"Belgien wird den Klimaplan in Glasgow ausfechten", titelt Het Laatste Nieuws. "Demir verlangt, dass Europa das belgische CO2-Ziel abschwächt", schreibt Het Belang van Limburg zur flämischen Klimaministerin. "Klima-COP26: "Belgien wieder unter die ehrgeizigsten Länder setzen"", zitiert L'Avenir die föderale Klimaministerin Zakia Khattabi auf Seite eins.
Nachdem es die flämische Regierung ja doch noch geschafft hat, einen eigenen Klimaplan aufzustellen, ist der nächste Schritt ein gesamtbelgisches Konzept. Darauf sollen sich die vier belgischen zuständigen Minister ab Dienstag im schottischen Glasgow einigen. Dort findet ja noch bis Ende nächster Woche der UN-Weltklimagipfel statt.
Endlich handeln
Belgien hat weder Ehrgeiz noch ein Gefühl der Dringlichkeit in Sachen Klima, wettert L'Avenir. Es geht immer nur um Zahlen, Rechnungen, Rabatte, Prozente. Da kann man sich schon fragen, ob die Politiker wirklich an den aus dem Ruder gelaufenen Klimawandel glauben. Es besteht kein Zweifel daran, dass es Belgien am Ende ohne allzu große Opfer gelingen wird, sein Tänzchen auf dem Ball der Klimaheuchler abzuliefern. Sie alle werden in Glasgow versprechen, es nächstes Mal besser zu machen - bei der COP27, vielleicht auch der COP28. Zwischenzeitlich werden es vor allem die Menschen sein, denen es auf dieser Welt nicht so gut geht, die die Folgen tragen müssen, kritisiert L'Avenir.
Le Soir kommt im Kontext des Klimagipfels auf die belgischen Opfer des Juli-Hochwassers zurück. Über diese quasi ersten belgischen Klima-Opfer beziehungsweise sogar -Flüchtlinge hatte Premierminister Alexander De Croo ja bei seiner Rede in Glasgow gesprochen. In Eupen, Chaudfontaine, Angleur oder Esneux wollen Familien, Unternehmer und Händler konkrete Ergebnisse, jetzt sofort. Ohne irgendwelche hübschen planetaren Verpackungen. Sie haben kurzfristige Ziele: ein Dach über dem Kopf, heizen und möglichst bald wieder arbeiten zu können - nicht erst 2030 oder 2050. Das schulden wir, die föderale und die wallonische Regierung, aber auch die Versicherungsgesellschaften ihnen, unterstreicht Le Soir.
Viel Glück damit!
Die meisten Leitartikler befassen sich aber spezifisch mit dem flämischen Klimaplan. Was chaotische Entscheidungsfindungen angeht, schenken sich die flämische und die föderale Regierung nichts, stellt De Standaard fest. Lange Verhandlungen werden plötzlich schnell abgewickelt. Die groben Linien werden festgelegt, Details für später gelassen. Wir wissen, was die flämische Regierung ungefähr plant, auf konkrete Berechnungen, die Umsetzung und die Wirksamkeit der beschlossenen Maßnahmen wird man warten müssen, so De Standaard.
Die flämische Einigung ist für den Augenblick nicht mehr als ein in aller Eile gegebenes Versprechen, schreibt auch Het Belang van Limburg. Solange keine konkreten Berechnungen auf den Tisch gelegt werden, können Experten und Journalisten den Verpflichtungen nicht auf den Zahn fühlen in puncto Machbarkeit. Hinzu kommt, dass viele Anstrengungen erst relativ spät in Angriff genommen werden sollen. Es möge uns also erlaubt sein, skeptisch zu bleiben. Wir haben nämlich vor Augen, dass Flandern es zwischen 2005 und jetzt gerade mal geschafft hat, seinen CO2-Ausstoss um fünf Prozent zu senken. Jetzt in neun Jahren plötzlich den Sprung auf 35 Prozent hinzubekommen, ist eine gigantische Herausforderung, kommentiert Het Belang van Limburg.
