"Bart De Wever will Renteneintrittsalter weiter erhöhen", titelt Het Nieuwsblad. "De Wever will Rente noch später als 67 Jahre", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. "Bart De Wever: Länger leben heißt länger arbeiten", so die Schlagzeile bei De Morgen.
N-VA-Chef Bart De Wever hat im flämischen Fernsehen eine mögliche Erhöhung des Renteneintrittsalters über 67 Jahre gefordert. Wenn die Menschen immer älter würden, müsse auch das Renteneintrittsalters weiter steigen. Ansonsten sei das System nicht zu bezahlen, argumentiert De Wever.
Schade um eine sinnvolle Debatte
Ihre Leitartikel widmen die Zeitungen allerdings anderen Themen. Viele Aspekte der anstehenden Wahlen werden dabei aufgegriffen. De Morgen beschäftigt sich mit der Gemütslage der flämischen Grünen und beobachtet: Die Grünen kommen aus dem Fluchen gerade nicht mehr heraus. Schon seit Wochen werden sie für unterschiedliche Punkte ihres Wahlprogramms angegriffen, aktuell für ihr Vorhaben der Vermögenssteuer. Menschen, die ein paar teure Rotweinflaschen im Keller liegen haben, sollen dafür zur Kasse gebeten werden, spotten die politischen Gegner. Groen antwortet darauf mit dem Schlagwort "Fake News". Schade, dass die Debatte um die Vermögenssteuer so flach ist. Denn intellektuell macht sie ja durchaus Sinn. Eine Verlagerung der Besteuerung von Arbeit auf Vermögen bietet einige Vorteile. Darauf weist sogar der Internationale Währungsfonds hin. Doch in Wahlkampfzeiten stoßen rationale Argumentationen halt auf ihre Grenzen, bedauert De Morgen.
Auch Het Nieuwsblad bemerkt: Bei Groen liegen die Nerven gerade blank. Das merkt man am besten an den Parteispitzen Almaci und Calvo: Sie reagieren bissiger als sonst. Die ständigen Attacken auf ihr Wahlprogramm machen den Grünen sichtlich zu schaffen. Jetzt haben sie einen eigenen Wahl-O-Maten gestartet. Der soll zeigen: So vollkommen anders, als die anderen Parteien, sind wir bei Groen nicht. Aber was ist das denn für ein Zeichen? Ein Wahlkampf lebt doch dadurch, zu zeigen, dass man anders ist als alle anderen. Die Art und Weise, wie die Grünen ihren ja schon längst vorbereiteten Wahl-O-Mat jetzt verkaufen, ist ein Zeichen ihrer Panik, analysiert Het Nieuwsblad.
Unverbindlicher Fingerzeig
De Standaard beschäftigt sich mit einem Expertenbericht, den die Bewegung "Youth for Climate" im Auftrag gegeben hatte. Er sollte darstellen, welche Maßnahmen getroffen werden müssten, um eine gute Klimapolitik zu führen. Überraschendes steht nicht in dem Bericht, notiert De Standaard. All die bekannten Dinge halt, von denen man weiß, dass wir sie tun sollten. Außerdem schreiben die Wissenschaftler nichts darüber, wie viel das kosten wird. Doch der Bericht hat noch ein ganz anderes Problem, den er mit allen Berichten von Experten teilt: Er stellt zwar viele Forderungen an die Politik, aber zum Handeln kann der Bericht keinen zwingen. Dafür müsste man die Experten wählen können. Oder auch die Bewegung Youth for Climate. Das aber geht nicht, stellt De Standaard fest.
Het Belang van Limburg meint: Der Bericht ist voll von guten und notwendigen Maßnahmen, die nur im Zusammenspiel den gewünschten Effekt erzielen. Rosinenpicken ist nicht angesagt, warnen die Wissenschaftler. Doch genau das steht zu befürchten, wenn die Politiker den Bericht auswerten würden. Das ist aber ohnehin fraglich. Immerhin eine Forderung sollte sich die künftige Regierung aber zu Herz nehmen: nämlich die Schaffung eines Klimarats, der die Regierung beim Thema Klima berät. Das böte vor allem den Vorteil, dass die Regierung bei klimapolitischen Vorschlägen immer sagen könnte, dass sie wissenschaftlich begründet seien, so Het Belang van Limburg.
Glaubwürdigkeit der Experten und Politiker
Le Soir widmet sich dem Thema Strafvollzug und findet: Das ist ein vernachlässigtes Thema im aktuellen Wahlkampf. Der Mord an Julie Van Espen in Antwerpen hat ein wenig die Aufmerksamkeit darauf gerichtet: Hätte die Tat verhindern werden können, wenn der mutmaßliche Täter im Gefängnis gewesen wäre? Leider werden Reformen des Strafvollzugs nur unzureichend angepackt. Alle Alternativen zur reinen Gefängnisstrafe haben bislang keine überzeugenden Ergebnisse geliefert. Doch an diesem Thema muss weitergearbeitet werden, denn richtig gut verläuft der Strafvollzug in Belgien ja nicht. Die neue Regierung sollte sich unbedingt mit dem Thema auseinandersetzen, rät Le Soir.
Der deutsche Chemiekonzern Bayer ist wegen der schädlichen Nebenwirkung von Glyphosat, das im Pflanzenschutzmittel Roundup verwendet wird, in den USA erneut zu einer Milliardenstrafe verurteilt worden. Roundup wird von der US-Firma Monsanto hergestellt, die von Bayer vergangenes Jahr gekauft worden war. L'Avenir ärgert sich: Über Glyphosat hört man alles. "Glyphosat ist weniger krebserregend als rotes Fleisch", hat jetzt gerade erst noch der französische Senator Pierre Médevielle gesagt. Er hat in Frankreich an einem parlamentarischen Bericht über Glyphosat mitgewirkt. Dieser Äußerung steht das Gerichtsurteil in den USA diametral gegenüber. Und so ist es immer beim Thema Glyphosat. Die einen Experten sagen das eine, die anderen das andere. Und die Politik wiederholt das dann. Der Bürger schaut da längst nicht mehr durch. Konsequenz: Sowohl Experten als auch Politiker verlieren immer mehr an Glaubwürdigkeit, ärgert sich L'Avenir.
Kay Wagner