"Steigende Zahlen setzen die Lockerungen aufs Spiel", schreibt De Standaard und spricht bereits von einer dritten Welle. "Konzertierungsausschuss trifft wahrscheinlich bereits morgen zusammen", fasst Het Laatste Nieuws die Spannung im Land zusammen. "Neun von zehn Krankenhäusern schweigen über die Anzahl von Covid-Toten", titelt Het Laatste Nieuws.
"Warum wollt ihr das wissen?" Mit dieser Frage eröffnet Het Laatste Nieuws seinen Leitartikel. Gestellt wurde die Frage von einigen Krankenhäusern. Die Zeitung hatte nämlich nachgefragt, wie viele Covid-Patienten in die Krankenhäuser aufgenommen wurden und wie viele davon gestorben sind. Von 68 Krankenhäusern antworteten 59 nicht. Eine unangenehme Frage? Vielleicht. Doch das Recht besteht, diese Frage zu stellen. Die wenigen Antworten zeigen, wie sehr die Krankenhäuser angespannt sind. Doch Transparenz sind die Krankenhäuser sowohl dem Steuerzahler als auch der Regierung schuldig, findet Het Laatste Nieuws.
Bischof Johan Bonny stellt sich gegen den Vatikan
Vor allem die flämischen Zeitungen widmen sich dem Antwerpener Bischof Johan Bonny. Der hatte sich gegen die Entscheidung des Vatikans gestellt, homosexuelle Paare nicht zu segnen. "Mutig" nennt Het Belang van Limburg den Bischof. Der Vatikan richtet sich mit seiner Entscheidung einem Teil der Kirche zu, für den liturgische Korrektheit das Wichtigste ist. Damit schließt der Vatikan jedoch nicht nur die homosexuellen Paare aus, sondern auch deren Familienmitglieder. Und das kommt ausgerechnet von einer Institution, in der es einige verdeckte Homosexuelle gibt. Das ist heuchlerisch. Es gibt also nicht allzu viele Gründe, die Meinung des Vatikans zu hoch zu hängen. Es sei denn, man glaubt tatsächlich an einen homophoben Gott, dessen Nächstenliebe nur für bestimmte Personen gilt.
"Welcher Teufel ist denn bitteschön in Bischof Bonny gefahren?", fragt sich die Gazet van Antwerpen. Ein Blick auf Bonnys Vergangenheit könnte die nötigen Erklärungen liefern. Vielleicht liegt es daran, dass er 2015 nicht zum Erzbischof ernannt wurde. Vielleicht auch daran, dass sein offener Brief für eine neue Kirche am konservativen Flügel im Vatikan zerschmettert ist. Immer wieder hatte Bonny sich für eine Kirche eingesetzt, die sich am tatsächlichen Familienbild ihrer Anhänger orientiert. Doch die Realität sieht anders aus. Eine Kirche, die zwar Barmherzigkeit predigt, aber eine Idee der Sünde vertritt, die gefühlt aus dem Alten Testament stammt. Da ist es denn auch gar nicht die Reaktion von Johan Bonny, die heftig ist, sondern eigentlich der unüberwindbare Einfluss der Konservativen im Vatikan. In dem Licht betrachtet, lässt sich die Reaktion von Bonny noch etwas besser nachvollziehen, findet die Gazet van Antwerpen.
Der moralische Kompass der Kirche
"Die tugendhafte Rebellion der belgischen Bischöfe", kommentiert Le Soir das Geschehen und wirft einen Blick auf die Realität. Vor Kurzem wurde David Polfliet in Beveren ermordet, weil er homosexuell war. Die extreme Rechte bezeichnet alles, was nicht heterosexuell ist, weiterhin als Abnormität. Sich zu outen, ist für viele immer noch eine extrem schwierige Aufgabe. In diesem Kontext ist jede ermutigende Stimme eine Hilfe. Und genau in diesem Kontext lässt die Glaubenskongregation trotzdem verlauten, dass Homosexualität eine Sünde sei. Das schlägt ein wie eine Bombe, nicht nur innerhalb der Glaubensgemeinschaft. Umso wichtiger ist es, dass Politiker oder aber Bischöfe sich gegen diese Sicht stellen und Mut zusprechen, konstatiert Le Soir.
"Wo ist die Neuigkeit?", fragt hingegen De Morgen. Dass Bischof Bonny für ein moderneres Familienbild einsteht, ist nicht neu. Dass auch gläubige Menschen aufgrund ihrer Sexualität diskriminiert werden können, ebenfalls nicht. Der einzige Unterschied ist vielleicht, dass Johan Bonny nun nicht mehr auf eine Beförderung seitens des Vatikans warten muss. Die Kirche hat hingegen mehrmals deutlich gemacht, dass sie unseren säkularisierten Weltansichten nur sehr bedingt folgen will. Der moralische Kompass der katholischen Kirche ist auf Teile der Welt ausgerichtet, wo die Institution noch wachsen kann, wo die Meinungen über Homosexuelle oder Frauen nicht unbedingt unseren Vorstellungen entsprechen. Johan Bonny hat sicherlich die Meinung seiner Kirche deutlich gemacht. Der Standpunkt der Kirche im Allgemeinen ist hingegen ein anderer. Wem das nicht passt, den hindert nichts daran, zu gehen, schreibt de Morgen.
Das europäische Impfzertifikat birgt die Gefahr der Diskriminierung
De Standaard bewundert zwar die Emotionalität und den Einsatz des Bischofs. Doch was folgt? Für viele wirken die Worte des Bischofs wie Sauerstoff. Da gibt es Gruppen, die auf eine Gegenbewegung hoffen. Katholiken, die in einer modernen Welt leben wollen; die aktiv mitgestalten möchte; die sich wünschen, dass sich die Kirche an den Realitäten ihrer Gläubigen orientiert. Genau diese Gruppe verlässt sich nun auf Bonny, meint De Standaard.
Als "nützlich aber nicht perfekt" beschreibt die Wirtschaftszeitung L'Echo das europäische Impfzertifikat. Das erfüllt zwei Ziele: die Wirtschaft anzukurbeln und zur Impfung anzuregen. Es besteht allerdings die Gefahr der Diskriminierung. Nämlich wenn jemand gar nicht geimpft ist, oder aber noch gar nicht gefragt wurde, ob er sich impfen lassen will. Der Erfolg des "digitalen grünen Zertifikats" steht und fällt also mit dem Impffortschritt, findet abschließend L'Echo.
Andreas Lejeune