"Geld für Wahlkampf sorgt für böses Blut", schreibt De Tijd auf Seite eins. "Die OpenVLD unter Hochspannung", titelt Gazet van Antwerpen. "Wahlkampfgeld für El Kaouakibi spaltet OpenVLD", so der Aufmacher bei De Morgen.
Sihame El Kaouakibi muss gerade einstecken, kommentiert Gazet van Antwerpen. Und das gilt jetzt auch für ihre Partei, die OpenVLD. Nach der Untersuchung um die Verwendung von Geldern bei der Jugendorganisation der flämischen Parlamentarierin geht es jetzt um Wahlkampfgelder. Genauer gesagt um eine bemerkenswerte Entscheidung bei den flämischen Liberalen. Als sogenanntes "weißes Kaninchen", also als Überraschungskandidatin, wurde El Kaouakibi erlaubt, der Partei 50.000 Euro in Rechnung zu stellen.
Die damalige Parteivorsitzende Gwendolyn Rutten betont, dass es um reale und belegte Kosten für den Wahlkampf ging. Dennoch überrascht es natürlich wenig, dass diese Enthüllung für böses Blut in der Partei sorgt – andere mussten schließlich den Wahlkampf aus der eigenen Tasche bezahlen. Wie also so eine Vorzugsbehandlung für eine Newcomerin vermitteln? Offenbar hatte El Kaouakibi eben ein entsprechend einzigartiges und interessantes Profil. Das ändert aber nichts daran, dass die Nerven bei der OpenVLD blankliegen. Denn Fragen zur Transparenz wirft das Ganze durchaus auf.
Das Problem der Macht der Parteien
Beim sich abzeichnenden Niedergang von Sihame El Kaouakibi kommen zwei Geschichten zusammen, konstatiert De Morgen. Über die erste, die möglichen Unregelmäßigkeiten bei ihrer Jugendorganisation, muss die Justiz befinden. Bei der zweiten Geschichte geht es aber um Chancen. Und diese Frage lässt sich wesentlich schwerer mit Gesetzen und Normen fassen. Und langfristig können die Folgen dieser zweiten Geschichte für El Kaouakibi durchaus größer sein.
Sie, die sich als Galionsfigur für Emanzipation und Chancengleichheit präsentiert hatte, hatte kein Problem damit, für sich selbst eine bessere Ausgangslage zu fordern, als andere sie haben – und sie auch zu bekommen. Und dass das ehrenamtlichen Parteiaktivisten sauer aufstößt, darf auch nicht überraschen. Nicht nur mussten sie schlucken, dass Quereinsteiger Spitzenplätze bekamen. Sondern dass diese dafür auch noch subventioniert wurden. Parteigelder sind letztlich öffentliche Gelder. Und da sind wir beim tieferliegenden Problem der Macht der Parteien. Der Macht, frei über dieses Geld verfügen zu können. Und damit der Macht, darüber zu entscheiden, wer die Menschen vertreten darf.
Auch auf der demokratischen Ebene wachsam bleiben
Le Soir beschäftigt sich mit der Rolle der demokratischen Institutionen bei den gesundheitlichen Schutzmaßregeln gegen das Coronavirus. Manche mögen glauben, dass die Gesellschaftsordnung so angepasst werden kann, wie es Wissenschaftler und Politiker für notwendig, wünschenswert oder sinnvoll erachten. Aber unsere Gesellschaftsordnung beruht auf festgelegten Regeln und Prozeduren. Ja, diese Ordnung kann angepasst werden. Aber eben nur entsprechend der geltenden Regeln. Ansonsten werden Willkür, Machtmissbrauch oder der Tyrannei Tür und Tor geöffnet.
Regierung und auch Parlament wurden schon vor Monaten gewarnt, dem Corona-Krisenmanagement einen rechtlichen Rahmen zu geben. Und der zeitliche Druck aus den ersten Monaten der Pandemie zieht auch nicht mehr als Entschuldigung, um weiter durch ministerielle Beschlüsse zu agieren. Es geht nicht darum, die Arbeit der Regierung zu bremsen. Es geht um die Bewahrung der Legitimität und den Schutz unserer Demokratie.
La Libre Belgique greift in diesem Zusammenhang die Verlängerung der Schutzmaßregeln bis zum 1. April auf. Die wurde sehr diskret im Staatsblatt mitgeteilt. Die föderale Innenministerin Annelies Verlinden (CD&V) rechtfertigte das mit der Begründung, dass man juristische Sicherheit habe haben wollen, während man auf die Entscheidungen des Konzertierungsausschusses am 26. Februar warte. Und das geht überhaupt nicht.
Es ist nicht hinnehmbar, dass eine Regierung so eine Entschuldigung anführt, wenn es um die Verlängerung so einschneidender Einschränkungen unserer individuellen Freiheiten geht. Solche Maßnahmen dürfen weder klammheimlich bestätigt noch unbegrenzt verlängert werden. Im Gegenteil: Die Verantwortlichen müssen sie erklären und rechtfertigen. Und die Legislative darüber abstimmen lassen und sie dem Staatsrat vorlegen.
Das undurchsichtige Funktionieren unserer Institutionen untergräbt außerdem die Motivation eines Teils der Bevölkerung, sich an die Corona-Regeln zu halten. Ja, wir müssen auf der gesundheitlichen Ebene vorsichtig bleiben. Aber wir müssen auch wachsam bleiben, was die demokratische Ebene angeht.
Trotz aller Kritik nicht das Erreichte vergessen
Het Belang van Limburg befasst sich mit der wenig glanzvollen Leistung Europas beim Impfen gegen das Coronavirus. Im Vergleich zu Großbritannien und den Vereinigten Staaten hinkt die Europäische Union hier deutlich hinterher. Der Grund dafür liegt im zu vorsichtigen Verhandeln. Während andere Länder bereits Verträge abschlossen, stritt Europa weiter über Haftungs- und Preisfragen. Mit den bekannten Folgen.
Über dieses Fiasko sollte man aber auch nicht vergessen, was an Positivem erreicht worden ist. Beispielsweise, dass Europa ab Juni einträchtig am gleichen Strang gezogen hat – und damit einen unionsinternen Impfstoffkrieg verhindern konnte. So konnte ein kleines Land wie Belgien relativ betrachtet gleich viel Impfstoff bekommen, wie größere und mächtigere Nachbarländer. Wenn man sich das Debakel um die Versorgung mit Mundschutzmasken in Erinnerung ruft, ist das eine durchaus beachtliche Leistung.
Und bei aller Kritik wegen der Impfstoffe sollte man auch nicht vergessen, dass es die Mitgliedsstaaten sind, die äußerst zurückhaltend sind, wenn es darum geht, der Europäischen Union mehr Macht und Unabhängigkeit zu geben. Und wie soll die EU mehr Risiken eingehen können, wenn sie sich ständig nach den 27 Mitgliedsstaaten umsehen muss?
Boris Schmidt