"Bei bpost verschwinden Hunderte Jobs", titelt De Morgen. Le Soir und De Tijd sind präziser: "bpost will sich von rund 500 Mitarbeitern trennen". Bpost hat einen neuen Umstrukturierungsplan angekündigt. In den sogenannten "Contact Centern" sollen bis zu 130 Arbeitsstellen abgebaut werden. Außerdem sollen alle Reinigungs- und Reparaturdienstleistungen ausgelagert werden. Für heute hatte die christliche Gewerkschaft CSC aber ohnehin schon einen Streik angekündigt.
Aber auch bei anderen Unternehmen hängt der soziale Haussegen schief. Proteste gibt es oder gab es etwa beim Discounter Lidl, beim Telekomanbieter Telenet und beim Bierbrauer AB InBev. Deswegen spricht Het Nieuwsblad auch auf seiner Titelseite von einer "Welle sozialen Unfriedens". "Es ist ein heißer sozialer Frühling", notiert auch Het Laatste Nieuws.
Kasperletheater
Auf fast allen Titelseiten sieht man auch den britischen Filmemacher Ken Loach. Der ist am Donnerstag von der Freien Universität Brüssel (ULB) mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet worden. Um das Ereignis war im Vorfeld eine Polemik entbrannt: Kritiker werfen dem engagierten Regisseur antisemitische Aussagen vor. Am Ende hatte sogar Premierminister Charles Michel ungewöhnlich deutliche Kritik an der Entscheidung der ULB geäußert.
"Ungeachtet der Polemik ehrt die ULB Ken Loach", notiert denn auch L'Echo auf Seite eins. Loach hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Er ging sogar in die Offensive: "Charles Michel, nehmen Sie Ihre Aussagen zurück!", zitiert ihn La Libre Belgique auf Seite eins.
"Ende gut, nicht alles gut", meint Le Soir in seinem Leitartikel. Immerhin verlief die Verleihung der Ehrendoktorwürde an Ken Loach ohne Zwischenfälle. Das war es aber auch schon. Man muss an dieser Stelle nicht wieder den Prozess gegen Ken Loach eröffnen; ehrlich gesagt, weil der Mann auch nicht wichtig genug ist. Die Debatte ließ dennoch tief blicken.
Normalerweise sucht man in einem solchen Fall eine Hintertür, die es jedem ermöglicht, erhobenen Hauptes aus der Geschichte herauszukommen. Im vorliegenden Fall haben sich aber beide Seiten hoch geschaukelt. Das erinnerte fast schon an ein Kasperletheater, bei dem die beiden Protagonisten immer wilder aufeinander eindreschen. Die wirkliche Tragweite der Malaise hat dabei niemand mehr erfasst.
Auch L'Avenir zieht ein nachdenkliches Fazit: Die ULB konnte eigentlich nicht mehr zurück. Und seien wir ehrlich: Eigentlich hätte sie der Vernunft abschwören müssen, nur um die Wogen zu glätten. Denn der schlagende Beweis für antisemitische Aussagen von Ken Loach, der fehlte nun mal.
Hier bewegt man sich auf einem schmalen Grat. Kritik am Staat Israel kann, wenn sie allzu kompromisslos geübt wird, tatsächlich antisemitische Züge annehmen. Man kann Ken Loach aber vorwerfen, zumindest unvorsichtig gewesen zu sein.
Der Premierminister hat dabei auch nicht die glücklichste Figur abgegeben, findet De Standaard. Seine Verurteilung von Antisemitismus konnte nur im Zusammenhang mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde an Ken Loach verstanden werden; schließlich sprach er ja ausdrücklich in seiner Eigenschaft als ehemaliger Student der ULB.
Damit hat er sich auf dünnes Eis begeben. Ein Premierminister darf moralische Werturteile fällen, nur sollten die wenigstens auf Fakten beruhen. Und im Fall Ken Loach sind die Grenzen da nicht so eindeutig zu ziehen. Man wird das Gefühl nicht los, dass Charles Michel hier vor allem wahlkampfpolitische Hintergedanken hatte.
Vertrauen oder nicht vertrauen?
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch heute noch mit offensichtlich neuen Entwicklungen im Fall der Killerbande von Brabant. Am Donnerstag hatten Ermittler in der Zeitung Het Laatste Nieuws angegeben, dass sie nicht mehr daran glaubten, dass der sogenannte "Riese" tatsächlich entlarvt worden sei. Ein ehemaliger Gendarm soll auf dem Sterbebett zugegeben haben, eben dieser "Riese", also ein Mitglied der Bande, gewesen zu sein.
Insbesondere für die Opfer und Angehörigen ist das ein erneuter Rückschlag, kann Het Nieuwsblad nur feststellen. Wieder ein Strohhalm, der wegbricht. Im Zweifel sollte man aber den Ermittlern vertrauen. Bis zum Beweis des Gegenteils sollten wir davon ausgehen, dass das im Übrigen neue Team seine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verrichtet.
Gazet van Antwerpen sieht das ganz anders: Warum sollten wir der Ermittlungsarbeit noch in irgendeiner Weise vertrauen?, fragt sich das Blatt. Warum etwa hat die Staatanwaltschaft nicht auf die Presseberichte reagiert und wenigstens mal den offiziellen Stand der Dinge dargelegt? Auf die Gefahr hin, dass ansonsten wieder irgendwelche Hypothesen ins Kraut schießen.
Oder haben wir es etwa hier wieder mit dunklen Intrigen zu tun? Oder sind hier Stümper am Werk? All das wäre leider auch nicht das erste Mal.
Rendezvous mit der Geschichte
"Historisches Treffen als Aufwärmer", so schließlich die Schlagzeile von De Morgen. Die Rede ist vom Treffen zwischen den Staatschefs von Nord- und Südkorea am Freitagmorgen. Dass es ein historisches Ereignis sein würde, das war aber auch bei Redaktionsschluss schon klar. "Die beiden Koreas haben ein Rendezvous mit der Geschichte", notiert auch La Libre Belgique.
Noch vor wenigen Wochen hatte man sich über den südkoreanischen Präsidenten Moon lustig gemacht, als er von einer möglichen Annäherung zwischen beiden Staaten träumte, konstatiert Het Belang van Limburg in seinem Kommentar. Moon hat Recht behalten.
Für den nordkoreanischen Diktator Kim ist der Triumph aber größer: Noch vor Kurzem ging er als der Führer eines Schurkenstaats durch. Jetzt hält er Einzug auf der internationalen Bühne. Und der spektakulärste Coup kommt ja erst noch beim voraussichtlichen Treffen mit US-Präsident Donald Trump im Juni. Man könnte meinen, in diesem Stück hätte Kim Jong-un von Anfang bis Ende Regie geführt.
rop/jp