist einfach zu sagen, dass die Entsendung westlicher Truppen ins Kampfgebiet einen dritten Weltkrieg auslösen würde. Aber irgendwie bleibt das alles schizophren, wenn man mit den Ukrainern die freie Welt verteidigen will, notiert zerrissen Le Soir.
Auch De Standaard ist ratlos und beobachtet: Die Ukrainer stehen allein da. Sie sind bereit, sich mit Messern und Gewehren gegen eine hochgerüstete Militärmacht zu verteidigen. Zustände wie im syrischen Bürgerkrieg drohen. Das erinnert – mit Blick auf die russische Geschichte – an die Niederschlagung der Aufstände in Ungarn 1956 und der Tschechoslowakei 1968. Damals gingen Menschen für mehr Freiheit auf die Straße. Schnell gewannen sie die Sympathie des Westens. Doch als sowjetische Panzer in Budapest und Prag einrollten, waren diese Menschen allein. Die Geschichte wiederholt sich jetzt mit Putins Russland in der Ukraine, seufzt De Standaard.
Tapfere Ukrainer
L’Avenir notiert verärgert: Während in Kiew die Sirenen heulen, kann sich der UN-Sicherheitsrat nicht zu einer Verurteilung des Angriffskriegs von Russland auf die Ukraine einigen. Das scheiterte, wie zu erwarten, am russischen Veto. Die Chefs der 27 EU-Mitgliedstaaten stritten derweil darum, wie hart die Sanktionen gegen Russland ausfallen sollen. Direkte Sanktionen gegen Putin und seinen Außenminister? Oder doch lieber nur eine etwas stärkere Isolation Russlands beim internationalen Finanzgeschehen? Überall Ohnmacht und Unvermögen der Europäer und allgemein der internationalen Gemeinschaft. Wie ungerecht gegenüber den Ukrainern, tapfer bis zum Schluss, schreibt L’Avenir.
Das GrenzEcho analysiert: Wir sind diese Woche mit einem Schlag in einer neuen Epoche angekommen. Die von vielen als natürlich empfundene Überlegenheit des Westens und seines Demokratieverständnisses ist dahin. Will der Westen weiterhin die Aspiration von Menschen überall in der Welt sein, muss er anders als bislang für seine Werte und seine Überzeugungen einstehen. Dazu gehört auch die Bereitschaft, für sie zu kämpfen und ihnen im eigenen Handeln treu zu bleiben, findet das GrenzEcho.
Kühler Kopf und kleiner Club
Anders sieht das De Morgen, der kommentiert: Es ist wichtig, dass der Westen jetzt kühlen Kopf bewahrt. Die Gefahr steht im Raum, dass zwei Atommächte sich in einem bewaffneten Konflikt auf europäischem Boden bekämpfen könnten. Das wäre dann blutiger Ernst auch für "uns". Die militärische Zurückhaltung ist deshalb richtig. Trotzdem können wir tatsächlich mehr tun als gerade. Wir können kompromisslos Flüchtlinge aus der Ukraine bei uns aufnehmen, harte Sanktionen ohne Wenn und Aber beschließen, das ukrainische Militär mit Material versorgen. All das wäre auch eine Hilfe für die Ukraine, findet De Morgen.
Het Nieuwsblad beobachtet: Es ist ein kleiner Club von Staaten, die Russland jetzt zur Seite stehen. Alles Vasallen- oder finanziell von Russland abhängige Staaten mit ähnlich autokratischen Regierungen. Zum Beispiel Myanmar, Syrien, Belarus oder Venezuela. Ihre Unterstützung ist Putin aber auch egal. Das Schweigen Chinas ist sein größter Trumpf. China, das sonst gerne die Souveränität der Staaten betont, um sich Einmischungen in seine Angelegenheiten zu verbieten: In der Ukraine zählt das nicht mehr. Chinas Schweigen ist vielsagend und nicht unschuldig. Der Westen muss darauf eine Antwort finden. Denn Stillschweigen und Nichtssagen gegen einen Aggressor lässt unweigerlich an die Zeit der Nationalsozialisten denken. Damals schwiegen auch viele. Das Ergebnis kennen wir, erinnert Het Nieuwsblad.
