"Theresa May erleidet vernichtende Brexit-Niederlage", titelt De Tijd. "May chancenlos bei Brexit-Abstimmung", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Und was nun, Großbritannien?", fragt De Standaard auf Seite eins.
Das britische Parlament hat gestern Abend den Austrittsvertrag mit der EU mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Wie es mit dem Brexit nun weitergehen wird, ist offen. Für die belgischen Zeitungen ist allerdings klar: Das Ergebnis von gestern ist eine Katastrophe.
La Libre Belgique führt aus: Das schlimmste aller möglichen Szenarien ist also eingetreten. Ein Brexit ohne Vertrag wird immer wahrscheinlicher. Wenn Großbritannien tatsächlich am 29. März die EU einfach so verlässt, wird das die bereits herrschende Unsicherheit vor wirtschaftlichen und geopolitischen Konsequenzen noch vergrößern, zeigt sich La Libre Belgique entsetzt.
De Tijd meint: Nach dieser historischen Niederlage von May zeigt sich das Kernproblem deutlicher als je zuvor. Die britische Politik ist hoffnungslos gespalten über die Art und Weise, wie der Brexit aussehen soll. Nur in einem Punkt scheinen sich die Politiker einig zu sein: Den aktuellen Vertragsentwurf wollen sie nicht. Es ist offen, was sie wollen. Es wird viel Kreativität nötig sein, um aus der jetzt schier ausweglos scheinenden Situation herauszukommen. Derweil sollten sich die politisch Verantwortlichen in Europa darauf einstellen, dass es keinen Vertrag geben wird. Die Notfallpläne dafür müssen jetzt aktiviert werden, rät De Tijd.
De Morgen schlägt vor: Es wäre jetzt an der Zeit, die Pause-Taste zu drücken. Die Europäische Union kann das durchaus – wenn sie will. Und in Großbritannien sollte man die Zeit dann dazu nutzen, Neuwahlen zu organisieren. Gleichzeitig zu den Neuwahlen sollte es eine neue Volksabstimmung geben mit der einfachen Frage: "Sind sie für oder gegen die Fortsetzung des Brexits?", so der Vorschlag von De Morgen.
L'Echo appelliert an die demokratische Tradition Großbritanniens und führt aus: Die britischen Politiker sollten jetzt mal ihre politischen Spielchen lassen und sich zusammenraufen. Es wäre an der Zeit, gemeinsam danach zu suchen, wie mit dem Willen des Volkes nach einem Brexit am besten umgegangen werden kann. Das wäre ein Zeichen von Reife, das allen Europäern gut tun würde, ist L'Echo überzeugt.
De Standaard betrachtet die Entwicklungen beim Brexit aus der historischen Perspektive und notiert: Kein anderes demokratisches Land in Europa hat es seit Ende des Zweiten Weltkriegs geschafft, durch den Beschluss der eigenen Bürger und das Handeln der eigenen Politiker so tief und komplett in einen so aussichtslosen Schlamassel gezogen zu werden. Und das alles nur, weil man mit aller Gewalt die eigene Macht und Souveränität wieder stärken wollte. Selbst die Aussicht auf einen ungeordneten Brexit konnte diesen Wahnsinn nicht stoppen. Wahrscheinlich müssen die Briten die Konsequenzen erst am eigenen Leib spüren, bevor sie zur Einsicht kommen, analysiert De Standaard.
Auch Het Nieuwsblad hält fest: Ursache für das ganze Chaos heute war die Sehnsucht nach verlorener Größe und Ruhm. Dabei hatte niemand eine Antwort auf die Frage, wie das konkret geschafft werden könnte. Nur ohne EU sollte es sein. Dass die Briten sich über das "Wie" nie Gedanken gemacht haben, müssen sie heute bezahlen, stichelt Het Nieuwsblad.
Warum in die Ferne schweifen...
Het Belang van Limburg meint: Wenn wir vor den Gefahren von Populismus warnen, dann schauen wir auf Länder wie Ungarn, Polen oder auch Italien. Aber das abschreckendste Beispiel für das, wozu Populismus führen kann, liegt viel näher, nämlich auf der anderen Seite des Kanals. Dort haben ein paar Volksbetrüger es geschafft, die Mehrheit der Briten so verrückt zu machen, dass sie von den Klippen von Dover gesprungen sind – in der Überzeugung, fliegen zu können, spottet Het Belang van Limburg.
Das "rote Tuch" tritt ab
L'Avenir beschäftigt sich mit dem angekündigten Rücktritt von Benoît Lutgen als Präsident der CDH und kommentiert: Eigentlich hätte Lutgen noch bis nach den Föderalwahlen im Amt bleiben können. Dass er jetzt schon abtritt, ist Kalkül. Ohne Lutgen eröffnet sich die CDH nämlich wieder die Möglichkeit, Koalitionen mit der PS einzugehen. Lutgen war für viele PS-Politiker zum roten Tuch geworden, als er im Juni 2017 den Stecker zog und die Koalition mit der PS in der Wallonie platzen ließ. Viele PS-Politiker werfen Lutgen persönlich Verrat vor. Mit einem anderen CDH-Präsidenten wäre die Personalie Lutgen als Hindernis für zukünftige Koalitionen aus dem Weg geräumt, konstatiert L'Avenir.
Eine schwere Last auf dem Verfassungsgericht
Le Soir notiert zum Kongo: Es wird immer deutlicher, dass das offizielle Wahlergebnis tatsächlich gefälscht wurde. Denn mittlerweile ist durchgesickert, dass der Oppositionskandidat Martin Fayulu mit rund 60 Prozent der Stimmen gewonnen hat. Der als Sieger ausgegebene Oppositionskandidat Félix Tshisekedi soll demnach nur 19 Prozent bekommen haben. Er passt dem herrschenden Regime aber besser. Auf dem Verfassungsgericht, bei dem Fayulu das Wahlergebnis angefochten hat, lastet nun eine schwere Verantwortung, weiß Le Soir.
Kay Wagner