"Die Kongolesen wählen trotz allgemeiner Unsicherheit", titelt L'Avenir. "Kongo: Wahlen der Gefahr", warnt Le Soir. "Joseph Kabila: Der Mann, der an der Macht bleiben will – komme, was wolle", so die Schlagzeile bei La Libre Belgique.
Viele Leitartikler richten heute ihren Blick auf den Kongo. Nachdem die Wahlen dort zwei Jahre lang immer wieder aufgeschoben wurden, sollen die Kongolesen nun am Sonntag an die Urnen gehen.
Die Abstimmung steht unter keinen guten Vorzeichen: Die Unregelmäßigkeiten häufen sich und diese Woche wies die Regierung von Joseph Kabila in Kinshasa den EU-Botschafter aus.
Dass die Wahlen nun endgültig angesetzt sind, liegt vor allem daran, dass die Verantwortlichen keine andere Wahl mehr hatten, schreibt Le Soir in seinem Kommentar.
Es ist für Kabila nicht mehr glaubhaft, ohne eine Abstimmung der Bevölkerung weiter an der Macht zu bleiben. Aber die chaotische und undurchsichtige Organisation der Wahlen nährt die Zweifel daran, ob diese fair und friedlich vonstattengehen werden.
Dabei hat sich in den vergangenen Tagen besonders in der Hauptstadt Kinshasa gezeigt, dass die Menschen die Hoffnung auf Demokratie nicht aufgeben wollen. Sollte sich am Ende herausstellen, dass die Wahl nur eine Farce war, könnten die Reaktionen heftig ausfallen, fürchtet Le Soir.
Zwischen Sorgen und Hoffnungen
De Standaard ist sich indes sicher, dass die Wahlen genau das werden sollen: eine Farce. Nicht zufällig ist die Wahl in drei Regionen des Landes aus fadenscheinigen Gründen auf nächstes Frühjahr verschoben worden: Es sind drei Regionen, in denen die Opposition stark ist.
Belgien trägt die EU-Sanktionen gegen Akteure des Regimes in Kinshasa mit. Aus dem Blickwinkel der Menschenrechte ist das richtig. Aber auf geopolitischer Ebene stellen sich andere Länder wie China, die Türkei und Südafrika an, das zu tun, was Belgien und die EU unterlassen. Dabei haben viele Menschen im Kongo immer noch eine emotionale Bindung zu Belgien. Es braucht Dialog mit dem Kongo, damit wir versuchen können, die Situation zu verändern, fordert De Standaard.
Für L'Avenir wecken die Wahlen am Sonntag genauso viele Sorgen wie Hoffnungen: Kabila hat sicher noch nicht sein letztes Wort gesprochen. Drei Umfragen zufolge würde der von Machthaber Joseph Kabila auserwählte Kandidat nur 18 Prozent der Stimmen erhalten und damit hinter zwei Kandidaten der Opposition zurückbleiben. In diesem Licht erscheinen Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen nicht unwahrscheinlich.
Die große Mehrheit der Kongolesen will das desaströse Kapitel Kabila hinter sich lassen. Aber wenn Wahlen im Kongo auch immer Ausdruck der Hoffnung sind, führen sie doch meistens zu großer Unsicherheit, meint L'Avenir.
Make Assad great again
La Libre Belgique beschäftigt sich mit der Situation in Syrien: US-Präsident Donald Trump hat den Abzug der amerikanischen Truppen aus dem Land angekündigt. Er lässt damit die Kurden im Norden Syriens im Stich. Zwischen der Türkei und dem syrischen Regime haben sich die jetzt für das aus ihrer Sicht geringere Übel entschieden und Damaskus und seine russischen Verbündeten um Hilfe gebeten.
Am Freitag ist die syrische Armee zum ersten Mal seit sechs Jahren in den Norden des Landes vorgerückt. Ob gewollt oder nicht, Donald Trump hilft jetzt also der Regierung von Machthaber Baschar al-Assad: Mit der Unterstützung des Iran und Russlands gewinnt Damaskus die Kontrolle über Gebiete zurück, während sich die Lage für Ankara verschlechtert. Anstatt die Konfrontation mit den Kurden zu suchen, wäre Präsident Erdoğan jetzt gut beraten, mit Damaskus zu verhandeln, glaubt La Libre Belgique.
Der Schlussstrich des Kris Peeters
Auf nationaler Ebene steht ein Rückzieher von Kris Peeters im Fokus einiger Leitartikler: Der Vizepremierminister in der Regierung Michel war Spitzenkandidat der CD&V bei den Kommunalwahlen im Oktober in Antwerpen. Nach dem schlechten Ergebnis seiner Partei kündigte er nun an, doch nicht in den Gemeinderat einzuziehen. Er begründete diese Entscheidung damit, Platz für jüngere Parteikollegen machen zu wollen.
Doch Het Nieuwsblad ist überzeugt: Das ist schon ein bisschen Betrug am Wähler. Der Abgang war einkalkuliert und vorbereitet: In den Gemeinderat von Antwerpen wollte Peeters eigentlich nie. Auch Schöffe in einer Koalition mit der N-VA wollte er nicht werden. Nach dem Amt des Bürgermeisters zu streben, war ein Kamikazeakt, um in der belgischen Politik einen Fuß am Boden zu halten.
Die Partei zu verjüngen, war vielleicht auch ein Grund für Peeters' Rückzug, aber nicht der wichtigste: Auf der Oppositionsbank des Antwerpener Gemeinderats zu sitzen, wäre für einen ehemaligen flämischen Ministerpräsidenten wohl eine Strafe gewesen, stellt Het Nieuwsblad fest.
Peeters hat sich hiermit vor allem selbst einen Gefallen getan, meint Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Er setzt damit einen Schlusspunkt hinter einen zweijährigen Leidensweg. Er war nach Antwerpen gekommen, obwohl er die Stadt nicht gut kannte – er war zu lange in Brüssel gewesen. Es ist eine gute Nachricht, dass Peeters dieser misslungenen Geschichte ein Ende macht, findet Gazet van Antwerpen.
Peter Eßer