"Schicksalhaftes Referendum für die Zukunft der Türkei", schreibt L'Écho auf Seite eins. "Die Volksbefragung, die die absolute Macht des türkischen Präsidenten Erdogan legalisieren soll", titelt La Libre Belgique.
Am Sonntag findet in der Türkei das mit Spannung erwartet Verfassungsreferendum statt. Dabei geht es im Wesentlichen um eine erhebliche Ausweitung der Machtbefugnisse des türkischen Präsidenten. Damit würde de facto jegliches Gegengewicht ausgeschaltet, der Präsident könnte fast uneingeschränkt regieren. Der Ausgang der Wahl gilt als offen. Die Polarisierung innerhalb der Gesellschaft ist erheblich, die Spannungen groß. Und das dürfte auch nach dem Referendum so bleiben. "Selbst, wenn Erdogan gewinnt, werden wir uns dem nicht beugen", sagen Türken auf Seite eins von De Standaard. Umgekehrt steht auf Seite eins von Het Belang van Limburg: "Wenn Erdogan verliert, dann wird er es nicht darauf beruhen lassen"...
Wird Erdogan zum "Superpräsidenten"?
Sollte Erdogan mit seiner Verfassungsänderung durchkommen, dann wäre seine Machtfülle so groß wie noch nie in der türkischen Republik, analysiert La Libre Belgique. Erdogan will sich de facto zum Alleinherrscher aufschwingen. Er begibt sich damit in die Gesellschaft von Leuten wie Wladimir Putin oder Viktor Orban, die auf Autoritarismus setzen, um die Angst vor Chaos einzudämmen. Das Problem ist aber, dass diese Autokraten damit selbst zur Quelle von Instabilität und Spaltung werden. Gleich wie das Referendum ausgeht: Europa wird mit Erdogan klarkommen müssen. Dann haben wir eben einen lästigen Verbündeten mehr.
In jedem Fall ist das türkische Referendum ein Test, meint De Morgen. Zunächst für die türkische Demokratie. Die ist offenbar wehrhafter als es Erdogan lieb sein könnte. Die Tatsache, dass es nach wie vor ein Kopf-an-Kopf-Rennen ist, und das trotz einer Kampagne voller Repression, verbaler Gewalt und Einschüchterungen, das ist schon bemerkenswert.
Sollte Erdogan dennoch seinen Willen bekommen, dann wird die Demokratie aber erst recht auf eine Probe gestellt. Ein Test ist es aber auch für die europäischen Partner. Wenn man allerdings sieht, wie die EU mit Leuten wie Viktor Orban umgeht, dann muss man hier wohl nicht allzu viel erwarten.
Het Belang van Limburg stellt sich einmal mehr die Frage, warum die Belgo-Türken so sehr auf der Seite von Erdogan stehen. Die in Belgien lebenden Türken haben ihre Stimme ja schon abgegeben. Und erfahrungsgemäß sind sie mehrheitlich Erdogan-Anhänger. Wenn man sich aber dem Inhalt der Verfassungsänderung genauer anschaut, dann gibt es nur eine Schlussfolgerung: Demokratie ist unter diesen Umständen unmöglich. Warum also, fragt sich die Zeitung, warum sind dann doch so viele Belgo-Türken damit einverstanden? Ein Grund ist wohl, dass sie sich nach wie vor ausgegrenzt fühlen. Würden wir das endlich einsehen, dann würden sie wohl auch nicht mehr irgendeinem ausländischen Super-Präsidenten so blindlings hinterherlaufen.
Abdeslam vor Gericht?
La Dernière Heure macht heute derweil mit einer Exklusivmeldung auf: "Abdeslam soll bald in Brüssel der Prozess gemacht werden", schreibt das Blatt auf Seite eins. La Libre Belgique, die zur selben Verlagsgruppe gehört, greift die Meldung übrigens ebenfalls auf. Bei dem Verfahren wird es um die Schießerei in der Rue du Dries gehen.