Kay Wagner
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO kritisiert die Haltung der USA:
„Die Vereinigten Staaten schauen aus der sicheren Entfernung zu und erörtern, wie sie diesen Krieg für sich strategisch nutzen können. Aus Sicht der USA ist die Ukraine nur eine willkommene Schachfigur. Die harten Sanktionen sollen Moskau ruinieren, so dass es für immer die Weltbühne verlässt. Für das leidende ukrainische Volk sichert das Weiße Haus lediglich humanitäre Unterstützung zu. Wie egoistisch und scheinheilig! Aber diese Seite von Amerika haben wir schon oft kennengelern: in Afghanistan, im Irak, in Syrien oder in Somalia. Moral ist nur ein Lippenbekenntnis“, betont HUANQIU SHIBAO aus Peking.
(Soeben als Audiobeitrag in der internationalen Presseschau hier im BRF)
Man glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen:
Da wird den USA vorgeworfen, "dem leidenden ukrainischen Volk lediglich humanitäre Unterstützung" zu liefern."
"Moral ist nur ein Lippenbekenntnis."
Da in China die Presse nur ein Sprachrohr der Regierung ist, dürfte das Putin gar nicht gefallen...
Die Tapferkeit der Ukrainer ist in der Tat ein Vorbild für die ganze Welt angesichts des menschenverachtenden, brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskriegs eines feigen Tyrannen.
Als Belgier könnte man geneigt sein, das geflügelte Wort von Cäsar zurecht folgendermaßen umzudichten:
Horum omnium fortissimi sunt Ucrainae!
Zwei Kommentare noch, aus dem Internet gefischt:
- "Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelenskiy führt sein Land wie amerikanische Präsidenten es sonst nur in Hollywood-Filmen tun."
- "Die NATO hat um Beitritt zur Ukraine gebeten."
Der Westen muss jetzt, wenn er schon aufgrund einer drohenden nuklearen Eskalation nicht direkt militärisch eingreift, alles dran tun, der Ukraine beizustehen und Putin zu erdrücken, und dabei auch nicht vor Auswirkungen auf das eigene Volk zurückschrecken, denn was die Ukrainer verteidigen, ist nicht nur ihr Leben, ihr Land, sondern Freiheit und Demokratie, einschließlich der unseren.
Herr Schleck.
Sie durchschauen das Spiel nicht.
Die Chinesen denken : "Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte, dh die Chinesen." Jetzt ist Russland schon Chinas Juniorpartner. Und je mehr Sanktionen gegen Russland verhängt werden, um so mehr wird China profitieren.
China hat sich im Sicherheitsrat der Stimme enthalten...
"Grenzenlose Partnerschaft", gerade erst bei den Olympischen Spielen zwischen Xi jinping und Putin beschworen, sieht anders aus.
Ein guter Artikel dazu: "China Dilemma" vom 26.02. auf tagesschau (Einfach googeln!)
Nach Corona und der Preisexplosion für Rohstoffimporte liegen neue Turbulenzen im weltweiten Warenaustausch durch Sanktionen und Gegensanktionen zwischen Russland und Europa/USA ldefinitiv nicht im Interesse der Handelsmacht China, deren größte Handelspartner eben diese EU und diese USA sind.
Wie die Interessenlage ist, verdeutlicht der Artikel "Im Handel ist Putin nur der Kellner" von heute in der WirtschaftsWoche. (Einfach googeln!)
Export Russlands nach China: 15%, von China nach Russland: 2%.
Warum sollten die vorsichtigen Chinesen da Öl ins Feuer gießen?