"Die Tornados sind auf dem Dach von Europa", titelt La Dernière Heure. "Gold auf der EM", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Die Tornados sind weiterhin aus Gold", so die Schlagzeile von Le Soir.
Auf der Leichtathletik-Halleneuropameisterschaft in Glasgow hat die 4x400-Meter-Staffel der Herren am Sonntagabend die Goldmedaille gewonnen. "Die Borlées reißen es mal wieder", schreibt dazu Het Laatste Nieuws. Die Staffel besteht ja aus den drei Brüdern Borlée, also Kevin, Jonathan und Dylan. Der vierte Mann ist derzeit Julien Watrain. "Es ist die fünfte Goldmedaille für die Staffel", bemerkt L'Avenir. Und die "elfte Medaille insgesamt", fügt Het Nieuwsblad hinzu.
Einige Zeitungen vergessen aber nicht eine weitere, sehr positive Überraschung bei der Hallen-EM: "Die Entdeckung Cynthia Bolingo holt Silber", schreibt zum Beispiel De Standaard. Die Sprinterin aus Brüssel hat im 400-Meter-Lauf am Wochenende einen hervorragenden zweiten Platz belegt. "Mit 26 erreicht Bolingo unerwartet ihre Spitzenform", fügt das Blatt hinzu.
Beängstigender Zwischenfall beim Karnevalsumzug
Auch für einige Inlandszeitungen ist heute Karneval. "Karneval", das Wort steht etwa heute groß auf Seite eins von Het Belang van Limburg. In der nördlichen Nachbarprovinz schwingen ja auch im Moment die Narren das Zepter.
Karneval wird aber auch in Aalst, westlich von Brüssel gefeiert. Beim gestrigen Umzug kam es aber zu einem beängstigenden Zwischenfall. Ein Mann hatte versucht, mit seinem Wagen in die Sperrzone um den Karnevalszug zu fahren. Das Auto hatte geschwärzte Kennzeichen. Auch deswegen fiel der Wagen schnell auf und konnte von der Polizei gestoppt werden. Ausgerechnet am Sonntag war De Morgen unterwegs mit der Polizei von Aalst. Titel der Aufmachergeschichte: "Kann man sich eigentlich auf einen Anschlag vorbereiten?"
"Ritterschlag" für "nützliche Idioten"
"Ist Viktor Orban zu weit gegangen?", fragt sich etwa La Libre Belgique auf Seite eins. Anlass für den neuen Ärger ist eine Plakat-Kampagne von Orbans Partei Fidesz. Zu sehen sind der ungarischstämmige amerikanische Milliardär George Soros und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Soros ist für Viktor Orban und seine Partei sozusagen der Inbegriff des Staatsfeinds.
Die verschwörerische Kampagne hat insbesondere bei den belgischen Zentrumsparteien ein Fass überlaufen lassen. CD&V und CDH haben formal ein Ausschlussverfahren gegen Fidesz beantragt. Konkret fordern sie den Rauswurf Orbans aus der Europäischen Volkspartei EVP. "Die Belgier sind die 'nützlichen Idioten' der Linken", reagierte trotzig der ungarische Ministerpräsident. Giftige Antwort vom ehemaligen CDH-Vorsitzenden Benoît Lutgen: "Von einem Dummkopf als Idiot bezeichnet zu werden, ist fast schon ein Ritterschlag", twitterte Lutgen sinngemäß.
"Orban kann bei alledem nur gewinnen", sagt derweil der Uni-Professor und EU-Experte Hendrik Vos in De Morgen. "Ob Orban jetzt aus der EVP fliegt oder nicht, dem ungarischen Ministerpräsidenten ist es egal. So etwas steigert nur noch seine Popularität", sagt der Genter Professor.
"Erst die Macht, dann die Moral"
"Das Ganze ist längst eine Frage der Ehre", meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Orban ist ja nicht seit gestern umstritten. Seit Jahren tritt er Grundrechte mit Füßen. Mit seiner neuesten, widerlich anti-europäischen Kampagne hat er jetzt eine rote Linie überschritten. Die EVP konnte sich ihrerseits bislang nicht zu einem Ausschluss von Fidesz durchringen. Klar, hier ging es auch und vor allem um Macht, da die zwölf Sitze von Fidesz die EVP im EU-Parlament noch stärker machten. Ab einem gewissen Moment müssen aber die Werte überwiegen. Und dieser Moment ist jetzt erreicht.
"Ja, doch, die EVP war immer prinzipientreu und konsequent. Hier ging es immer erst um die Macht, dann um die Moral", stichelt aber De Morgen. Seit Jahren höhlt der Herr Orban genüsslich den liberalen Rechtsstaat in seinem Land aus. Der Justiz werden Zügel angelegt, der Presse ein Maulkorb verpasst, selbst eine Universität muss Budapest verlassen. Für die EVP war all das offensichtlich kein Problem. Jetzt plötzlich aber, wo Orban es gewagt hat, den Christdemokraten Jean-Claude Juncker anzugreifen, jetzt plötzlich fallen die Schuppen von den Augen. Endlich! Endlich scheint die EVP begriffen zu haben, dass man nicht beides sein kann: europäisch gesinnt und zugleich mit Populisten verbündet.
Klimaschutzpolitik nicht nur mit repressivem Charakter
Le Soir beschäftigt sich in seinem Leitartikel einmal mehr mit dem Klimaschutz. Als eine schnelle und vergleichsweise effiziente Maßnahme wird da häufig eine spürbare Erhöhung der Preise für Flugtickets in den Raum gestellt. "Unlogisch ist das nicht", meint das Blatt. Es ist schlicht und einfach nicht normal, dass man Hin und Zurück nach Madrid 60 Euro zahlt, nach Marseille nur 36 Euro. Für die Luftfahrt gilt offensichtlich nicht das Verursacherprinzip nach dem Motto: Wer verschmutzt, der bezahlt.
Aber Vorsicht! Man darf hier das Pferd nicht von hinten aufzäumen. Klimaschutzpolitik darf nicht allein repressiven Charakter haben. Im vorliegenden Fall darf sie auch nicht zur Folge haben, dass Reisen am Ende nur noch einer privilegierten Oberschicht vorbehalten sind. Konkret: Wer die Preise für Flugreisen über eine Kerosinsteuer anhebt, der muss parallel dazu Zugreisen günstiger machen. Umweltschutz darf keinen bestrafen. Denn so überzeugt man niemanden.
Interessante Zahl schließlich auf Seite eins von Le Soir: "In Brüssel finden jährlich fast 1.000 Kundgebungen statt". Das sind im Durchschnitt fast drei pro Tag. Und das sind doppelt so viele wie noch vor acht Jahren. Oft geht es nicht um belgische Themen, häufig gibt es einen Bezug zur EU.
Roger Pint