"Viel Glück damit!", scheint De Morgen einzuhaken. Die Experten teilen die Euphorie der flämischen Minister nicht. Die stolperten auf Twitter fast schon übereinander beim Versuch, sich mit Superlativen zu überbieten. Der Klimaplan ist ein klassisches Beispiel für Flickwerk: Erst wird der Deal geschlossen, dann schaut man, wie weit man damit effektiv kommt. Die flämischen Pläne sind zwar nicht wertlos, sie werden sicher dabei helfen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Aber die Chance, dass die Einigung in Glasgow genauso viele Lobgesänge bekommen wird, wie am Brüsseler Martelaarsplein, dem Sitz der flämischen Regierung, ist gering, meint De Morgen.
Für La Dernière Heure mangelt es dem flämischen Klimaplan an Ehrgeiz und ist die kurzfristige Vision zutiefst enttäuschend. Gerade für eine Region, die sich der Zukunft doch zuwenden will. Eine so reiche und innovative Region schuldet sich doch selbst einen klaren Weg vorwärts - anstatt im Rückwärtsgang zu fahren. Der Klimawandel wird auch den Norden des Landes nicht verschonen. Gegen den steigenden Meeresspiegel werden nationalistische Slogans nicht helfen, warnt La Dernière Heure.
Enttäuschend, unzureichend und ähnliches - der flämische Klimaplan ist im Süden des Landes kühl aufgenommen worden, merkt L'Echo an. Die angepeilte Senkung des CO2-Ausstoßes ist nämlich weit entfernt von dem Ziel, das Europa von Belgien verlangt. Kritik kann man aber durchaus auch am wallonischen Klimaplan haben, wenn auch in anderer Hinsicht als am flämischen. Am besten wäre es doch, die guten Aspekte beider Herangehensweisen zu nehmen: ehrgeizige Ziele mit einem klaren Fahrplan mit konkreten Maßnahmen. Selbst, wenn die unangenehm sind, fordert L'Echo.
De Tijd hält dem Klimaplan immerhin eines zugute: Die flämische Regierung hat nicht um den heißen Brei herumgeredet. Sie hat deutlich gemacht, dass eine ernsthafte Klimapolitik Anstrengungen von allen fordern wird.
Die Hoffnung auf einen schönen Winter
Rot, roter, dunkelrot. Der Herbst leuchtet dieses Jahr nicht in Farbnuancen, sondern in Corona-Alarmsignalen, greift Het Nieuwsblad die epidemiologische Situation auf. Es gibt Gründe, besorgt und vorsichtig zu sein. Aber nicht, um in Panik zu verfallen. Der beste Beweis ist, dass die politisch Verantwortlichen und die Virologen wieder am gleichen Strang ziehen, was die Botschaft an die Bevölkerung angeht. Sie sind das Tandem, das uns endgültig aus diesem Morast ziehen muss. Ihre erneute Einmütigkeit ist die gute Nachricht angesichts der heutigen schlechten Zahlen, so Het Nieuwsblad.
Anderthalb Jahre sind wir vorsichtig gewesen, wir haben uns brav impfen lassen, und wir haben uns eingeschränkt, bis jeder, der das wollte, seine Impfung bekommen hatte. Aber das hat offenbar nicht gereicht, konstatiert Gazet van Antwerpen. Italien und auch Frankreich stehen deutlich besser da als wir. Obwohl der Impf-Grad dort nicht höher als hier ist. Beide haben das Covid-Safe-Ticket früher und breiter eingeführt. Das beweist, dass die Virologen Recht haben: Im Kampf gegen Corona muss eine Kombination aus Impfen und anderen Maßnahmen eingesetzt werden. Wenn wir in absehbarer Zeit auch endlich Kinder impfen können, mehr auf das Covid-Safe-Ticket setzen, die Tests und auch die Belüftung besser werden. Und wenn wir dann, ganz tief in uns drin, noch etwas mehr Motivation finden, um die Mundschutzmaske zu tragen und ein kleines bisschen vorsichtiger zu sein. Dann kann es doch noch ein schöner Winter werden, selbst mit Corona, hofft Gazet van Antwerpen.
Boris Schmidt