Am 15. März 2016, genau eine Woche vor den Anschlägen, hatten Polizisten ein Appartement in Forest routinemäßig aufgesucht. Sie waren davon ausgegangen, dass es leer war. Stattdessen wurden die Beamten sofort beschossen. Zwei Täter konnten fliehen. Später fand man die Fingerabdrücke von Abdeslam in der Wohnung. Drei Tage danach wurde er festgenommen. Die Ermittlungen sind jedenfalls so gut wie abgeschlossen. Der Prozess könnte beginnen, berichtet La Dernière Heure. Auf der Anklagebank säßen also Abdeslam und ein Komplize Abdeslam ist derzeit in einem französischen Gefängnis...
Dauerstreit – Regierung unter Druck
"Charles Michel wird nachdrücklich aufgefordert, seinen Reformkurs fortzusetzen", so die Aufmachergeschichte von Le Soir. Den Anfang hatte der flämische Arbeitgeberverband Voka gemacht. Dessen Vorsitzender, Hans Maertens, hatte mit scharfen Worten die, wie er findet, "Untätigkeit" der föderalen Regierung kritisiert, die offensichtlich im Begriff sei, ins Koma zu fallen. Die flämischen Liberalen OpenVLD hatten daraufhin einen Wachstumspakt noch vor dem Sommer versprochen. Und die N VA macht wieder Druck, um die geplante Reform der Unternehmenssteuer jetzt doch auf den Weg zu bringen.
Ein Faktor, der die Föderalregierung lähmt, das ist wohl der Dauerstreit zwischen den Koalitionsparteien CD&V und N VA, sind sich Beobachter einig. Die Auseinandersetzung dürfte in der kommenden Woche einen vorläufigen Höhepunkt erreichen, bemerkt Het Belang van Limburg. Bedrohliche Schlagzeile: "Auf Biegen und Brechen". Unter anderem steht die Drohung im Raum, die CD&V könnte der neuen N VA-Staatssekretärin Zuhal Demir das Vertrauen verweigern. Demir wird am Dienstag ihr politisches Programm präsentieren. Hintergrund ist ja, dass die N-VA-Politikerin die CD&V als "Moslem-Partei" bezeichnet hatte. CD&V-Chef Wouter Beke hatte daraufhin eine öffentliche Entschuldigung verlangt; die bekam er aber nicht.
Die Geschichte kann für die CD&V mit einem Gesichtsverlust enden, warnt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Die Drohung, Zuhal Demir zu boykottieren, das war von Anfang an ein Blindgänger. Jeder weiß, dass keine Partei im Moment ein Interesse an Neuwahlen hat. Insbesondere die Damen und Herren Demir und Beke vergessen aber, dass mit jeder Schlammschlacht dieser Art die Demokratie ein bisschen mehr erodiert. Daneben gab es ja auch noch die Polemik um die flämische Innenministerin Liesbeth Homans. Die N VA-Politikerin will ja einer Moschee in Beringen die staatliche Anerkennung entziehen. Ihre Begründung überzeugte aber nicht. De Morgen und Het Laatste Nieuws bringen heute Interviews mit Homans. "Ich habe keine Lust, den türkischen Wahnsinn auch noch zu subventionieren", sagt die N VA-Politikerin auf Seite eins von Het Laatste Nieuws.
Nordkorea: Die Welt hält den Atem an
Viele Zeitungen blicken auch heute mit spürbarer Anspannung auf Nordkorea. Die Welt hält den Atem an. Ein bewaffneter Konflikt zwischen der stalinistischen Diktatur und den USA scheint unvermeidlich. Zumal US-Präsident Donald Trump in den letzten Tagen gleich mehrmals seine Macht demonstriert hat. Zuletzt mit dem Abwurf einer zehn-Tonnen-Bombe auf ein mutmaßliches IS-Versteck in Afghanistan. "Die Botschaft lautet: Es ist ein neuer Sheriff in der Stadt", so bringt es Het Laatste Nieuws auf den Punkt.
Experten sind sich aber uneins über die Kriegsgefahr in Fernost. "Jeden Moment kann ein Konflikt zwischen Nord-Korea und den USA ausbrechen", warnt Le Soir. "Ein Krieg mit Nord-Korea, das ist nicht für morgen", sagt demgegenüber ein südkoreanischer Uniprofessor in De Morgen.
Roger Pint - Bild: Turkish Presidential Press Service/AFP