"Am Ende beruhigt Donald Trump dann doch seine Verbündeten", titelt L'Echo. "Die 44 Milliarden Euro, die nur Donald Trump sieht", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins.
Viele Zeitungen bringen zunächst Nachbetrachtungen zum zweitägigen NATO-Gipfel, der am Donnerstag in Brüssel zu Ende gegangen ist. US-Präsident Donald Trump hatte dabei gleich mehrmals "mit der Faust auf den Tisch gehauen", wie Het Laatste Nieuws es formuliert. Für ihn ging es einmal mehr ums Geld: Trump verlangt nachdrücklich, dass insbesondere die europäischen NATO-Mitglieder ihre Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes anheben; und das möglichst schnell. Plötzlich hatte Trump sogar vier Prozent in den Raum gestellt. Dabei soll er sogar mehr oder weniger unverhohlen mit einem Alleingang seines Landes in Verteidigungsfragen gedroht haben. Bei einer Krisensitzung signalisierten die Europäer Entgegenkommen. Trump jedenfalls erklärte, die anderen NATO-Mitglieder würden zusätzliche 44 Milliarden Euro in ihre Verteidigung stecken. Problem, bemerkt Het Laatste Nieuws: Die meisten Mitgliedsstaaten, darunter auch Belgien, ließen später verlauten, dass sie nicht die Absicht haben, noch mehr Geld in die Rüstung zu stecken.
"Die Methode Trump besteht aus Drohungen", analysiert L'Echo in seinem Leitartikel. Beim NATO-Gipfel hat er einen zweitägigen Husarenritt hingelegt. Einer gegen alle. Dabei zögerte er nicht, die 28 übrigen Staats- und Regierungschefs vor den Augen der Präsidenten von Georgien und der Ukraine zu demütigen. Das Ganze hat definitiv Spuren hinterlassen, seine Drohungen hatten eine tatsächliche psychologische Wirkung. Am Ende dürfte es für Trump aber nur ein Pyrrhussieg sein, gebaut auf dem Sand der Zeit.
Die NATO hat vielleicht eine Schlacht gegen Trump gewonnen, aber nicht den Krieg, glaubt Le Soir. Fürs Erste haben die NATO-Mitglieder den polternden US-Präsidenten offensichtlich noch einmal beruhigen können. Aber keine Sorge, es wird nicht lange dauern, dann erleben wir wieder genau das Gleiche. Gut, man muss ehrlich sein: Die USA tragen tatsächlich den Löwenanteil der Kosten der gemeinsamen Verteidigung. Und, ja, es gibt da auch Schwarzfahrer, die sich unter dem amerikanischen Schutzschirm befinden, ohne dafür angemessen zu zahlen. Eines sollten die USA aber nicht vergessen: Die NATO war für die Amerikaner immer eine lohnende Investition. Es waren letztlich auch die Europäer, die die USA zu der Weltmacht gemacht haben, die sie jetzt sind.
Wir müssen uns von Trump emanzipieren, fordert ihrerseits Gazet van Antwerpen. Klar: Sich unter dem schützenden Flügel der USA zu befinden, ist immer noch die bessere Option. Trotz ihres wankelmütigen Präsidenten sind die USA immer noch ein verlässlicherer Partner als das undemokratische China oder das imperialistische Russland, das schließlich immer noch die Krim besetzt hält. Dennoch sollten die Europäer ihre Abhängigkeit vom großen transatlantischen Bruder verringern. Und der beste Weg wäre ein gemeinsamer, koordinierter EU-Ansatz.
Hat in London die Wirklichkeit Einzug gehalten?
Apropos EU: "Theresa May gibt viel Wasser in ihren Wein", notiert La Libre Belgique heute auf ihrer Titelseite. Die britische Premierministerin hat ein sogenanntes Weißbuch vorgelegt, in dem sie die Leitlinien ihrer Regierung für den Ausstieg ihres Landes aus der EU definiert. Demnach soll es doch ein "softer" Brexit werden; Großbritannien würde also einen bedingten Zugang zum Binnenmarkt behalten. Doch ist längst nicht jeder glücklich mit diesen Plänen: Zwei Minister sind deswegen ja schon zurückgetreten. "Und auch die Londoner City ist besorgt über die Brexit-Pläne von Theresa May", bemerkt Le Soir auf Seite eins. "May stößt der City das Messer in den Rücken", so formuliert es De Standaard. Für den Finanzsektor ist dieser Brexit nämlich noch nicht soft genug.
In London scheint die Wirklichkeit Einzug gehalten zu haben, konstatiert La Libre Belgique. Offensichtlich beginnt man unausgesprochen zuzugeben, dass Großbritannien bei einem Brexit hundert Mal mehr zu verlieren hat, als man dabei gewinnen kann. Und weil man den Prozess nun mal nicht mehr stoppen kann, versucht man jetzt zumindest, den Schaden auf ein Mindestmaß zu begrenzen.
Illusionisten am Werk
Innenpolitisch sorgen derweil die jüngsten Haushaltszahlen weiter für Diskussionsstoff. Das sogenannte Monitoring-Komitee hat soeben seine neuen Prognosen vorgelegt. Nur gibt es inzwischen berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit des Expertengremiums. "Das Monitoring-Komitee wurde unter Druck gesetzt", sagt ein nicht genannter Spitzenbeamter in De Tijd.
Hier sind also Illusionisten am Werke, giftet Het Nieuwsblad. Wir wussten ja längst, dass wir in einem absurden Land leben. Der Gipfel ist aber erreicht, wenn die Regierung eine neutrale Instanz darum bittet, Zahlen zu berechnen, um diese dann zu verändern. So ist keine ernsthafte Haushaltsplanung möglich.
Raum für Nachbesserungen gibt es aber ohnehin nicht, sind sich De Tijd, De Morgen und De Standaard einig. In drei Monaten sind Kommunalwahlen. Entsprechend misstrauisch beäugen sich da auch die Regierungsparteien. Und das kann immer noch zu einem Betriebsunfall führen, warnt De Standaard. Es ist immer noch nicht auszuschließen, dass die Regierung doch noch stürzt – und wir am Ende im Oktober auch ein neues Parlament wählen.
Anstrich einer vierten Region
"Die Deutschsprachigen sind jetzt auch Herren ihres Bodens", schreibt schließlich Le Soir. Die Regierung in Eupen hat sich mit der Wallonischen Region auf eine Übertragung der Zuständigkeiten für Urbanismus und Raumordnung an die Deutschsprachige Gemeinschaft geeinigt. Mit im Paket sind auch der Wohnungsbau und die Energiepolitik. "Die Deutschsprachige Gemeinschaft bekommt den Anstrich einer vierten Region", so auch die Wahrnehmung von La Libre Belgique.
Das GrenzEcho beschäftigt sich in seinem Leitartikel vorrangig mit dem Bereich Wohnungsbau, genauer gesagt mit der damit verbundenen Aufspaltung der Wohnungsbaugesellschaft Nosbau. Veränderung geht mit Unsicherheiten einher; aber sie bietet auch immer Chancen, meint das Blatt. Am Ende muss aber bezahlbarer Wohnraum für mehr junge Familien in Ostbelgien stehen. Daran wird man die Regierungspolitik letztendlich messen.
Roger Pint