"Die Politik ist der Ansicht, dass Frisörsalons wieder öffnen dürfen", titelt De Morgen. "Frisöre können sich auf die Wiederöffnung einstellen", schreibt auch Het Laatste Nieuws.
Morgen kommt ja erneut der Konzertierungsausschuss zusammen. Und das ist die Sitzung, die die Frisöre schon mit Spannung erwarten. Vor zwei Wochen, am 22. Januar, hatten die Regierungen des Landes versprochen, dass eben bei ihrer nächsten Sitzung die Frage der Wiederöffnung der Frisörsalons auf dem Tisch liegen würde. Das wird auf jeden Fall passieren. Und offensichtlich ist der Weg frei; "sogar Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke spricht von einer großen Not", schreibt Het Laatste Nieuws; und Vandenbroucke gehörte eigentlich immer zu denen, die zur Vorsicht mahnen.
Impfstrategie - Anpassungen und Impfpflicht für Pflegekräfte?
"Wer unter Übergewicht oder Diabetes leidet, der wird schneller geimpft", so derweil die Aufmachergeschichte von Het Belang van Limburg. Die Gesundheitsminister des Landes haben sich gestern auf eine Liste von Pathologien geeinigt, die die betroffenen Patienten dann in die Risikogruppe einordnen. Dazu gehören z. B. Atemwegs-, Herz- oder Gefäßkrankheiten; und auch die meisten Krebspatienten werden zur Risikogruppe gezählt. Diese Menschen werden im Frühjahr geimpft, zeitgleich oder etwas später als die Über-65-Jährigen. Genaue Einzelheiten gibt es erst, wenn die Impfstrategie angepasst wurde.
Apropos Impfen: "Das Personal sagt 'Nein!' zur Impfung", titelt La Dernière Heure. Gemeint sind die Mitarbeiter der privaten Alten- und Pflegeheime in Brüssel und der Wallonie. Von ihnen hat sich nur rund die Hälfte impfen lassen.
"Das ist ein Riesenproblem", findet De Morgen. Genauer gesagt wirft die Tatsache, dass sich große Teile des Altenheimpersonals nicht impfen lassen wollen, gleich drei Probleme auf. Erstens gefährden sie sich selbst. Zweitens bringen sie damit auch ihre Schutzbefohlenen, also die Bewohner von Wohn- und Pflegezentren, unnötig in Gefahr. Und drittens sorgen sie für eine verhängnisvolle Signalwirkung. Sie schüren damit nämlich noch die Zweifel an der Sicherheit und der Effizienz der Impfstoffe.
Diese Impfverweigerer sind jedenfalls keine Helden und sollten auch nicht so betrachtet werden. Was sie tun, das ist kein heroischer Widerstand, das ist dumm, gefährlich und egoistisch. Die Gesellschaft hat das Recht, gar die Pflicht, sich gegen diese Freibeuter zu schützen. Und wenn Aufklärung und Sensibilisierung nicht helfen, dann muss man über Zwang nachdenken; zumindest für das Pflegepersonal in Altenheimen. Für Impfverweigerer gibt es keinen Platz in diesem Beruf.
Belgier zu irgendwas zu zwingen, das ist heikel; und doch darf das kein Tabu sein, findet auch Het Laatste Nieuws. Eine Impfpflicht für das Pflegepersonal in Altenheimen, damit würde letztlich auch kein absolutes Neuland betreten. Schon jetzt ist eine Impfung gegen Hepatitis B für Pflegepersonal Pflicht. Und da kräht auch kein Hahn nach. Hoffentlich ist das Verhalten des Pflegepersonals in Brüssel und der Wallonie kein Zeichen an der Wand. Wenn sich am Ende nur 50 Prozent der Wallonen und Brüsseler impfen lassen, dann ist das Reich der Freiheit weiter weg als uns lieb sein kann; dann wird nämlich zumindest im Süden des Landes die Herdenimmunität nicht hergestellt. Und darunter werden wir alle leiden. Insofern muss man auch über eine allgemeine Impfpflicht nachdenken dürfen. Wie sagte schon der britische Philosoph John Stuart Mill: "Jeder Mensch ist frei, solange er nicht anderen schadet".
