"Tshisekedi auf offiziellem Staatsbesuch", titelt La Libre Belgique. "Wie Tshisekedi Kabila vergessen lassen will", heißt es bei De Morgen auf Seite eins.
Der kongolesische Staatspräsident Félix Tshisekedi wird heute zu einem mehrtägigen Staatsbesuch nach Belgien kommen. In ihrem Leitartikel ruft La Libre Belgique in Erinnerung: Es war eine große Farce, wie der Oppositionskandidat Tshisekedi Anfang des Jahres ins Präsidentenamt gehievt wurde.
Bei den Wahlen gab es viele Unregelmäßigkeiten. Die offiziellen Ergebnisse stimmen überhaupt nicht mit den Angaben der katholischen Kirche und den Bürgerbewegungen überein, die die Wahl beobachtet hatten. Der Kandidat des langjährigen Präsidenten Joseph Kabila spielte beim Wahlausgang keine Rolle. Aber die Partei von Kabila erreichte wie durch ein Wunder die absolute Mehrheit in Parlament und Senat.
Als Tshisekedi dann in seiner ersten Auslandsreise außerhalb Afrikas in die USA fuhr, wurde ihm ein offizielles Staatsbesuch dort verweigert. Fünf Monate später ist in Belgien alles anders. Sogar bis hin zum Königsdinner führen all die symbolischen Ehren, die Tshisekedi dank des Wohlwollens unserer Politiker zuteil werden. Schockierend, kritisiert La Libre Belgique.
Wieder ein Skandal bei Nethys?
Le Soir hat am Wochenende neue Ungereimtheiten bei der Lütticher Interkommunalen Enodia aufgedeckt, die bis vor kurzem Publifin hieß. Die Tochtergesellschaft Nethys hatte schon im Mai ohne Wissen von Enodia den Kabelanbieter Voo verkauft. Heute berichtet Le Soir, dass gleichzeitig auch der Informatikdienstleister Win verkauft wurde. Und zwar an ein neu gegründetes Unternehmen, das von den Nethys-Verwaltungsratsmitgliedern François Fornieri und Stéphane Moreau geleitet wird.
Le Soir regt sich auf. "Das ist ungeheuerlich!" Anscheinend hören die Skandale bei Nethys nicht auf. Die Selbstbedienung bei der Lütticher Interkommunalen und damit bei öffentlichen Einrichtungen geht weiter.
Zentral ist dabei immer noch Stéphane Moreau, der große Strippenzieher beim Nethys. Natürlich hatte er jetzt auch wieder eine 200-seitige PowerPoint-Präsentation bereit, um dem Enodia-Verwaltungsrat zu erklären, dass alles legal und mit rechten Dingen zugegangen ist. Aber es bleibt dabei: Es ist ein Skandal.
Bei Proximus hat es 15 Tage gedauert, bis dass die Chefin Dominique Leroy jetzt vorzeitig im Interesse des Unternehmens ihren Platz räumt, weil sie ja im Dezember einen neuen Arbeitgeber hat. Bei Nethys hat sich auch nach drei Jahren nichts geändert. Wann hört das endlich auf?, fragt empört Le Soir.
Streit oder Siegermentalität
Het Laatste Nieuws kommt auf das aktuelle Wahlbarometer zurück, das am Wochenende von mehreren Zeitungen veröffentlicht worden war und führt aus: Für Flandern sind die Zahlen fast schockierend. Die N-VA verliert zehn Prozent, die CD&V nochmal drei und die SP.A verschwindet fast in der Bedeutungslosigkeit.
Jeder Vierte Flame würde heute den Vlaams Belang wählen. Der wäre damit die stärkste Partei – und der Höhenflug könnte sich durchaus fortsetzen. Denn in Flandern steht eine Neuauflage der bisherigen Schwedischen Koalition an.
N-VA, OpenVLD und CD&V hatten sich bislang durch ihre Streitigkeiten untereinander ausgezeichnet. Wenig lässt darauf hoffen, dass das jetzt anders wird. Sollten die Streitigkeiten tatsächlich weitergehen, steht der Sieger der Wahlen in fünf Jahren bereits fest, ist sich Het Laatste Nieuws sicher.
De Standaard notiert zum gleiche Thema: Zwei Möglichkeiten gibt es für die drei Parteien, die gerade eine neue flämische Regierung bilden, auf dieses Wahlbarometer zu reagieren. Entweder verkrampfen sie jetzt und versuchen wie in der Vergangenheit, ihr jeweils eigenes Profil zu schärfen. Dann wird Streit auch die neue Regierung prägen.
Oder sie sehen die Bedrohung des Vlaams Belang als Motivation, gemeinsam eine Siegermentalität zu entwickeln. Gute Politik für Flandern wäre dann das Ergebnis. Und das würden die Wähler bei den nächsten Wahlen sicher belohnen, glaubt De Standaard.
Der Blick nach vorne
L'Avenir kommentiert zum Fest der Wallonie: Politisch war die Botschaft aus Namur in diesem Jahr klar: Die Wallonie muss ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen. Ob Jean-Claude Marcourt, Philippe Destatte oder Elio Di Rupo – alle sagten es, alle in etwas anderen Worten. Endlich, könnte man sagen.
Und wahrscheinlich fußt diese Erkenntnis bei den Politikern darauf, dass sie merken, dass bald kein Geld mehr aus Flandern fließen wird, so L'Avenir.
Het Nieuwsblad schreibt zu den Perspektiven für eine neue Föderalregierung: Es scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Das Wochenende hat erste Signale aus dem Süden des Landes geliefert, dass Gespräche mit der N-VA vielleicht doch möglich sein könnten.
Sowohl PS-Schwergewicht Jean-Claude Marcourt als auch Jean-Luc Crucke für die MR äußerten sich in diese Richtung. Selbst ein Elio Di Rupo machte Andeutungen. Das ist jetzt kein Tor, das sich geöffnet hat. Eher ein kleiner Türspalt, doch immerhin ist Tauwetter zu erkennen.
Allerdings wird die PS bald wahrscheinlich von Paul Magnette geführt werden. Der vertritt eine andere Haltung gegenüber der N-VA: Von einer Zusammenarbeit von PS und N-VA kann noch lange nicht die Rede sein, weiß Het Nieuwsblad.
Kay Wagner