"Eine Schule nach der anderen muss geschlossen werden", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Ab jetzt Schnelltests für alle Kontakte infizierter Schüler", greift Gazet van Antwerpen in seiner Überschrift eine neue flämische Maßnahme für das Unterrichtswesen auf. Für De Standaard sind das die "letzten Mittel, um eine Schließung der Schulen zu verhindern".
Für Gazet van Antwerpen ist die Initiative, ab jetzt umgehend Schnelltests an Schulen mit Infektionsherden anzubieten, eine gute Idee. Nur so kann verhindert werden, dass die Lernrückstände bei Kindern und Jugendlichen noch größer werden und dass die jungen Menschen in die soziale Isolation gezwungen werden. Aber abgesehen von den Schulen gibt es in Sachen Corona-Ausbreitung auch noch andere Probleme: etwa, dass sich wieder zu viele Menschen in den Einkaufsstraßen drängen. Ein weiterer wichtiger Punkt wäre, dass sich so viele Menschen wie möglich testen lassen. Gerade Eltern von Kindern einer jüdischen Schule und auch viele Einwohner von zwei Vierteln in Antwerpen, in denen viele Juden leben, weigern sich aber, da mitzumachen. Das ist sehr bedauerlich. Denn nur, wenn infizierte Personen in Quarantäne gehen, kann die Ausbreitung des Virus begrenzt werden.
Die Mehrheit bezahlt für das Fehlverhalten einer Minderheit
Auf diese Problematik kommt auch Het Laatste Nieuws zurück: In bestimmten Antwerpener Vierteln, in denen viele orthodoxe Juden leben, werden die Corona-Schutzmaßregeln so schlecht befolgt, dass die Ansteckungen durch die Synagogendecke gehen. Bürgermeister Bart De Wever (N-VA) kritisiert das zwar, aber noch immer recht vorsichtig. Die Frage ist, ob er auch so zurückhaltend wäre, wenn es statt um eine Synagoge, die mehrfach massiv gegen die Auflagen verstoßen hat, um eine Moschee gehen würde. Und wer Thora, Koran, Bibel oder sonstige religiöse Schriften über die belgischen Gesetze stellt, hat nicht verstanden, auf welchen Fundamenten unser Zusammenleben aufgebaut ist.
Natürlich sind es nicht alle Juden, die sich hier nicht korrekt verhalten. Genauso wenig, wie alle Muslime in Belgien für die Ausschreitungen bestimmter Jugendlicher verantwortlich sind. Aber in beiden Fällen sind es Minderheiten, die der Mehrheit ihrer eigenen Gemeinschaften das Leben schwer machen. Und ist das nicht irgendwie das, was auf uns alle in der Corona-Krise zutrifft? Die Mehrheit bezahlt den Preis für das Fehlverhalten einer Minderheit, die trotzdem unbedingt feiern, reisen und sich treffen muss.
Dass die britische Corona-Variante im Herzen der am dichtesten bevölkerten Stadt Flanderns wuchern kann, ist eine Katastrophe, kommentiert dazu Het Nieuwsblad. Selbst wenn es in einer geschlossenen Gemeinschaft ist. Das gefährdet jegliche Perspektive auf Lockerungen und droht, einen allgemeinen Lockdown zurückzubringen – und das würde dann ganz Flandern betreffen. Dass in bestimmten Kreisen die Corona-Regeln seit Langem systematisch verletzt werden, ist schon länger bekannt. Und es handelt sich oft um Wiederholungstäter. Und es ist auch eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber diesen Verstößen aus der eigenen Gemeinschaft zu beklagen. Wenn die Behörden nicht eingreifen wollen, dann dürfen diese Stimmen nicht länger so oft schweigen.
Übertriebener Optimismus
De Morgen greift die Ankündigung des Konzertierungsausschusses auf, dass Kontaktberufe wie Frisöre möglicherweise ab dem 13. Februar wieder öffnen dürfen. Das ist eine Perspektive, an der sich viele festklammern werden. Aber kaum drei Tage nach dem Konzertierungsausschuss ist diese Hoffnung schon wieder von der harten Realität eingeholt worden: Es gibt Lieferprobleme bei den Impfstoffherstellern und die Corona-Zahlen verschlechtern sich.
Zumindest Letzteres war absehbar, dazu musste man nur in die Nachbarländer blicken. Dass unsere Politiker dennoch solche Hoffnungen weckten, zeugt von einem übertriebenen Optimismus und von wenig Realitätssinn. Wenn die Menschen glauben gemacht werden, dass die Erlösung nahe ist, ist die unvermeidliche Enttäuschung umso größer.
Transparenz statt Omertà
Im Süden des Landes sorgt derweil die Nethys-Affäre weiter für sehr hohe Wellen. Dass Stéphane Moreau im Gefängnis von Lantin sitzt und François Fornieri in dem von Marche-en-Famenne, ist ein Schock, analysiert Le Soir. Und zwar nicht nur in Lüttich. Es handelt sich um emblematische Figuren der Politik, der Wirtschaft, aber auch der Gesellschaft ihrer Region und darüber hinaus. Die Inhaftierung ist eine besonders schimpfliche Bestrafung. Und die Beschuldigungen gegen sie und andere Ex-Verantwortliche sind sehr schwer.
Die Ereignisse der vergangenen Tage zeigen, dass die Justiz ihre Arbeit macht. Seit Jahren wurde bei den undurchsichtigen Vorgängen um die Interkommunale Nethys Transparenz verlangt. Die vorherrschende Omertà, das mafiöse Gesetz des Schweigens, war nicht hinnehmbar. Und auch von der PS, der MR und der CDH, den Parteien, die mit in den Verwaltungsräten saßen, erwarten wir noch immer Erklärungen.
La Libre Belgique warnt aber vor zu hohen Erwartungen. Die Aufarbeitung hat gerade erst begonnen. Und die Geschwindigkeit der Justiz ist nicht die der öffentlichen Meinung. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Prozess lang und komplex werden wird. Und was es unbedingt zu vermeiden gilt, ist, dass sich Stéphane Moreau durch Zahlung eines Geldbetrags, also durch einen Strafvergleich, einem Prozess entziehen kann. So wie er es in der Vergangenheit bereits getan hat, um juristische Folgen zu vermeiden. Im Namen der Transparenz ist es wichtig, dass die Streitsache in aller Öffentlichkeit ausgefochten wird. In einem fairen und gerechten Prozess. Nicht mehr. Und nicht weniger.
Boris Schmidt