"Corona-Regeln werden strenger kontrolliert", fasst das GrenzEcho die Entscheidungen des Konzertierungsausschusses von Freitagabend zusammen. "Telearbeit, Quarantäne, Grenzen… die Kontrollen werden intensiviert", titelt La Libre Belgique. "Reisen Sie nicht", zitiert Gazet van Antwerpen einen zentralen Appell von Premierminister Alexander De Croo an die Bevölkerung.
Wie erwartet hat es vom Konzertierungsausschuss angesichts der potentiell besorgniserregenden Entwicklung der Corona-Zahlen keine neuen Lockerungen gegeben. Aber auch keine wirklichen Verschärfungen. Stattdessen soll vor allem das, was bereits gilt, strenger kontrolliert und durchgesetzt werden.
Man muss die Sachen beim Namen nennen, konstatiert De Morgen. Und das heißt, dass das Risiko nicht klein ist, dass aus der sich abschwächenden zweiten Welle sehr schnell eine massive dritte werden kann. Gerade angesichts der anstehenden Feiertage und Ferien. Und dieses Katastrophenszenario zu verhindern, ist der Hauptauftrag der Regierungen des Landes. Sie setzen darauf, dass es noch gelingt, eine dritte Welle ohne strengere Schutzmaßregeln zu brechen. Und diese Entscheidung ist nachvollziehbar, auch weil die große Mehrheit der Menschen sich an die Regeln hält und ihren Sinn versteht. Und es macht auch Sinn, damit diese Menschen nicht den Eindruck bekommen, auch noch dafür bestraft zu werden. Aber natürlich besteht die Gefahr, dass wir in ein paar Wochen wieder vor den gleichen Fragen stehen werden. Vielleicht wäre es doch nicht verkehrt gewesen, zu sagen, was uns dann an Maßnahmen droht, damit auch alle begreifen, was auf dem Spiel steht.
"Wir wissen, was zu tun ist - lassen Sie es uns dann auch tun"
"Halten Sie Weihnachten klein, um das Virus kleinzuhalten", greift Het Nieuwsblad ein Zitat von Premier De Croo auf. Die nächsten zwei Wochen werden eine echte Herausforderung. Auch, weil die Hoffnung auf eine Rückkehr zu einem normalen Leben für viele mittlerweile nach dem kommenden Sommer liegt. Aber anstatt zu versuchen, die Regeln zu umgehen, sollten wir uns vor Augen halten, was wir erreicht haben: Belgien gehört mittlerweile zu den guten Corona-Schülern Europas. Und das ist in erster Linie dem gesunden Menschenverstand so vieler Landsleute zu verdanken. Das dürfen wir nicht einfach so wegwerfen.
Gazet van Antwerpen begrüßt die stärkere Kontrolle und Durchsetzung der bestehenden Regeln. Nur, wenn gegen Regelbrecher vorgegangen wird, kann man die Menschen motivieren, sich an die Vorgaben zu halten. Und Premier De Croo und Gesundheitsminister Vandenbroucke haben Recht: Wir haben die Corona-Kurve schon mal nach unten gebracht, das schaffen wir auch ein weiteres Mal. Egal, wie müde wir sind, wie sehr wir die Nase voll haben, wie gerne wir normal feiern würden - wir wissen, was zu tun ist. Lassen Sie es uns dann auch tun.
Die nächsten zwei Wochen legen den Kurs für 2021 fest
Die Corona-Apathie vieler Menschen ist verständlich, kommentiert Het Belang van Limburg. Aber jetzt ist wirklich nicht die Zeit, um die Regeln in den Wind zu schlagen. Und keiner soll mehr sagen, er sei nicht ausdrücklich gewarnt worden, wenn er dabei erwischt wird, wie er die Schutzmaßregeln missachtet. Unser Verhalten in den kommenden Wochen legt den Kurs für 2021 fest. Allerdings ist das Problem bei den Ankündigungen des Konzertierungsausschusses wie so oft die Frage, wie das eigentlich umgesetzt werden soll. Denn es ist natürlich unmöglich, das alles wirklich gewissenhaft und umfassend zu kontrollieren. Und irgendwann kann dann doch die Frage auf dem Tisch liegen, die jeder Politiker scheut: Wäre ein kurzer, strenger, allgemeiner Lockdown nicht viel effizienter als der halbgare Zustand, den wir jetzt haben?
Auch Het Laatste Nieuws findet die Entscheidungen vielleicht etwas mager. Gerade angesichts der in vielen flämischen Provinzen zweistelligen Zunahmen bei den Neuinfektionen. Es ist nachvollziehbar, dass der Premier und die Experten hoffen, dass die Weihnachtsferien als "natürlicher Puffer" wirken und das Virus bremsen werden. Aber wird diese Hoffnung reichen? Und kann man die Menschen motivieren, sich ausreichend an die Regeln zu halten? Man kann es wirklich nur hoffen.
La Libre Belgique hofft derweil darauf, dass dieses Mal auch alle politisch Verantwortlichen hinter den Entscheidungen des Konzertierungsausschusses stehen und die übliche Kakophonie ausbleibt. Die Belgier haben verstanden, dass die Corona-Situation gefährlich bleibt. Und dass jede Lockerung teuer bezahlt werden muss. Deswegen ist es so essentiell, die dritte Welle zu verhindern. Und wir haben das in der Hand. Wenn wir das neue Jahr nicht mit der gleichen Bitterkeit und Angst beginnen wollen, die wir nur allzu gut aus dem jetzt zu Ende gehenden Jahr kennen, haben wir keine andere Wahl, als uns wie verantwortungsvolle Bürger zu verhalten.
Ein zu transparenter Tweet mit Folgen
Ein anderes Thema, das verschiedene Zeitungen in ihren Leitartikeln aufgreifen, ist der Fauxpas von Eva De Bleeker, der Staatssekretärin für Verbraucherschutz. Die hatte auf Twitter die geheimen Corona-Impfstoff-Preise veröffentlicht. Und damit für ziemlich viel Wirbel gesorgt. Nichts gegen Transparenz, kommentiert dazu das GrenzEcho. Aber manches Hinausposaunen von Interna hat mehr mit Dummheit zu tun. Wenn die EU-Kommission im Namen der Mitgliedsstaaten um bessere Preise für Impfstoffe feilscht, dann ist Vertraulichkeit das Gebot der Stunde.
De Standaard hingegen findet die Kritik an De Bleeker zumindest teilweise scheinheilig. Eigentlich sind diese geleakten Informationen nämlich eine gute Nachricht für den Kampf gegen Corona. Wir stehen kurz vor dem Beginn der Impfkampagne und da braucht es bei den Menschen so viel Vertrauen wie möglich. Dieses Vertrauen kommt nicht von allein. Und gerade die Pharmabetriebe haben in dieser Hinsicht in der Vergangenheit schon viel Kredit verspielt.
Auch Le Soir findet, dass Transparenz eine unabdingbare Vorbedingung ist, damit die Menschen sich impfen lassen. Natürlich gibt es auch gute Gründe für Geheimhaltungsklauseln. Aber die müssen dann auch erklärt und gerechtfertigt werden. Wie sonst soll man die vielleicht etwas wirre Idee aus den Köpfen der Menschen bekommen, dass hier vielleicht doch die Katze im Sack gekauft wird? Es steht zu viel auf dem Spiel, um auch nur die kleinsten Zweifel entstehen zu lassen.
Boris Schmidt