"Beirut, die Apokalypse", titelt Le Soir. "Explosionen verwüsten Beirut", so die Schlagzeile von De Tijd. "Beirut wird von einer enormen Explosion erschüttert und versinkt im Chaos", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins.
Schier unglaubliche Bilder gestern in Beirut: Nach einer noch vergleichsweise kleinen Explosion gab es eine zweite, viel gewaltigere, die buchstäblich alles hinwegfegte. Der Knall war anscheinend bis Zypern zu hören, 250 Kilometer entfernt. Der Hafen der libanesischen Hauptstadt wurde quasi völlig zerstört. Weite Teile der Stadt erinnern an ein Kriegsgebiet. Die Zahl der Opfer ist gewaltig. L'Echo spricht von "dutzenden Toten"; rund 3.000 Menschen wurden verletzt. Erste Ermittlungen deuten darauf hin, dass eine große Menge Ammoniumnitrat explodiert ist. Die Substanz wird unter anderem bei der Herstellung von Kunstdünger verwendet.
Politikerin von Partner ermordet
In Belgien sorgt derweil ein "hässlicher Mord" für Bestürzung, wie es La Dernière Heure formuliert. "Sie hat leidenschaftlich gelebt; gestorben ist sie nach einer Beziehungstat", titelt Het Laatste Nieuws. Die Rede ist von der CD&V-Politikerin Ilse Uyttersprot, die unter anderem mal Bürgermeisterin von Aalst war. Die 53-Jährige war gestern in der Wohnung ihres Lebensgefährten tot aufgefunden worden. Der hat sich auch den Behörden gestellt; der 49-Jährige gilt als dringend tatverdächtig. "Der Mörder war schon wegen häuslicher Gewalt verurteilt worden", schreiben Het Nieuwsblad und Gazet von Antwerpen auf Seite eins. Wohl auch deswegen setzt De Morgen das Drama in einen breiteren Kontext: "Wieder war eine Frau das Opfer", titelt das Blatt und spricht von einem Femizid. Und das ist schon mindestens der 13. in diesem Jahr.
Ilse Uyttersprot war in Aalst sehr bekannt und sehr beliebt. "Sie war eine aus dem Volk", schreibt De Standaard.
Häusliche Gewalt ein weit verbreitetes Problem
"Sie war unsere Ilse", bemerkt auch Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Die Aalster Altbürgermeisterin war stur, sie nahm kein Blatt vor den Mund, zugleich aber war sie witzig und charmant. Wie ihre Heimatstadt war sie nicht unumstritten. Unsere Ilse eben. Diesen Ehrentitel hatte sie sich endgültig verdient durch ihren Umgang mit dem peinlichen Filmchen, das vor einigen Jahren aufgetaucht war. Trotz der doch pikanten Bilder reagierte sie mit Selbstironie und Schulterzucken. Ilse wird immer ein bisschen die Bürgermeisterin von Aalst bleiben. Schade, dass man ihr wegen der Corona-Krise keinen angemessenen Abschied bereiten kann.
Dieses menschliche Drama lenkt den Scheinwerfer auf eine ansonsten oft unterbelichtete Problematik, meint De Morgen. Die Rede ist von häuslicher Gewalt. Die mit Abstand größte Opfergruppe, das sind Frauen. Es wird höchste Zeit, dass die in diesem Rahmen verübten Tötungsdelikte, Femizide genannt, zu einem eigenständigen Strafbestand werden. Femizide müssen als solche betrachtet und entsprechend ernst genommen werden. Nur so kann man ähnliche Tragödien verhindern.
Reiseampel weiter Reizthema
Einige Zeitungen kommen nochmal zurück auf den Knatsch um die sogenannte Reiseampel. Vor allem die Tatsache, dass die Farbcodes für einige Länder oder Regionen zu oft beziehungsweise zu schnell verändert worden waren, hatte für allgemeine Kritik gesorgt. Zur Rechtfertigung hatte der zuständige MR-Außenminister Philippe Goffin angegeben, dass er sich darauf beschränke, die Empfehlungen der Experten der Arbeitsgruppe Celeval unkommentiert zu veröffentlichen.
Philippe Goffin macht es sich zu einfach, urteilt La Libre Belgique in ihrem Kommentar. Auf den ersten Blick ehrt es ihn vielleicht noch, wenn er nicht den Gesundheitsexperten ins Handwerk pfuschen will. Das darf ihn aber nicht daran hindern, deren Empfehlungen zumindest zu hinterfragen. Letztlich müssen nämlich die politisch Verantwortlichen für die ausgesprochenen Empfehlungen geradestehen. Die Politiker müssen sie darlegen, der Bevölkerung, aber auch den betroffenen Ländern gegenüber. Empfehlungen von Gesundheitsexperten sind, was sie sind: Empfehlungen. Für die Entscheidungen sind allein Politiker verantwortlich.
L'Echo sieht das genauso. Der ein oder andere Politiker scheint sich allzu gerne hinter den Wissenschaftlern zu verstecken. Umgekehrt hat man manchmal den Eindruck, dass die Experten ihre Meinung den Politikern fast schon aufzwingen wollen. Das Primat hat hier aber eindeutig die Politik. Die Schweizer Behörden haben sich schließlich auch ans Außenministerium gewandt, um ihr Befremden angesichts der belgischen Reisewarnung für die Kantone Wallis und Waadt zum Ausdruck zu bringen. Politiker können beziehungsweise sollten sich beraten lassen, entscheiden müssen sie selbst.
Keine Ambitionen ohne Visionen
Einige Blätter beschäftigen sich schließlich mit den jüngsten innenpolitischen Entwicklungen. Die beiden grünen Parteien wollen ja erstmal nicht der Koalition um die beiden Vorregierungsbildner Bart De Wever und Paul Magnette beitreten. Ecolo und Groen verlangen erst Nachbesserungen.
Alles andere wäre auch verwunderlich gewesen, analysiert sinngemäß L'Avenir. Es ist offensichtlich, dass die Grünen nur als Druckmittel dienen sollten, um die Liberalen aus der Reserve zu locken. Hinzu kommt: Wichtig für die Grünen ist nicht eine neue Staatsreform, sondern vielmehr eine wirkliche Zukunftsvision.
"Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen", bemerkt dazu Het Belang van Limburg. So zumindest wird der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt zitiert. Diese Haltung ist aber doch etwas zu pragmatisch. Bart De Wever und Paul Magnette wollen sich allein mit der sozialwirtschaftlichen Lage, dem Haushalt und einer Staatsreform beschäftigen. Das mag nicht unlogisch sein, nur würden damit Themen wie das Klima, die Mobilität oder die Energiepolitik außen vor bleiben. Eine Regierung ohne Visionen ist eine Regierung ohne Ambitionen.
Roger Pint