"Bereit für den Kampf ihres Lebens", titelt De Standaard zu Fotos der verschiedenen belgischen Olympia-Medaillenhoffnungsträger. "Red Lions spielen am Donnerstag gegen Australien um Gold", greift sich L'Avenir das Hockey-Team heraus. De Morgen aber erinnert daran, dass es neben den Hockeyspielern auch noch jemand anderen wichtigen gibt: "Nafi Thiam und die Red Lions auf Gold-Kurs", so hier die Überschrift.
Während die Titelseiten vor allem im Zeichen des Sports stehen, befassen sich viele Leitartikel mit den Nachwehen der schweren Überschwemmungen im Land. L'Avenir freut sich hierbei vor allem über die unglaubliche Spendenbereitschaft der Belgier: 30 Millionen Euro hat das Rote Kreuz in 18 Tagen einsammeln können, um die Not der Betroffenen zu lindern. So etwas hat man seit der Tsunami-Katastrophe 2004 nicht mehr gesehen. Das beweist, dass die Belgier sehr großzügig sein können und auch nicht zögern, ins Portemonnaie zu greifen, wenn es das Gemeinwohl erfordert. Eine wichtige Rolle haben dabei zweifellos die unaufhörlichen Bilder und Videos aus den Überschwemmungsgebieten gespielt. Aber auch die physische Nähe, denn schließlich handelt es sich um eine Region, die wir alle zumindest schon mal besucht haben. Und viele Spender wissen, dass es, wenn es anders gelaufen wäre, genauso gut auch sie hätte treffen können, analysiert L'Avenir.
Beim Krisenmanagement liegt viel im Argen
Dass die Solidarität und die Bereitschaft, auch selbst mitanzupacken groß ist, steht absolut außer Frage, stellt auch Gazet van Antwerpen fest. Aber das bisherige Krisenmanagement hat auch eine Reihe schmerzhafter Mängel bloßgelegt. Zu oft arbeiten die verschiedenen Hilfsdienste im Katastrophengebiet aneinander vorbei und müssen enthusiastische Freiwillige und auch Berufshelfer feststellen, dass es vor Ort zu wenig für sie zu tun zu geben scheint. Das ist aber wohl nur auf den ersten Blick so, denn der Bedarf an helfenden Händen ist nach wie vor groß. Das Problem scheint eher zu sein, die Helfer an die richtigen Orte zu bekommen. Das belgische Krisenmanagement scheint nicht wasserdicht zu sein und das gilt nicht nur für die jüngsten Überschwemmungen. Nach Katastrophen will es hierzulande oft nicht gelingen, schnell und effizient mit dem Wiederaufbau zu beginnen oder den Betroffenen geeignete Hilfe und Unterstützung zu bieten. Und so geht viel kostbare Zeit verloren, beklagt Gazet van Antwerpen.
De Tijd erinnert daran, dass die Wassermassen auch nicht ohne Vorwarnung kamen – bereit waren die für das Management der Wasserströme Verantwortlichen dennoch nicht. Und nachdem das Unglück geschehen war, schien vor Ort oft eher improvisiert denn koordiniert, gezielt und geplant agiert zu werden. Das hat viel mit der berüchtigten "institutionellen Lasagne" der Befugnisse zu tun. Bei einer Katastrophe gibt es in Belgien immer drei Ebenen: die Gemeinden, die Provinzen und den Föderalstaat. Und die Absprache und Koordinationen zwischen diesen Ebenen sind nicht immer einfach. Die Überschwemmungen haben gezeigt, dass beim Krisenmanagement viel im Argen liegt. Wir brauchen eine effiziente Planung und vor allem bessere Hilfeleistungen vor Ort, denn hier ist die Not am größten. Länger zu zögern ist keine Option, betont De Tijd.
Auch De Morgen greift die Zersplitterung und die Unklarheiten bei den Befugnissen scharf an. Und auch, dass die diversen Verantwortlichen die Schuld für Versäumnisse nicht bei sich selbst sehen wollen. Den Betroffenen ist es doch vollkommen egal, ob wir uns nun gerade in der europäischen, föderalen, regionalen, provinzialen, interkommunalen oder lokalen Phase des Katastrophenplans befinden. Das Einzige, was sie interessiert, ist, dass sie endlich Hilfe bekommen. Der Premier, die Innenministerin, der wallonische Ministerpräsident – sie alle haben das Elend doch mit eigenen Augen gesehen. Umso seltsamer ist es da doch, dass sie ihre Kräfte nicht bündeln und nicht alle Mittel einsetzen, um so schnell wie möglich zu helfen. Es läuft Einiges verkehrt in der Architektur unseres Landes, wenn nach jeder Katastrophe erst die Juristen klären müssen, wer zuständig und befugt ist, wettert De Morgen.
Der Brüsseler Klotz am Bein
Het Nieuwsblad kommentiert den Corona-Impffortschritt in Flandern: Die Zahl der ein Mal beziehungsweise schon vollständig Geimpften im Norden des Landes ist beeindruckend hoch und ein Grund, stolz zu sein, meint die Zeitung. Und damit wird es auch langsam wirklich Zeit, dass die Flamen für ihre Impfbereitschaft belohnt werden. Und zwar mit einer Rückkehr zu ihrem alten Leben.
Es ist nur logisch, dass Flandern kurzfristig auch bei den Lockerungen seinen eigenen, unabhängigen Kurs fahren sollte, sprich schneller wieder mehr erlauben sollte als die anderen Landesteile, die bei den Impfungen hinterherhinken. Das gilt gerade für Brüssel: Die Hauptstadtregion mit ihren hohen Ansteckungszahlen und Krankenhausaufnahmen und der besonders zäh fortschreitenden Impfkampagne droht immer mehr zum Klotz am Bein der anderen Regionen zu werden, kritisiert Het Nieuwsblad.
Den Launen der Pharmakonzerne ausgeliefert
Beim Thema Impfen bleibt auch Het Laatste Nieuws, allerdings geht es hier um die von Pfizer und Moderna angekündigten Preiserhöhungen: Während noch nicht einmal 15 Prozent der Weltbevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind und die Pandemie in manchen Teilen der Welt noch lange nicht vorbei ist, scheint für den Pharmasektor wieder "business as usual" zu gelten.
Das Problem ist dabei nicht, dass die Firmen mit ihren Produkten Gewinn machen wollen – sondern dass unsere Regierungen den Launen der Konzerne offenbar ausgeliefert sind. Denn laut europäischen Insidern sind die Begründungen für die Preiserhöhungen sehr fadenscheinig. Und allein für Belgien geht es hier um Mehrkosten von 92 Millionen Euro, auf die gesamte Europäische Union bezogen sind es sieben Milliarden Euro. Das ist kein Pappenstiel. Und das ist auch Geld, dass wir sonst anderweitig einsetzen könnten – anstatt damit die Börsenkurse von Pfizer und Moderna steigen zu lassen, giftet Het Laatste Nieuws.
Boris Schmidt