"Justiz ermittelt wegen fahrlässiger Tötung", titeln Het Nieuwsblad und Het Belang van Limburg. Hunderte Betroffene der Flutkatastrophe haben sich zu der Vereinigung "People against Flows" zusammengeschlossen und Klage eingereicht. Sie wollen untersuchen lassen, ob beim Wassermanagement oder auch bei der Krisenkommunikation Fehler gemacht wurden. "Auch für Hydrologen bleiben Fragen offen", notiert das GrenzEcho.
Flutkatastrophe - die Armen unten, die Reichen oben
De Standaard übt in seinem Leitartikel scharfe Kritik am Krisenmanagement, insbesondere in der Wallonie. Auch zwei Wochen nach der Sintflut stehen im südlichen Landesteil immer noch Menschen mit den Füßen im Matsch, sind vielerorts die Trümmer noch nicht weggeräumt und ernähren sich Menschen ausschließlich von Zuckerwaffeln. Bürgermeister wissen nicht, wo sie anfangen sollen.
Unter anderem steht auch das Rote Kreuz in der Kritik, weil die tausenden Freiwilligen immer noch nicht auf dem Terrain angekommen sind. Man müsse erst noch eine Bestandsaufnahme der Schäden durchführen, hieß es zur Begründung. Nach zwei Wochen? Dauert das nicht ein bisschen lange? Frage ist, ob das nur die Schuld des Roten Kreuzes ist? Die Bedarfsanalyse müsste doch eigentlich durch die Behörden erstellt werden. Da scheint die rechte Hand aber nicht zu wissen, was die linke tut. Von den Provinzverantwortlichen oder von der Wallonischen Region kommt da im Moment nicht viel. Hier bedarf es dringend eines entschlossenen und effizienten zentralen Krisenstabs.
"Die Flutkatastrophe ist vor allem das Drama der Schwächsten", so derweil die Aufmachergeschichte von Le Soir. Im Wesertal hat es vor allem die ärmsten Wohnviertel getroffen. Das ist noch ein Erbe aus der industriellen Vergangenheit der Region, als sich die Arbeiter in der Nähe ihrer Unternehmen, die an der Weser lagen, ansiedelten, während die Bessergestellten ihre Häuser in den höher gelegenen Gebieten bauten.
Wir sehen hier auch einen sozialen Tsunami, bemerkt denn auch Le Soir in seinem Leitartikel. Es sind vor allem die bescheidenen Häuschen, die dichtbesiedelten und populären Wohnviertel mit ihren Fassaden aus einer anderen Zeit, die im Epizentrum des Dramas liegen. Nicht zu vergessen, die Campingplätze, auf denen viele Menschen dauerhaft leben, in ihrem kleinen Paradies am Flussufer.
Gerade in den Flusstälern in der Provinz Lüttich gilt noch immer die Regel: Die Armen wohnen unten, die Reichen oben. Diese Menschen brauchen nicht nur Hilfe, sondern auch Perspektiven. Irgendwie sieht man hier Parallelen mit dem industriellen Niedergang der Region. Die Wallonie wurde wieder ins Unglück gestürzt. Jetzt bedarf es einer Generalmobilmachung.
Es hat fünf vor zwölf geschlagen
"Klimanotstand ausgerufen", so indes die beängstigende Schlagzeile von De Morgen. "Die lebenswichtigen Parameter des Planeten sind im roten Bereich", schreibt auch L'Echo. 14.000 Wissenschaftler warnen erneut vor den Folgen des Klimawandels. Wesentliche Faktoren, die das Klima im Lot halten, geraten mehr und mehr ins Ungleichgewicht.
"Wir haben jetzt echt keine Zeit mehr zu verlieren", mahnt De Morgen in seinem Leitartikel. Inzwischen sehen wir die Folgen doch vor unserer eigenen Haustür. Weite Teile der Wallonie wurden verwüstet, 41 Menschen verloren ihr Leben. Ähnliche Bilder sieht man aktuell in Italien, Indien oder China. Parallel dazu leiden die USA und auch Sibirien unter einer Hitzewelle. Entsprechend sollten wir die Warnungen der Klimaforscher jetzt endlich mal wirklich ernst nehmen.
Viele Indikatoren nähern sich ihrem sogenannten Tipping Point. Das ist der Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. Wir brauchen jetzt dringend strukturelle Maßnahmen: schneller, globaler, drastischer. Keine Zeit mehr für politische Spielchen! Wenn wir noch lange herumeiern, dann stehen wir bald alle mit den Füßen im Wasser.
Dabei werden wir aber auch an Tabus rütteln müssen, meint L'Echo. Die Frage ist nur, inwieweit wir dazu bereit sind. Unser Energiebedarf muss gesenkt werden, ebenso wie unsere Wohnfläche. Von fossilen Brennstoffen müssen wir uns verabschieden und damit in Kauf nehmen, dass wir kleinere Fahrzeuge teurer bezahlen, wenn wir nicht gleich den Zug nehmen. Und dass wir auch weniger reisen. Dass wir weniger Fleisch essen, und das auch teurer bezahlen werden. Hinter dem Schlagwort Klimaschutz verbirgt sich eine ganze Latte von explosiven Fragen, die unsere Freiheiten betreffen. Die Auswirkungen des Klimawandels, die ja jetzt schon spürbar sind, sind denn auch gewissermaßen der Preis für unsere Freiheiten.
"Sterberate in Krankenhäusern: eine beängstigende Feststellung", titelt ihrerseits La Dernière Heure. Zusammen mit Het Laatste Nieuws hat die Zeitung einen Bericht einsehen können, aus dem hervorgeht, dass in flämischen Krankenhäusern sichtbar weniger Covid-Patienten gestorben sind als in Brüssel und der Wallonie.
Diese Zahlen waren lange unter Verschluss, beklagt Het Laatste Nieuws. Dabei hat doch jeder Patient das Recht darauf zu wissen, wie die Situation in den einzelnen Krankenhäusern ist. Natürlich mögen die Gründe für die regionalen Unterschiede vielschichtig sein. Die potentiellen Patienten akzeptieren heutzutage aber keine Tabus mehr, verlangen schlicht und einfach Transparenz. Schließlich hängt unser Leben davon ab.
Die Olympia-Damen kämpfen gegen Sexualisierung
Schließlich blicken die Zeitungen auch wieder auf die Olympischen Spiele. Viele sind enttäuscht, dass die Radfahrer keine neue Medaille eingefahren haben. L'Avenir beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit der amerikanischen Turnerin Simone Biles. Diese hat sich wegen psychischer Probleme aus den Wettbewerben zurückgezogen. Chapeau, meint das Blatt sinngemäß. Seine eigenen Grenzen zu erkennen und den Mut zu haben, die Konsequenzen daraus zu ziehen, das ist ein Zeichen von Größe.
La Dernière Heure zieht ihrerseits den Hut vor einigen Damenmannschaften, die sich über die geltende Kleiderordnung hinweggesetzt haben. Die norwegischen Beach-Handballerinnen tragen statt Bikini jetzt Shorts, die deutschen Turnerinnen sind im Ganzkörperanzug aufgelaufen. Mitunter wurden sie dafür sogar von ihren jeweiligen Verbänden gerügt. Bravo, meine Damen! Der Kampf gegen die Hypersexualisierung im Frauensport ist richtig und nachvollziehbar. Hier geht es nicht um Feminismus, sondern schlicht und einfach um Respekt.
Roger Pint