"Belgien beendet die Evakuierungsmission in Afghanistan", titelt Le Soir. "Die Evakuierungen wurden überstürzt beendet", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Het Nieuwsblad glaubt den Grund zu kennen: "Belgien stoppt die Rettungsaktion nach einem Zwischenfall mit einem Bus", so die Schlagzeile.
Das Ende der Operation "Red Kite" kommt früher als erwartet. Eigentlich wären heute und morgen noch Flüge vorgesehen gewesen. Hintergrund der Entscheidung sei womöglich ein Zwischenfall mit einem Bus, der von den belgischen Behörden gechartet worden war, glaubt Het Nieuwsblad. An Bord befanden sich mindestens 50 Belgier beziehungsweise Afghanen mit Belgien-Bezug. Das Fahrzeug war an einem Checkpoint gestoppt worden, dabei sollen auch Schüsse gefallen sein. Der Bus wurde jedenfalls zurückgeschickt, die Passagiere haben den Flughafen nicht mehr erreicht. "Das Tor 'Kabul' hat sich für die Belgier geschlossen", so denn auch das Fazit von L'Echo.
Schicksal selbst in die Hand nehmen
La Libre Belgique gibt vor allem dem US-Präsidenten Joe Biden die Schuld an der chaotischen Evakuierung. Es ist inzwischen so weit gekommen, dass sich die Amerikaner, die bis vor kurzem noch die Herren Afghanistans waren, jetzt von den Taliban die Grenzen aufzeigen lassen müssen. Warum sonst besteht Joe Biden darauf, den Abzug fristgerecht zum 31. August zu beenden - ungeachtet der Bitte vieler europäischer Partner um eine Fristverlängerung? Hier zeigt sich, dass auch Joe Biden nur einer Logik folgt: America first – Nach uns die Sintflut. Dass die Nato-Verbündeten sich verraten fühlen, das ist ihm egal. Dieses monumentale Fiasko sollte die Europäer endlich davon überzeugen, dass sie ihr Schicksal und insbesondere auch ihre Sicherheit nicht länger von den USA abhängig machen können.
Das richtige Ziel aussuchen
Le Soir beschäftigt sich seinerseits in seinem Leitartikel mit der geplanten parlamentarischen Aufarbeitung der Flutkatastrophe. Die Mehrheitsfraktionen im Wallonischen Parlament haben sich gestern auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geeinigt, der also die ganze Katastrophe nachzeichnen soll, vom Vorlauf über das eigentliche Krisenmanagement bis hin zu den nötigen Konsequenzen.
Ein solcher Untersuchungsausschuss ist absolut nötig, ist die Brüsseler Zeitung überzeugt, natürlich vor allem wegen des schieren Ausmaßes der Flutkatastrophe und der Folgen, die die Wallonie noch lange beschäftigen werden. Die Gefahr ist allerdings, dass man sich das falsche Ziel aussucht. Die Versuchung ist groß, dass man am Ende lediglich "Schuldige" ausmachen will. Das wäre aber zu kurz gedacht. Die Katastrophe ist nicht allein die Folge eines Fehlers oder von Fehlentwicklungen aus der jüngeren Vergangenheit. Die Wurzeln liegen viel tiefer, vor allem in der seit Jahrzehnten praktizierten Raumordnungspolitik. Hieraus müssen Konsequenzen gezogen werden. Ziel des Untersuchungsausschusses muss es sein, die Zukunft zu gestalten, statt über die Vergangenheit zu richten.
Pflichtimpfung vs. Sensibilisierung
Ganz andere Geschichte auf Seite eins von La Dernière Heure: "Ich werde noch lieber gefeuert als geimpft", so die Schlagzeile. Das sagt eine nicht genannte Pflegerin, die offensichtlich in einem Krankenhaus arbeitet. Sie reagiert damit auf die Pläne zur Einführung einer Impfpflicht für Pflegekräfte. Dass die nicht schneller kommt, dafür glaubt La Dernière Heure den Grund zu kennen. "Die Ministerpräsidenten Paasch und Jambon standen auf der Bremse", schreibt das Blatt. Der Sprecher des DG-Ministerpräsidenten bestätigt das und begründet die Haltung von Paasch unter anderem mit dem jetzt schon bestehenden Mangel an qualifiziertem Personal im Pflegesektor. In Ostbelgien jedenfalls wolle man weiterhin eher auf Sensibilisierung setzen.
In Flandern regiert König Auto
Die flämischen Zeitungen beschäftigen sich ihrerseits weiter mit einem schrecklichen Verkehrsunfall, der sich am Dienstag in Antwerpen ereignet hatte. Dabei waren zwei Kinder ums Leben gekommen. Als Ursache gilt, dass an der Unglückskreuzung keine konfliktfreie Ampelschaltung installiert war: Der LKW hatte grün, auf der Straße, in die er einbog, stand die Fußgängerampel aber ebenfalls auf grün. Das allerdings war nicht immer so. Besagte Kreuzung war eigentlich schon einmal konfliktfrei gestaltet worden. Weil das aber für zu lange Staus sorgte, hat die Stadt die Maßnahme rückgängig gemacht.
Denn in Flandern regiert immer noch König Auto, beklagt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Zwar ist in den letzten Jahren schon viel passiert, sind die Straßen der Region systematisch sicherer gemacht worden. Sie sind aber immer noch nicht sicher genug. Auch in Antwerpen wird man früher oder später auf den Trichter kommen müssen, dass mehr Sicherheit für schwache Verkehrsteilnehmer oft zulasten der Autofahrer geht. Hier gilt ganz klar: entweder, oder.
Das Problem der Akzeptanz
Die Entscheidung für schwache Verkehrsteilnehmer ist letztlich auch eine Entscheidung für weniger Autos oder Transportfahrzeuge in den Städten, hakt Het Belang van Limburg ein. Flandern sollte sich da mal im Ausland inspirieren.
Het Laatste Nieuws sieht das ähnlich. Allein Kreuzungen mit konfliktfreien Ampelschaltungen auszustatten, das wird nicht reichen. Die Folge ist tatsächlich oft ein regelrechter Verkehrsinfarkt. Man muss also den Mut haben, den gesamten Verkehr in der Stadt neu zu überdenken. Solange das ein Tabu ist, muss man leider mit Verkehrstoten rechnen.
Auch De Morgen will "König Auto" endgültig den Kampf ansagen. Im Zweifel immer für die schwache Verkehrsteilnehmer, das muss das Motto sein. Dann ist das Entschärfen einer gefährlichen Kreuzung nämlich die Normalität und kein bürokratischer Albtraum mehr.
Das Problem ist da allerdings immer die Akzeptanz, gibt De Standaard zu bedenken. Ein anderes Beispiel ist die Brüsseler City-Maut, von der sich Ministerpräsident Rudi Vervoort gerade wieder verabschiedet hat. Die Regierenden fürchten die Rache des Wählers, ob nun die Brüsseler PS oder die Antwerpener N-VA. Beide können sich getrost die Hand geben. Man sollte diesen Parteien also nicht glauben, wenn sie behaupten, dass allein die Staatsstruktur dieses Lands bremst. Und ausgerechnet diese Politiker ohne Vision sollen uns durch den Klimawandel lotsen.
Roger Pint