"Magnette droht, den Stecker zu ziehen", notiert Het Nieuwsblad auf Seite eins. "PS will lieber Neuwahlen, als weiter mit der N-VA zu verhandeln", titelt Le Soir. "Nationalbank plädiert dringend für einen Nothaushalt", so die Schlagzeile von De Tijd.
Ein Interview des PS-Vorsitzenden Paul Magnette und der Jahresbericht der Nationalbank sorgen neben Schlagzeilen auch für mehrere Kommentare. Sowohl in De Standaard als auch in Le Soir sagt Magnette, dass eine Annäherung seiner PS mit der N-VA auch nach über 50 Gesprächen nicht möglich scheint. Am Montag könnte das PS-Parteibüro das Ende dieser Gespräche beschließen.
Schlafwandelnd und ohne Haushalt den Neuwahlen entgegen
Die Nationalbank ihrerseits hat die Regierung zur Erstellung eines "Nothaushaltes" aufgefordert, um die Staatsverschuldung zu bremsen. Dazu kommentiert Le Soir: Plötzlich wird Belgien von gleich mehreren Seiten dazu aufgefordert, dringend etwas gegen seine Verschuldung zu tun. Nach dem Planbüro in der vergangenen Woche waren es gestern die Nationalbank und die EU-Kommission.
Belgien braucht einen Haushalt. Aber ein Haushalt – das bedeutet immer auch politische Entscheidungen. Wie soll das gelingen mit einer geschäftsführenden Regierung, die keine Mehrheit in der Kammer hat? Das ist die große Aufgabe, die es jetzt zu bewältigen gilt. Ein Nothaushalt hätte den Vorteil, dass man vorübergehend die Finanzen geregelt hätte, um etwas mehr Luft zu haben bei der Suche nach einer neuen Föderalregierung oder dem Organisieren von Neuwahlen, meint Le Soir.
Auch L'Echo plädiert für diesen Nothaushalt, fragt aber ebenfalls: Wie soll das gelingen? Wie soll man vorgehen, um eine Mehrheit für finanzpolitische Entscheidungen zu finden, die ein Nothaushalt benötigt? Klar ist nur: Irgendwie sollte es klappen, damit Belgien nicht anfängt, auszusehen wie Italien – Europas schlechtester Schüler in Sachen Budget, warnt L'Echo.
De Standaard hingegen betont: Ein Haushalt erfordert politische Entscheidungen. Er muss ideologisch untermauert sein. Dafür braucht es eine voll funktionsfähige Föderalregierung. Dass die Parteien eine solche Regierung immer noch nicht gebildet haben, ist rational aus der Sicht jeder einzelnen Partei verständlich. Aber dass wir schlafwandelnd Neuwahlen entgegentaumeln, ist unverantwortlich. Parteien, die auf das Szenario "Neuwahlen" setzen, hätten es verdient, bei diesen Wahlen historische Niederlagen zu erleiden, poltert De Standaard.
Het Laatste Nieuws scheint sich sicher: Neuwahlen werden immer wahrscheinlicher. Nur naive Parteien bereiten sich noch nicht auf dieses Szenario vor. Der Palast versucht noch mit allen Mitteln, Neuwahlen zu vermeiden – doch die Frage ist, wie lang er das noch kann. Unter der Hand zirkulieren auch schon erste Daten: 26. April, 10. Mai, 14. Juni ... – ein Parteivorsitzender sagte sogar schon, es werde mit Sicherheit September werden. Würde das dann heißen: zwei Jahre ohne richtige Regierung? Yes we can!, ätzt Het Laatste Nieuws.
FEB-Präsidentschaft und bessere Ausbildung
Het Nieuwsblad verkündet, dass der belgische Unternehmerverband FEB mit Bart De Smet einen neuen Präsidenten hat, und notiert: Die Qualität der Ausbildung strukturell zu verbessern, das ist eine der Prioritäten, die De Smet verfolgen will. Das ist bemerkenswert für einen Verband, dem es sonst mehr um Steuern und Investitionen geht. Auch Flanderns Bildungsminister Weyts will die Ausbildung ja verbessern. Das Problem ist nur: Weyts und De Smet haben unterschiedliche Vorstellungen. Weyts will mehr Wissen vermitteln. Die Unternehmer brauchen aber eher praktisch veranlagte und weniger hoch qualifizierte Arbeitnehmer, wie zum Beispiel Lkw-Fahrer, Mechaniker oder Putzkräfte. Diese Forderung muss ernst genommen werden, damit unsere Wirtschaft weiter brummt, unterstreicht Het Nieuwsblad.
Gazet van Antwerpen freut sich in diesem Zusammenhang, dass in Flandern jetzt die duale Ausbildung eingeführt worden ist, und begründet: Das ist eine tolle Möglichkeit, schulmüden Jugendlichen eine Perspektive zu geben. Praxisnah werden sie an einen Beruf herangeführt. Vielen entspricht das mehr, als nur die Schulbank zu drücken. Und Lehrern an den Schulen und Hochschulen verschafft das ein bisschen Luft zum Atmen, glaubt Gazet van Antwerpen.
Die angeschlagene Kanzlerin
Das GrenzEcho schaut nach Deutschland und sieht dort nach dem "Dammbruch von Erfurt" Bundeskanzlerin Merkel angeschlagen: Der Coup, Kramp-Karrenbauer über den Parteivorsitz in den Kanzlersessel zu hieven, ist fehlgeschlagen, führt die Zeitung aus. Das Image der "Klimakanzlerin" ist längst geschwärzt, viele sehen in ihr eher die "Kohlekanzlerin". Den Kontrollverlust durch die von ihr angeordnete Grenzöffnung für den Flüchtlingsstrom vom Balkan haben viele Deutsche ihr nie verziehen.
Das westliche Wertebündnis, als dessen letztes Bollwerk viele sie immer noch ansehen, muss einen Tiefschlag nach dem anderen hinnehmen. Und mit der von ihr favorisierten Globalisierung ist es auch nicht weit her. Merkel ist müde, ihre Waffen werden stumpfer. Dass Merkel noch nicht gefallen ist, liegt vor allem daran, dass niemand in Sicht ist, der das Vakuum füllen könnte, das sie ohne Frage hinterlässt, schlussfolgert das GrenzEcho.
Kay Wagner