Konzertierungsausschuss zu Lockerungen wird nicht einfach
Endlich wird morgen nochmal ein Konzertierungsausschuss im Zeichen von Lockerungen stehen, meint seinerseits Het Nieuwsblad. Und da werden wir aber gleich wieder an ein altbekanntes Problem erinnert. Kurz und knapp: Es ist wesentlich einfacher, ein Land herunterzufahren, als diese Einschränkungen dann wieder zu lockern. Zumal sich die Parameter aufgrund gemachter Erfahrungen durchaus verändern können. Trotz dieser Unwägbarkeiten braucht man aber zumindest die Grundzüge eines Plans. Ansonsten droht das Ganze zum Jahrmarkt zu geraten. Dann werden die Entscheidungen nämlich vor allem von den Lobbygruppen beeinflusst, die am lautesten schreien. Die Beschlüsse müssen aber nachvollziehbar bleiben. Wenn es so aussieht, als wolle sich da nur der eine oder andere Politiker profilieren und seiner Basis gefallen, dann wirkt das nicht gerade motivierend.
Genau da hakt Le Soir ein. Lockerungen von Corona-Einschränkungen und vor allem Impfstoffe, das sind keine Wahlkampf-Bonbons! Kaum hatte es geheißen, dass der Astrazeneca-Impfstoff nicht für Über-55-Jährige empfohlen wird, da standen schon Politiker auf der Matte, die den Impfstoff stattdessen den Studenten spritzen wollten. Um ihnen angeblich "die Freiheit zurückzugeben". Das ist schon inhaltlich falsch: Eine Impfung allein ist nicht das Ticket in die Freiheit. Das Ganze ist schon kompliziert genug. Da sollten Politiker der Versuchung widerstehen, hier dem einen oder anderen Hoffnungen machen zu wollen. Indem man den öffentlichen Raum zu einer Ideenbörse verkommen lässt, macht man das Chaos nur noch größer.
Verurteilung von Nawalny nach kafkaeskem Schauprozess
Einige Leitartikler beschäftigen sich heute auch mit dem Schicksal des russischen Regimekritikers Alexej Nawalny. Der wurde bei einem regelrechten Schauprozess zu knapp drei Jahren Haft verurteilt.
Wladimir Putin gibt sich gar keine Mühe mehr, um zu verbergen, dass sein Regime nicht mehr als eine Scheindemokratie ist, analysiert Het Belang van Limburg. In bester Sowjetmanier wurde Nawalny auf der Grundlage lächerlicher Vorwürfe in ein Straflager verbannt. Aber der Kreml tut das, was er seit Jahren tut: Er dementiert. Wie nach der Annexion der Krim, wie nach dem Abschuss von MH-17. Das Moskauer Motto lautet: Wenn man Lügen lange genug wiederholt, dann glauben die Menschen sie am Ende.
Nach dem gescheiterten Mordanschlag auf den Kremlkritiker hat man ihm jetzt einen kafkaesken Prozess gemacht, meint auch La Libre Belgique. Die Botschaft ist deutlich: Das Regime toleriert keine (wirkliche) Opposition. Alexej Nawalny zahlt den Preis dafür, dass er die Korruption offengelegt, dass er die Sicherheitsdienste lächerlich gemacht hat. Der Umgang mit Nawalny ist beispielhaft für den immer repressiveren Kurs des Regimes. Die Sicherheitskräfte gehen auch knallhart gegen Demonstranten und Journalisten vor. Europa muss daraus seine Konsequenzen ziehen.
Mit dieser übertriebenen Härte zeigt das Putin-Regime eigentlich nur seine Schwäche, meint das GrenzEcho. Dennoch sollte man sich nicht nur auf den Fall Nawalny fokussieren. Und es ist auch ein fataler Fehler der EU und ihrer Mitgliedstaaten, Russland auf die Person Putin und seine Clique zu reduzieren. Dass Putin so ist, wie er ist, das kann sich Europa zum Teil selbst ankreiden. Europa hat Russland immer herablassend behandelt, nie als vollwertigen Partner betrachtet. Diese Arroganz wird auch dem Kremlkritiker Nawalny nicht helfen.
Roger Pint