"Die umstrittenen Spiele beginnen in Peking", schreibt Le Soir auf Seite eins. "Warum die Olympischen Spiele in Peking so umstritten sind", heißt es im Aufmacher von L'Avenir. "Die Spiele von Peking, die bösen Spiele", titelt La Libre Belgique.
Die Olympischen Winterspiele werden heute in der chinesischen Hauptstadt Peking offiziell eröffnet. Le Soir bemerkt dazu in seinem Leitartikel: Peking wird die erste Stadt sein, die sowohl die Sommer- als auch die Winterolympiade ausgetragen hat. Heute findet also eine Premiere statt. Aber zum Feiern ist nur wenigen zu Mute. Denn es werden die umstrittensten Olympischen Spiele seit 1936 in Berlin sein.
Man muss sich schon fragen, warum Peking überhaupt den Zuschlag für die Winterspiele bekommen hat? Die Stadt und Region haben keine Wintersportstradition. Die Kritik am chinesischen Staat ist groß, an seinem Umgang mit Minderheiten, Menschenrechten, seinen eigenen Bürgern und auch der Umwelt. Die Verantwortlichen für die Vergabe der Spiele weisen solche Kritik zurück und betonen die Neutralität der Olympischen Spiele. Eine Begründung mit schalem Beigeschmack, wertet Le Soir.
Olympia: Chinas Versprechen sind Schnee von gestern
La Libre Belgique meint: Eigentlich hätte das Internationale Olympische Komitee von den Erfahrungen der Sommerspiele in Peking 2008 lernen können. Auch damals hatte man gehofft, dass die Spiele zu einem gewissen Wandel in China führen. So wie die Olympischen Spiele in Seoul 1988 dazu beigetragen hatten, die Militärdiktatur in Südkorea zu beenden. In China ist Vergleichbares nicht passiert. Ganz im Gegenteil. China ist heute noch verschlossener als 2008, geht noch härter gegen Kritiker vor, zeigt sich aggressiv auf internationalem Parkett. Zum Glück werden die nächsten Olympischen Sommer- und Winterspiele auf absehbare Zeit in Städten ausgetragen, wo solche schlimmen Zustände wie in Peking nicht herrschen, schreibt La Libre Belgique.
L'Avenir erinnert sich: 2008 hieß das Motto der Olympischen Spiele in Peking "Eine Welt, ein Traum". Dieser Traum hat sich für China tatsächlich erfüllt. China ist mittlerweile unbestritten zur Supermacht aufgestiegen. Die "eine Welt" ist Chinas Welt geworden. Um Dinge wie Bürgerrechte oder Minderheiten kümmert sich China nicht mehr. Die Versprechen Chinas, die Menschenrechte mehr zu achten, sind genauso künstlich wie der Schnee, den heute gut 30 offizielle Vertreter anderer Länder bei der Eröffnungsfeier sehen werden, behauptet L'Avenir.
L'Echo ist sich sicher: Dem Regime in Peking ist der Teilboykott der Spiele letztlich egal. Um Anerkennung in der Welt muss China nicht mehr buhlen. Die Spiele werden nach innen instrumentalisiert als Zeichen der Stärke. Als Propaganda. Um zu zeigen, wie gut man doch alles im Griff hat. Das Internationale Olympische Komitee, das die Spiele an Peking vergeben hat, trägt dafür die Verantwortung. Aber seien wir ehrlich: Alle, die aufgrund von wirtschaftlichen Interessen Zugeständnisse an China machen, sitzen im gleichen Boot. Und das sind viele, notiert L'Echo.
Der Boris Johnson von Belgien
De Morgen beschäftigt sich mit Äußerungen des föderalen Vizepremierministers Georges Gilkinet von Ecolo gestern in Le Soir. Gilkinet forderte, das Corona-Barometer von rot auf orange zu setzen und damit die Maßnahmen gegen das Virus zu lockern. De Morgen kommentiert: Diese Forderung zeigt, dass die Corona-Politik weiter eine große Spielwiese für Profilierung aller Art bleibt. Doch waren es nicht gerade die Grünen, die so oft genau davor gewarnt hatten? Immer wieder betonten auch sie, dass, wenn man ein Problem mit den Beschlüssen des Konzertierungsausschusses habe, man sich zunächst an den Premierminister wenden solle. Alles andere wären strategische Spielchen und wahlpolitisches Marketing. Und was machen die Grünen jetzt selbst? Dieses Ausscheren von Gilkinet hat keiner gebraucht, kritisiert De Morgen.
Auch Het Nieuwsblad findet: Bei den Worten von Gilkinet werden sich einige MR-Politiker beim Kaffeetrinken sicher verschluckt haben. Ein Grüner mit solchen Forderungen? Man hat den Eindruck, als ob Gilkinet versucht, so ein bisschen Boris Johnson in Belgien zu spielen. Nach dem Motto: Corona-Regeln gibt es, ja. Aber für mich gibt es Ausnahmen. Ich mache es anders. Sehr befremdlich für den Politiker einer Partei, die sich sonst so prinzipientreu gibt, wundert sich Het Nieuwsblad.
Riskantes Abwarten der EZB
Die Europäische Zentralbank hat beschlossen, trotz aktuell hoher Inflation den Leitzins in der Euro-Zone nicht zu erhöhen. Dazu meint die Wirtschaftszeitung De Tijd: Diese vorsichtige Herangehensweise der Europäischen Zentralbank ist riskant. Denn wenn die Inflation hartnäckiger bleibt, als von der EZB angenommen, dann muss irgendwann später plötzlich ganz schnell gehandelt werden. Mit Maßnahmen, die Wirtschaft und Bürger dann mit voller Wucht viel härter treffen werden, als wenn die EZB jetzt schon etwas ändern würde, glaubt De Tijd.
Kay Wagner