"Leopold Lippens, der ewige Bürgermeister von Knokke", titelt De Morgen und fügt hinzu: "Jetzt gibt es keinen Kapitän mehr auf dem Schiff". "Knokke war Lippens, und Lippens war Knokke", so die Schlagzeile von L'Echo. "Leopold Lippens, der Mann, der Knokke mehr als 40 Jahre lang personifiziert hat", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins.
Viele Zeitungen erinnern heute an Leopold Lippens, den langjährigen Bürgermeister des Seebads Knokke, der im Alter von 79 Jahren verstorben ist. Er war eine doch schillernde Gestalt und weit über die Grenzen seiner Gemeinde hinaus bekannt. Das hatte mit seiner Persönlichkeit zu tun: Der Mann hatte Präsenz und Charme und er hatte eine dezidierte Meinung, die er oft klar und deutlich aussprach. Het Laatste Nieuws bringt es auf den Punkt: "Sein Humor war so beispiellos wie seine Erscheinung", schreibt das Blatt. "Knokke verliert seinen exzentrischen und rebellischen Bürgermeister", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen.
Knokke verliert mit Leopold Lippens einen Bürgervater
Denn: Lippens, der übrigens den Titel Graf trug, den er von seinem Vater geerbt hatte, dieser Leopold Lippens konnte auch anecken. Einmal hat er sich über die Tagestouristen geärgert, die er nicht mehr am Strand von Knokke sehen wollte. "Kühlbox-Touristen" hat er sie genannt: Nicht nur, dass sie der Gemeinde kein Geld einbringen, sie störten auch den mondänen Charakter von Knokke, sagte er sinngemäß. "Leopold Lippens, der Volksheld der High Society", schreibt denn auch De Tijd.
Lippens symbolisierte sowohl die Vergangenheit, als auch die Gegenwart von Knokke, meint La Dernière Heure. Es gab Zeiten, da gab sich die feine Brüsseler Gesellschaft in dem mondänen Seebad die Klinke in die Hand, da nannte man Knokke sogar die 20. Brüsseler Gemeinde, da hatte Knokke durch sein Casino auch kulturelle Strahlkraft. Das ist vorbei, aber Lippens hat dafür gesorgt, dass seine Stadt immer noch eine Sonderrolle einnimmt. Klar: Graf Lippens war nicht auf den Mund gefallen, etwa wenn er gegen die "Frigobox-Touristen" stänkerte, oder wenn er sich über Leute beschwerte, die allzu leicht bekleidet durch die Straßen seiner Stadt spazierten. Doch verliert der Küstenort einen veritablen Bürgervater. Knokke wird ein mondänes Seebad bleiben, aber seine originelle Note, die wird fehlen.
Es gab aber auch eine Prise Donald Trump in Graf Leopold Lippens, glaubt Gazet van Antwerpen. Erstmal ist es so, dass beide sich kannten. Es gibt ein Foto, auf dem Lippens zusammen mit Trump zu sehen ist. Aufgenommen wurde das Bild auf einem Golfplatz in Irland. Doch kann man auch gewisse Ähnlichkeiten zwischen beiden erkennen. Auch Lippens scherte sich nicht um die "politische Korrektheit", auch er legte eine ausgeprägte Arroganz an den Tag, vermittelte den Eindruck, über den Normalsterblichen zu stehen. Und auch Lippens konnte aus allen Rohren auf die Presse schießen, die Zeitungen bezeichnete er als "notorische Lügner". Der Graf aus Knokke konnte sich volksnah geben, er fühlte sich aber sichtbar besser in Gesellschaft der Reichen und Schönen. Noblesse oblige...
Die Politik darf es sich mit der Staatsreform nicht zu einfach machen
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch heute noch mit dem Vorstoß der Föderalministerin Annelies Verlinden, die sich ja über eine mögliche neue Staatsreform geäußert hatte. Dabei hatte sie sich für ein "2+2"-Modell ausgesprochen, was gleich für heftige Proteste aus Brüssel und auch aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft sorgte.
