"Impfpflicht und Corona-Pass fallen bei Experten durch", titelt Le Soir. "Wie lang müssen Kinder eigentlich noch Masken tragen?", fragt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Das Barometer macht Maßnahmen verständlicher", zitiert La Libre Belgique Premierminister Alexander De Croo auf ihrem Titelblatt.
In seinem Leitartikel beobachtete Le Soir zum Thema Corona: Die Stimmung in der Bevölkerung ist wie in einer Schulklasse zehn Minuten vor der Pause. Jeder ist unruhig, jeder sieht sich schon auf dem Hof spielen, sich mit den Freunden vergnügen. Konzentriert bleiben im Unterricht – kurz vor der Pause ist das schwer. Entsprechend wollen auch viele Belgier jetzt endlich raus aus der Pandemie. Der Höhepunkt von Omikron scheint hinter uns zu liegen. Selbst Politiker fordern bereits schnelle Lockerungen. Aber sie dürfen eine wichtige Aufgabe nicht vergessen: Sie müssen auf Glaubwürdigkeit achten. Vor gut zwei Wochen wurde das Corona-Barometer eingeführt. Es sollte helfen, Situationen einzuschätzen und dann entsprechende Maßnahmen zu treffen. Es wäre gut, das Barometer jetzt nicht in den Mülleimer zu werfen. Denn es könnte noch einmal nützlich sein. Im Herbst nämlich, wenn eine Rückkehr der Corona-Welle zu befürchten steht, gibt Le Soir zu bedenken.
Der Sport hat Besseres verdient
Anlässlich der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking notiert La Dernière Heure: Olympia und Fußball-Weltmeisterschaft, die beide dieses Jahr stattfinden, zeigen, wie absurd die Ausrichtung dieser Ereignisse geworden ist. Die Winterspiele finden auf 100 Prozent Kunstschnee statt. Die Fußball-WM in Katar wird in klimatisierten Stadien bei offenem Dach gespielt. Umweltpolitisch könnte es kaum wahnwitziger sein. Dazu kommt noch in Peking das scheinheilige Gehabe der Gastgeber. Nach außen zeigt man sich tolerant und weltoffen, nach innen wird unterdrückt und zugemacht. Die scheinbar vollkommen kontrollierten Spiele können ohne Publikum nicht den Rausch auslösen, den sie eigentlich verdienen. Trotzdem werden wir natürlich jubeln, wenn es Medaillen geben sollte oder Lukaku im Dezember Tore schießt. Doch es bleibt dabei: Olympia und Fußball haben Besseres verdient, findet La Dernière Heure.
Die grünen Zertifikate werden abgeschafft
Im Kampf gegen die aktuell sehr hohen Energiepreise will die Regierung in Flandern die so genannten grünen Zertifikate aus den Energiekosten der Bürger herauszunehmen. Über diese Zertifikate bekommen vor allem Unternehmen Geld, die in Sonnenenergie investiert haben. Die Unternehmen sollen das Geld künftig nicht mehr erhalten.
Dazu kommentiert De Tijd: Auf der einen Seite ist diese Maßnahme verständlich. Die Unternehmen der ersten Generation, die in Sonnenenergie investiert haben, haben längst ihre Unkosten gedeckt. Sie machen jetzt fette Gewinne mit den grünen Zertifikaten. Auf der anderen Seite aber wäre die Maßnahme fatal. Denn das würde die Glaubwürdigkeit der Regierung beschädigen. Diese Glaubwürdigkeit, die Verlässlichkeit, sich an Versprechen zu halten, ist aber zurzeit überaus wichtig. Denn die Regierung ist auf massive Investitionen angewiesen, wenn sie den Wandel zur CO2-freundlichen Energieproduktion über Wasserstoff, Offshore-Anlagen und andere neuartige Technologien schaffen will, mahnt De Tijd.
De Morgen notiert zum gleichen Thema: Noch ist nicht sicher, ob diese Maßnahme überhaupt beschlossen wird. Neben dem Wortbruch gegenüber den Besitzern von Sonnenpaneelen ist auch noch zu bedenken, dass es lange dauern wird, bis sich diese Maßnahme auf der Energierechnung der Bürger bemerkbar machen wird. Eine schnelle Hilfe ist das nicht, analysiert De Morgen.
Gazet Van Antwerpen dagegen lobt: Endlich traut sich mal eine Regierung an die schweren Fehler aus der Vergangenheit. Diese staatliche Unterstützung für alte Sonnenpaneele hätte längst gestrichen werden müssen. Zwar werden die Bürger nicht vor nächstem Jahr Erleichterungen bei der Energierechnung spüren. Aber dass die grünen Zertifikate abgeschafft werden, ist eine kluge Entscheidung, freut sich Gazet Van Antwerpen.
Es werden unruhige Zeiten werden
L’Echo notiert zum Geschehen an den Finanzmärkten: Die Zeit der Negativzinsen scheint beendet. Damit kehrt wieder eine gewisse Normalität ins Wirtschaftsleben zurück. Doch dass alles wieder so wird wie vorher, daran glaubt kaum jemand. Einige Wirtschaftswissenschaftler sehen uns am Ende eines 40-jährigen Zyklus, der durch die Globalisierung, den Niedergang der Zinsen und den spektakulären Aufstieg der Finanzmärkte bestimmt war. Was jetzt kommen könnte, ist ungewiss. Nur eins scheint klar: Es werden unruhige Zeiten werden, befürchtet L’Echo.
Ähnlich analysiert De Standaard: Der wahnsinnige Kursverlust von Facebook – 251 Milliarden Dollar sind in nur wenigen Stunden einfach so in Rauch aufgegangen – kündigt eine Zeitwende an. Die Bäume wachsen nicht mehr für alle in den Himmel in der neuen Technikwelt. Zusammen mit der Rückkehr der Zinsen könnte das tatsächlich das Leben vieler Menschen verändern. Man wird ein neues wirtschaftliches Gleichgewicht suchen, das bodenständiger ist als zurzeit. Dabei wird es auch darum gehen, die Investitionen und Sparanlagen der Bürger vor Wertverlust zu schützen. Das Thema wird sicher schnell seinen Weg in die politische Debatte finden, prophezeit De Standaard.
Kay Wagner