"Polizei führt größte Anti-Drogen-Aktion aller Zeiten aus", schreibt De Morgen. "Schwerer Schlag gegen Antwerpener Drogenmilieu – 1.600 Beamte durchsuchen 200 Objekte, eine Milliarde verschlüsselter Nachrichten abgefangen, 17 Tonnen Kokain beschlagnahmt, 1,2 Millionen Euro Bargeld gefunden, 48 Personen festgenommen, darunter zwei Anwälte", meldet Gazet van Antwerpen. "Ermittlungserfolg: Netzwerk geknackt – Kampfansage an die organisierte Kriminalität", so das GrenzEcho.
Es ist den belgischen Sicherheitsbehörden gelungen, ein Krypto-Handy-System zu knacken, mit dem viele Drogenkriminelle von Bogota über Antwerpen und Rotterdam bis Dubai miteinander kommuniziert haben. Das ist beeindruckend, lobt Gazet van Antwerpen. Ein schwerer Schlag, der noch lange nachwirken wird und der noch eine ganze Reihe von Personen ins Visier der Ermittler bringen wird.
Jetzt muss man sich beim Kampf gegen die Drogenmafia nicht mehr nur mit den kleinen Fischen begnügen, sondern kann auch endlich gegen die Hintermänner vorgehen. Die Razzia unterstreicht auch, dass der Schwerpunkt der Drogenaktivitäten im Hafen von Antwerpen liegt. Und die Zahlen sind schwindelerregend. 6.000 aktive Benutzer dieser Krypto-Handys allein in Belgien. Und die Kriminellen haben Verbindungen in alle Schichten der Gesellschaft, bis hin zu korrupten Personen in den Sicherheitsbehörden, der Geschäftswelt und den Verwaltungen. Jetzt ist der Augenblick, um durchzugreifen, fordert Gazet van Antwerpen.
"Steril und blutleer"
Viele vor allem flämische Zeitungen befassen sich in ihren Kommentaren heute mit der Entscheidung des Europäischen Parlaments, die Abgeordneten-Immunität von drei katalanischen Separatisten aufzuheben, darunter von Ex-Regierungschef Carles Puigdemont. Spanien will die Auslieferung der Separatisten wegen ihrer Rolle bei der Organisation eines Unabhängigkeitsreferendums 2017. Puigdemont und andere führende Köpfe der Bewegung hatten sich einer Strafverfolgung durch die Flucht nach Belgien entzogen.
Es waren die drei klassischen politischen Familien, die für die Aufhebung der Immunität gestimmt haben, stellt De Tijd fest: Mitte-Rechts, Mitte-Links und die Liberalen. Nicht nur, weil sie gute Verbindungen zum spanischen Regime haben, sondern auch, weil die EU-Mitgliedsstaaten jeder Form von Unabhängigkeitsstreben abgeneigt sind. Den Separatisten droht in Spanien ein politischer Prozess mit politisch ernannten Richtern. Und die bisher verhängten Strafen sind absolut unverhältnismäßig für eine gewaltlose politische Tat. Das ist keine spanische Angelegenheit, sondern eine Frage der Demokratie in Europa und Spanien. Das anzuerkennen, dafür fehlt aber offenbar der Mut. Aber die Chance ist groß, dass die belgischen Richter, die wahrscheinlich über eine Auslieferung urteilen müssen, die Sache objektiver sehen werden als das Europäische Parlament, hofft De Tijd.
Eine Überraschung war die die Entscheidung nicht, stellt Het Nieuwsblad fest. Dass das EU-Parlament hier hartnäckig wegschaut, ist vielsagend. Und das untergräbt seine Glaubwürdigkeit. Denn Ungarn, Polen, Russland, China und Myanmar ist symbolisch durchaus auf die Finger geklopft worden. Der Kampf um die katalanische Selbstbestimmung ist politisch und nicht juristisch, und Europa täte gut daran, Spanien daran zu erinnern. Solange die Katalanen ihren Kampf ohne Blutvergießen führen, gehört er in die Parlamente, und nicht in die Gerichte. Das Verhalten des Europäischen Parlaments ist hier steril und blutleer, wettert Het Nieuwsblad.
Eine verpasste Chance, Fehleinschätzungen und Fehler
Das Europäische Parlament hat hier erneut eine Chance verpasst, Madrid ein Signal zu senden, meint auch De Standaard. Das Ganze ist schon lange keine interne Angelegenheit mehr. Und dass die spanischen Institutionen es nicht schaffen, diese Nationalitätenfrage zu entschärfen, trifft Europa mitten ins Herz. Währenddessen muss man auch festhalten, dass die katalanischen Separatisten 2017 katastrophale Einschätzungsfehler gemacht haben. Sie haben ihr Volk und ihre Region ins Chaos gestürzt. Und auch wenn ihre Basis stabil bleibt, haben sie zu keinem Augenblick ausreichend demokratische Unterstützung für eine Abspaltung gehabt. Ihre dreiste Strategie hat sie selbst ins Unheil gestürzt, die Katalanen zutiefst gespalten und die übelsten Kräfte der spanischen Geschichte zu neuem Leben erweckt, die rechtsextremen Nationalisten von Vox, kritisiert De Standaard.
Der Fehler Puigdemonts und seiner Separatistenregierung war, 2017 ihre Pläne durchdrücken zu wollen, indem sie ein Referendum in einem sehr angespannten Klima organisierten, bei dem die Opposition kaum zu Wort kommen durfte, analysiert L'Avenir. Der Fehler der damals konservativen Regierung in Madrid war, die Volksbefragung unterdrücken zu wollen. Weder die belgische, noch die spanische Justiz werden das katalanische Problem lösen können. Allein die spanischen und katalanischen Politiker können eine Lösung finden. Und dazu müssen sie miteinander reden, so L'Avenir.
Mehr tun
Weiter hohe Wellen schlägt derweil der Mord an einem homosexuellen Mann in Beveren. Es scheint, als ob die sehr jungen Täter zumindest teilweise aus einem blinden Hass auf Homosexuelle gehandelt haben, kommentiert Het Belang van Limburg. Und das wirft Fragen auf. Wie können 16- und 17-Jährige 2021 einen derartigen Hass entwickeln, dass sie so eine grausame Tat begehen? Auch wenn Belgien ein Pionier für die Rechte der LGBTQ ist, unterstreicht das, dass die Evolution noch nicht abgeschlossen ist. Das zeigt nicht nur dieser Mord, sondern auch die zahlreichen anderen Berichte über Homophobie, warnt Het Belang van Limburg.
Das Liebesleben eines Menschen geht, so lange es nicht auf Kosten anderer geht, nur ihn selbst etwas an, erinnert auch Het Laatste Nieuws. Belgien steht weltweit auf Platz zwei des sogenannten "Regenbogenindex" der Rechte für die LGBTQ+-Gemeinschaft. Aber offensichtlich bleibt auch hierzulande noch viel zu tun. Wir müssen mehr tun, als eine Regenbogenfahne in den Sozialen Medien zu teilen. Nämlich vor allem reagieren, wenn wir sehen, dass Menschen wegen ihrer Andersartigkeit belästigt werden. Um diesen Menschen zu zeigen, dass nicht sie die Minderheit sind, sondern die Idioten, die aus der Sexualität eines Menschen ein Problem machen, fordert Het Laatste Nieuws.
Boris Schmidt