Annelies Verlinden hat eine Gelegenheit versäumt, sich einfach nur vornehm zurückzuhalten, giftet Le Soir in seinem Leitartikel. Diese Koalition hatte doch versprochen, das Ganze mal anders anzugehen. Zur Vorbereitung einer neuen Staatsreform soll doch eine Dialogplattform eingerichtet werden. Man will die Bevölkerung mit einbeziehen, die Zivilgesellschaft konsultieren, vor allem die Jugendlichen, die akademische Welt, Experten und auch Vertreter der lokalen Behörden. Und dann kommt Annelies Verlinden daher, und schließt das Ganze einfach kurz. Sie ist als zuständige Ministerin für institutionelle Reformen doch eigentlich eine der Garanten für diesen Prozess. Die Vivaldi-Koalition wolle die Politik "anders" gestalten - nun, genau in dem Moment, in dem es ernst wird, macht man es dann doch wieder genau wie immer.
Es gibt keine kreative Idee, die alle Probleme lösen würde, warnt De Standaard. Auch auf den ersten Blick einfache Formeln wie das "2+2"-Modell von Annelies Verlinden sind nur scheinbar unkompliziert. Wenn man genauer drüber nachdenkt, dann stellt man fest, dass solche Ideen letztlich keine Probleme lösen, manchmal sogar noch neue schaffen. Konkret: Annelies Verlinden verkennt völlig die Rolle Brüssels und auch die Frage der innerbelgischen Finanzströme bleibt außen vor. Wer wirklich den belgischen Staat effizienter gestalten will, der darf sich nicht auf vermeintlich einfache Formeln beschränken; da ist wesentlich mehr und tiefgreifendere Denkarbeit nötig.
Das Ganze hat aber schon wieder denkbar unglücklich begonnen, findet Het Nieuwsblad. Kaum hat sich mal eine Politikerin zum Thema Staatsreform geäußert, da prasseln gleich wieder von allen Seiten Blitze auf sie ein. Es gibt hier einfach zu viele Tabus, insbesondere, was die Rolle und den Platz von Brüssel betrifft. Die Regierung will die Zivilgesellschaft konsultieren, doch werden die Bürger diese Tabus auch nicht aus der Welt schaffen können. Die Politik darf es sich hier nicht zu einfach machen, und die heiße Kartoffel an die Bürger weiterreichen. Jetzt muss auch vor allem die Politik die Ärmel hochkrempeln und anpacken!
Corona: Die epidemiologischen Schwellenwerte sind entscheidend
Einige Blätter beschäftigen sich natürlich auch mit der Corona-Lage und vor allem mit der Frage der Lockerungen.
"Wir alle brauchen Perspektiven", ist einmal mehr L'Echo überzeugt. Das Land steht kurz vor einer kollektiven Depression. Dieses Problem gleicht aber zugegebenermaßen der Quadratur des Kreises: Die zuständigen Behörden wollen eine dritte Welle verhindern und es zudem vermeiden, den Menschen falsche Hoffnungen zu machen. Vielleicht könnte man aber doch einen kleinen Test ins Auge fassen: Wenn sich die Wiederöffnung der Frisörsalons als epidemiologisch unproblematisch erweist, dann könnte man doch vielleicht kleinere weitere Lockerungen ausprobieren, wie etwa die Möglichkeit für Restaurants, Kunden auf der Terrasse bedienen zu können. Klar: Das ist leichter gesagt als getan. Aber so etwas würde vielen Menschen vielleicht ein wenig Auftrieb geben.
Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen träumen immer mehr Menschen von Lockerungen der Corona-Beschränkungen. Nüchtern betrachtet ist das aber nicht so einfach, warnt seinerseits De Tijd. Das Virus hat immer das letzte Wort. Und vor allem angesichts der neuen Mutationen ist es schlichtweg unmöglich, konkrete Perspektiven etwa in Form von Stichdaten auszugeben. Die Frage, wie viele Corona-Beschränkungen ein Mensch erträgt, das ist im vorliegenden Fall kein medizinisches Kriterium. Allein die epidemiologischen Schwellenwerte sind entscheidend: Weniger als 800 Neuinfektionen und weniger als 75 Krankenhausaufnahmen pro Tag. Diese Zahlen sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern stellen die kritische Grenze dar: Bei höheren Zahlen ist kein effizientes Kontakt-Tracing mehr möglich. Ergo: Wenn wir jetzt zu viel lockern, dann droht uns das gleiche wie im letzten Sommer, nämlich, dass wir uns an unserer Freiheit verschlucken...
Roger Pint