"Grünes Licht für schnellere Booster", titelt De Morgen. "Belgien gibt Gas beim Boostern", schreiben das GrenzEcho und Gazet van Antwerpen auf Seite eins. La Libre Belgique wird konkreter: "Die Wartezeit zwischen der zweiten und der dritten Dosis wird auf vier Monate verkürzt". Das haben die Gesundheitsminister des Landes am Abend beschlossen. Bislang musste man nämlich sechs Monate warten. Was eben dazu führte, dass jüngere Menschen ohne Vorerkrankungen bislang de facto nicht in Frage kamen für eine Drittimpfung.
In der Zwischenzeit ist aber Omikron auf den Plan getreten. Die neue Variante ist offensichtlich noch ansteckender als die bisherigen. "Jetzt ist die dritte Spritze doch schon nach vier Monaten möglich", hält Het Laatste Nieuws fest. "Die schnellere Booster-Impfung soll Omikron eindämmen", schreibt De Standaard auf Seite eins.
Booster-Impfung ist kein Allheilmittel
"Das ist die richtige Entscheidung", lobt La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Wir wissen zwar noch nicht sehr viel über die neue Omikron-Variante. Aber wir wissen schon genug, um sehr besorgt zu sein. Die Mutation soll dreimal ansteckender sein als Delta. Ob der Krankheitsverlauf milder ist oder nicht, das kann man derzeit noch nicht sagen. Aber die Gefahr ist groß, dass unsere Krankenhäuser bald mit zwei parallelen Wellen konfrontiert sein werden: Delta und Omikron. In jedem Fall müssen wir uns entschlossen auf dieses Problem einstellen und schnelle Gegenmaßnahmen treffen. Die Booster-Impfungen zu beschleunigen, das ist denn auch vernünftig und richtig. Nur wird das leider nicht reichen. Parallel dazu muss das Gesundheitswesen gestärkt und müssen wir auch mehr denn je die Abstandsregeln einhalten. Wenn es auch schwerfällt.
Genau da hakt das GrenzEcho ein. Es wird wieder einmal der Eindruck vermittelt, dass die Booster-Impfung das Allheilmittel sei. Dabei wissen wir über die neue Omikron-Variante noch kaum etwas. Es wäre verhängnisvoll, die bereits gemachten Fehler zu wiederholen und sich nach dem Boostern in Sicherheit zu wähnen. Auch nach dem Boostern dürfte das Sich-und-andere-Schützen mit den einfachen Schutzmitteln wie Abstand, Maske und das Beachten elementarer Hygieneregeln immer noch der sinnvollste Schutz sein. Warum nur hat die Politik uns nicht viel früher auf diesen Marathon vorbereitet? Statt uns von einer Welle in die nächste driften zu lassen, die jetzt gerade Omikron heißt und demnächst anders heißen wird.
Kollektive kognitive Dissonanz der Fußballfans
Einige Leitartikler beschäftigen sich mit den neuesten Enthüllungen im belgischen Fußballskandal. Der Spielervermittler Dejan Veljkovic, der in dem Fall eine Kronzeugenregelung erwirkt hat, hat vor laufender Kamera ausgepackt. Dabei wurde mehr denn je deutlich, wie sehr der belgische Fußball unter anderem von Schwarzgeld regiert wird.
Klar, dieser Veljkovic ist kein Waisenkind, analysiert Le Soir. Nur sollte man das Ganze nicht an Einzelpersonen festmachen. Der belgische Fußball ist durch und durch verfault. Da sind Unsummen Geld im Spiel. Und das sorgt für alle möglichen Exzesse wegen mangelnder Kontrollen, mangelnder Regeln und mangelnder Moral. Die Enthüllungen von Veljkovic bestätigen eigentlich nur, wie sehr sich der Profifußball zu einer Parallelwelt entwickelt hat, in der keine oder zumindest andere Gesetze gelten. "Die einzige Regel im belgischen Fußball, das ist die, dass es keine Regel gibt". Dieses geflügelte Wort machte schon vor Jahren die Runde. Nun, heute klingt es treffender denn je.
Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich das ändern wird, ist leider sehr gering, glaubt resigniert De Morgen. Die Verrottung ist strukturell, halbseidene Deals sind in der Welt des Fußballs die Regel. Im Grunde weiß man das längst. Und doch strömen die Menschen weiter in die Stadien. Fußball bleibt die beliebteste Nebensache der Welt. Auch in Belgien. Wir alle, die wir Fußballfans sind, wir leiden unter einer kollektiven kognitiven Dissonanz: Wir wissen, dass die ganze Sache stinkt, aber wir sind bereit, das für 90 Minuten auszublenden, wenn unser Lieblingsverein auf dem Platz steht. Aber genau das bestärkt die Clubs und die Verbände, genau so weiterzumachen wie bisher.
Druck auf die OpenVLD – Die Niederlande als Gegenentwurf
Einige Blätter blicken auch in die benachbarten Niederlande. Dort steht die neue Koalition. Im Regierungsvertrag steht ein Passus, der in Belgien die Diskussion über den Atomausstieg weiter befeuern dürfte. Der alte und neue Ministerpräsident Mark Rutte will nämlich unter anderem die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern. Und auch der Bau neuer Reaktoren wird in Erwägung gezogen.
Für die OpenVLD ist das keine gute Neuigkeit, meint Het Laatste Nieuws. Die niederländischen Liberalen machen genau das, was die flämischen Kollegen kategorisch ablehnen. Druck bekommt die OpenVLD auch aus dem Süden: Georges-Louis Bouchez, der Vorsitzende der frankophonen Schwesterpartei MR, will ebenfalls weiter auf Atomkraft setzen. Und er spricht damit Teilen der Basis im Norden des Landes aus der Seele. All das erhöht den Druck. Zumal die OpenVLD in den Umfragen gerade ohnehin nicht so toll abschneidet. Die Partei ist zwischen Hammer und Amboss: Auf der einen Seite der Premier, auf der anderen Seite die Basis. Und der lachende Dritte, das ist N-VA-Chef Bart De Wever.
Der Vergleich mit den Niederlanden hinkt, warnt aber Gazet van Antwerpen. Es gibt nämlich einen entscheidenden Unterschied: Im nördlichen Nachbarland ist Geld. Nach Jahren der strikten Sparpolitik ist die Staatskasse voll, die Staatsschuld ist auf einem sehr niedrigen Niveau. Der alte und neue Ministerpräsident Mark Rutte kann also Geld in die Hand nehmen. Wie schrill ist da der Kontrast im Vergleich zu Belgien! Hinzu kommt: In den letzten 20 Jahren gab es hierzulande keine Energiepolitik, die diesen Namen verdient. Entscheidungen und damit auch Investitionen wurden auf die lange Bank geschoben. Genau das hat uns doch in diese missliche Lage gebracht. Auch die Niederlande werden im Übrigen in den nächsten Jahren weiter auf Gas setzen. Nur hat man dort einen Plan. Und es gibt da auch keine vier Energieminister, die sich gegenseitig das Leben zur Hölle machen.
Roger Pint