"Chris B. ist doch nicht der Riese", titelt Het Laatste Nieuws. In den Ermittlungen im Zusammenhang mit der Killerbande von Brabant gibt es offensichtlich einen neuen Rückschlag. Noch vor rund einem halben Jahr konnte es so aussehen, als habe es über 30 Jahre nach der letzten Attacke der Bande endlich einen Durchbruch gegeben.
Demnach soll ein ehemaliger Gendarm auf dem Sterbebett ausgesagt haben, dass er Mitglied der Killerbande von Brabant gewesen sei; eben der Mann, der aufgrund seiner außergewöhnlichen Körpergröße "der Riese" genannt wurde. Damals hatte es geheißen, die Ermittler betrachteten diese Spur als vielversprechend.
Nach eingehender Untersuchung kommen sie jetzt aber offenbar zu einem anderen Schluss: "Eigentlich sind wir zu 99 Prozent sicher, dass dieser Chris B. nicht der Riese war", sagt einer der Ermittler in Het Laatste Nieuws. Leider könne man ja auch einen Toten nicht mehr verhören. Das Fazit der Zeitung De Morgen, die redaktionell mit Het Laatste Nieuws zusammenarbeitet: "Die SoKo 'Killerbande' glaubt nicht mehr an ihren Riesen".
Datenschutz und kranke Arbeitnehmer
"Selbst der Staat ist nicht vorbereitet auf die Umsetzung der neuen Datenschutzrichtlinie", so derweil die Aufmachergeschichte von De Tijd und L'Echo. Am 25. Mai tritt diese neue EU-Richtlinie in Kraft, die strengere Datenschutzregeln in der EU vorsieht.
Nach Erkenntnissen der beiden Wirtschaftszeitungen ist aber niemand so wirklich startklar, viele Unternehmen nicht, aber auch nicht die zuständigen staatlichen Stellen. Genau davor warne man schon seit zwei Jahren, sagt in De Tijd Willem Debeuckelaere, der Vorsitzende der Föderalen Datenschutzkommission.
Zugegeben, meint De Tijd in ihrem Leitartikel, die neuen Regeln sind sehr komplex. Allerdings hatten alle Beteiligten zwei Jahre Zeit, sich darauf einzustellen. Und es ist von tragender Bedeutung, dass der Umgang mit sensiblen privaten Informationen endlich klar geregelt wird. Jegliche Verzögerung ist gerade im Licht der jüngsten Datenskandale mit Sicherheit keine Option.
Dass aber sogar die zuständigen staatlichen Stellen noch nicht startklar sind, ist schwer nachvollziehbar. Wie soll man von Unternehmen etwas erwarten, wenn es der Staat selbst nicht einmal schafft.
"200.000 Arbeitnehmer sitzen jeden Tag krank zu Hause"; schreibt heute Het Nieuwsblad. Diese Zahl gilt nur für den Privatsektor; und sie war noch nie so hoch. Es ist vor allem die Zahl der Langzeitkranken, die steigt. Gemeint sind damit die Menschen, die mindestens ein Jahr ausfallen. Inzwischen gilt das für 85.000 Arbeitnehmer, immerhin drei Prozent.
Peterbos, Ken Loach und die Provinzen
Einige Zeitungen bringen Reportagen aus dem Peterbos-Viertel. Das Wohngebiet in der Brüsseler Stadtgemeinde Anderlecht steht seit einigen Tagen im Fokus, nachdem Jugendliche wiederholt wegen gewaltsamer Übergriffe aufgefallen waren. Die Polizei hat gestern massiv Präsenz gezeigt und den ganzen Tag lang in Peterbos Kontrollen durchgeführt.
"Die Botschaft ist deutlich: Die Polizei hat keine Angst", notiert dazu Het Laatste Nieuws. De Standaard kann seinerseits nur feststellen, dass es einen tiefen Graben gibt zwischen der Polizei und vielen Bewohnern des Viertels. Die Bürger von Peterbos fühlen sich stigmatisiert. "Unsere Kinder leiden hierunter", sagt ein Mann über die inzwischen die täglichen Kontrollen.
"Charles Michel schaltet sich ein in die Debatte über Ken Loach", titelt Le Soir. Der britische Filmemacher soll am Donnerstag an der Freien Universität Brüssel (ULB) mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet werden. Dem Regisseur wird aber vorgeworfen, wiederholt antisemitische Aussagen gemacht zu haben. Vor diesem Hintergrund hatte es in den vergangenen Tagen Proteste vonseiten jüdischer Organisationen gegeben, aber auch von Professoren, die die Entscheidung ihrer Universität nicht nachvollziehen können.
Bei einer Rede in der Großen Synagoge von Brüssel machte Premier Charles Michel gestern klar: In puncto Antisemitismus darf es keine Grauzonen geben; jegliche Form von Antisemitismus ist inakzeptabel; und das gilt auch für die Uni, die er selbst besucht hat. Eben die ULB.
In seinem Leitartikel beschäftigst sich Le Soir mit der Zukunft der Provinzen. Dies unter anderem mit Blick auf die Wahlen vom 14. Oktober. Werden die Provinzen in etwas mehr als zehn Jahren ihr 200-jähriges Bestehen feiern können?, fragt sich das Blatt. Fakt ist: Viele würden die Institution am liebsten schon morgen verschwinden lassen.
Spätestens seit der Regionalisierung des Landes wirken die Provinzen wie ein Relikt aus alten Zeiten. Neue wissenschaftliche Studien deuten aber darauf hin, dass eine Abschaffung gar nicht so einfach wäre. Ein Grund dafür ist, dass die Provinzen aktiver sind, als es vielleicht aussehen könnte. Das Fazit von Le Soir: Man sollte die Provinzen modernisieren, aber nicht abschaffen.
Pressefreiheit in Europa: "gut" bis "sehr gut" – noch...
De Morgen kommentiert den neuen Jahresbericht der Vereinigung "Reporter ohne Grenzen", die den Zustand der Pressefreiheit in der Welt bewertet hat. Europa steht da im internationalen Vergleich immer noch "gut" bis "sehr gut" da. In diesem Jahr verzeichnet die Organisation aber einen neuen, besorgniserregenden Trend. Zitat: "Der traditionelle europäische Freihafen für journalistische Freiheit ist in Gefahr." Reporter ohne Grenzen denkt da vor allem an die Slowakei, Ungarn oder auch Tschechien.
In Belgien hält sich die Hetze gegen die Medien noch in Grenzen, meint die Zeitung. Zum Glück! Doch muss man feststellen, dass auch hierzulande Politiker regelmäßig aggressive Tweets auf die Presse abfeuern. Oder sich weigern, mit bestimmten Presseorganen zu sprechen.
Besorgniserregend ist aber vor allem, dass belgische Spitzenpolitiker auf der internationalen Bühne nicht die Stimme erheben, eben gegen Leute wie den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Ein bisschen mehr Mut wäre hier willkommen.
rop/jp