"Der schlechteste Börsentag des Jahres", titelt Het Laatste Nieuws. "Die Krise zwischen den USA und China erschlägt die Märkte", so die Schlagzeile von L'Echo. "Trump attackiert erneut China und sorgt damit für Unruhe an den Börsen", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins.
Der Bel20-Index ist am Freitag um 3,1 Prozent eingebrochen. Acht der 20 höchstnotierten Unternehmen an der Brüsseler Börse schnitten zum Teil noch viel schlechter ab. Die belgische Niederlassung der ING-Bank etwa stand sogar mit sechs Prozent im Minus. Hintergrund ist wohl der neue Vorstoß von US-Präsident Donald Trump. Der hatte am Donnerstag den bislang geltenden "Waffenstillstand" gebrochen und eine neue Runde im Handelskrieg mit China eingeläutet. Demnach wollen die USA ab September zusätzliche Strafzölle auf chinesische Importe verhängen. Konkret: Zehn Prozent auf dem Handelsvolumen von 300 Milliarden Dollar, die bislang von den Strafmaßnahmen ausgenommen waren. La Libre Belgique stellt sich auf ihrer Titelseite die Frage, ob Trump da einen konkreten Plan verfolgt: "Was will Donald Trump?"
Das gefährliche Spiel des Donald Trump
In ihrem Leitartikel liefert La Libre die Antwort: "Es ist ein zynisches Kalkül." Für Donald Trump gibt es nur einen politischen Leitfaden: seine eigene Agenda. Und darin geht es natürlich um seine Interessen und damit automatisch um die Präsidentschaftswahlen 2020. Trump ist bereits voll und ganz im Wahlkampfmodus. Das zeigen zum Beispiel auch seine wiederholten Attacken auf die US-Notenbank. Offensichtlich will Trump die Währungshüter dazu bringen, den Leitzins weiter zu senken. Das alles mit nur einem Ziel: Er will in einigen Monaten als der "Retter der Nation" dastehen.
"Trump strikes again", stellt ihrerseits De Tijd in ihrem Kommentar fest. Trump schlägt wieder zu. Mit einem einzigen Tweet hat der US-Präsident weltweit die Börsen doch ziemlich nervös gemacht. Trump hat also wieder drohende Worte an Beijing gerichtet. Dass die Handelsgespräche zwischen den beiden Ländern gerade erst wieder aufgenommen worden waren, das scheint ihn dabei nicht zu stören. Hinzu kommt: Die chinesische Seite hat längst demonstriert, dass sie sich dadurch nicht beeindrucken lässt. Die Kollateralschäden sind ihrerseits beträchtlich. Mit seinen Tweets gegen China und gegen die amerikanische Notenbank beeinflusst er die Finanzmärkte, setzt Währungshüter unter Druck, schafft er Unsicherheit für Anleger und Unternehmen. Und das in Amerika und auch im Rest der Welt. Die Frage ist, ob er dabei wirklich die Interessen der amerikanischen Wirtschaft und US-Bürger vor Augen hat, oder ob es ihm hier lediglich um sein Ego geht.
Beide Zeitungen sind sich im Übrigen einig: Trump spielt hier ein gefährliches Spiel, das inzwischen auch außer Kontrolle geraten könnte. Und die Gefahr ist nicht klein, dass Trump hier sein Blatt überreizt.
Armutszeugnis für die belgischen Banken
Auch auf Seite eins von Het Nieuwsblad geht es am Samstag um Geld: "4,2 Milliarden Euro an Spargeldern sind verdampft", schreibt das Blatt. Schuld sind hier die anhaltend niedrigen Zinsen. Im Regelfall beläuft sich die Rendite auf Sparkonten nur noch auf die gesetzlich vorgeschriebenen 0,11 Prozent. Demgegenüber liegt die Inflation aber bei 1,6 Prozent auf Jahresbasis. Im Klartext: Die Inflation ist wesentlich höher als der Ertrag der Sparkonten. Sprich, wer Geld auf der Bank hat, der verliert unterm Strich.
Apropos: Der Chef von ING Belgien hatte am Freitag an den Staat appelliert, den gesetzlichen vorgeschriebenen Mindestzinssatz von 0,11 Prozent fallen zu lassen. Er plädierte für eine Rendite von satten null Prozent. Wenn es sein Ziel war, aufzufallen und an Sichtbarkeit zu gewinnen, dann ist ihm das gelungen, findet die Wirtschaftszeitung L'Echo. Doch tatsächlich ist es so, dass der ING-Manager nur das laut sagt, was ein Großteil der Branche denkt. Das macht die Forderung aber nicht realistischer. Es dürfte wohl keinen Politiker geben, der eine derartig unpopuläre Maßnahme unterstützen würde. Ganz ehrlich: Das Plädoyer für einen Zinssatz von null Prozent ist eigentlich ein Armutszeugnis. Im Grunde gibt die Bankenwelt zu, dass sie mit dem zugegeben derzeit schwierigen Marktumfeld nicht wirklich umgehen kann.
"Dilemma für De Wever"
Viele flämische Zeitungen stellen sich natürlich auch die Frage, mit welcher Konstellation N-VA-Chef Bart De Wever denn am Ende in See stechen wird. An diesem Wochenende soll der flämische Regierungsbildner entscheiden, mit welchen Parteien er Koalitionsverhandlungen aufnehmen will. Es gilt als ausgemacht, dass die N-VA den Vlaams Belang fallen lassen wird. Die liberale OpenVLD gilt ihrerseits als gesetzt. Offen ist nur noch, wer der dritte Partner sein könnte: die CD&V oder die SP.A.
De Morgen sieht noch ein anderes "Dilemma für De Wever": Wird er der nächste flämische Ministerpräsident? Oder bleibt er doch in Antwerpen? De Wever hatte sich ja vor der Wahl ausdrücklich als "Ministerpräsidentenkandidat" in Stellung gebracht. Den Antwerpenern hatte er ein Jahr zuvor aber versprochen, die vollen sechs Jahre sein Bürgermeister-Mandat durchzuziehen. Am Freitag hatte die Zeitung Het Nieuwsblad jedenfalls schon spekuliert, dass am Ende doch N-VA-Schwergewicht und Ex-Innenminister Jan Jambon der nächste flämische Ministerpräsident werden könnte.
"Endlich geht es mal um den Inhalt", freut sich in jedem Fall De Standaard. Ob nun eine "schwedische" oder "burgundische" Koalition, wir werden hoffentlich in den nächsten Tagen konkret über die Politik der nächsten fünf Jahre debattieren. An Herausforderungen mangelt es wahrlich nicht. Flandern braucht eine ehrgeizige Klimaschutzpolitik, die zugleich die Wirtschaft nicht in Gefahr bringen und auch nicht die sozial Schwachen bestrafen darf. Vor allem aber muss man mit der Vergangenheit brechen: Keine permanenten Streitereien mehr, sondern Tatkraft. Nur so kann die Politik zeigen, dass sie wirklich an der Zukunft der Flamen arbeitet.
Roger Pint