Er hat Geschichte geschrieben. Thierry Neuville ist der erste Belgier, der den Titel Rallye-Weltmeister trägt. Den Grundstein gelegt hat er mit dem Prestige-Sieg bei der Rallye Monte-Carlo. Danach musste er zwar die ganze Saison über den Straßenkehrer spielen, hat sich dadurch aber nicht aus dem Konzept bringen lassen und konstant Punkte gesammelt.
Im Gegensatz zu seinen Titelrivalen hat er bei jeder einzelnen Rallye gepunktet. Teamkollege Ott Tänak hatte Startschwierigkeiten, Elfyn Evans von Toyota war eine Enttäuschung und Sébastien Ogier blieb am Ende nur noch ein verbaler Angriff, den Neuville weggrinste. Karma: Ogier flog von der Strecke und Neuville fuhr in Griechenland seinen zweiten Saisonsieg ein.
Neuville war dieses Jahr stärker als die versammelte Konkurrenz – und cleverer: Er hat als Erster verstanden, wie er das neue Punktesystem zu seinen Gunsten nutzt. Vor allem gibt er nie auf. Auch nicht, wenn im Saisonfinale die Technik versagt. Er kämpft sich einfach wieder zurück. Neuville hat den Titel verdient.
Für viele Entscheidungen ist Neuville kritisiert worden. Der Einstieg in die Königsklasse 2012 kam für viele zu früh. Aber Bruno Thiry erklärte schon damals, dass man gar nicht früh genug in die WM einsteigen kann, was später auch Kalle Rovanperä unter Beweis stellen sollte. Der Wechsel von Citroën zu M-Sport 2013 wurde auch vielfach kritisiert, brachte Neuville aber ein komplettes WM-Programm und den Vize-Weltmeistertitel. Der Wechsel zum brandneuen Hyundai-Team 2014 war die nächste Entscheidung, über die heftig diskutiert wurde. Hyundai hatte tatsächlich Startschwierigkeiten, der Sprung aus dem Stand an die Spitze wie seinerzeit Volkswagen gelang den Südkoreanern nicht. Aber auch da hieß es: Niemals aufgeben.
Auch wenn der erste WM-Sieg in Deutschland eher unfallhalber zustande kam, wird er auch durch den From-Zero-To-Hero-Anstrich vielen Rallyefans im Gedächtnis bleiben. Im Shakedown überschlug sich Neuville quer durch einen Weinberg, musste bei der Startzeremonie zu Fuß übers Podium. Das Team schaffte es aber, den Hyundai rechtzeitig wieder flott zu machen. Und als am letzten Tag zwei Konkurrenten von der Strecke flogen, fiel der Sieg Neuville zu. Den Wein aus besagtem Weinberg gab es bei der Endjahresfeier.
Ebenso unvergessen: die Bier-Rettung in Mexiko, als Neuville die Flasche Corona, die es als Geschenk vom Veranstalter gab, auf dem Rückweg zum Service kurzerhand zum Kühlwasser umfunktionierte und es so trotz eines Lecks ins Ziel schaffte. Damals noch mit Beifahrer Nicolas Gilsoul. Dass die beiden sich verkracht haben, gehört zu den unrühmlicheren Episoden in Neuvilles Karriere. Martijn Wydaeghe war aber der beste Ersatz, den er sich wünschen konnte. Auch der Umzug ins Steuerparadies Monte-Carlo war vielen ein Dorn im Auge. Neuvilles Antwort: Er baute die Firma LifeLive in St. Vith auf.
Den Stempel als "ewiger Zweiter" dürfte er jetzt los sein. Denn Neuville hat das geschafft, was vor ihm kein Belgier geschafft hat. Er ist Rallye-Weltmeister im verflixten 13. Jahr. Chapeau. Seine Hartnäckigkeit macht ihn zum Vorbild für alle jungen Sportler – und nicht nur für die. Niemals aufgeben!
Katrin Margraff
Super Kommentar, Alles gesagt kurz und bündig!
Auf den Punkt gebracht, Frau Margraff!
In diesen 13 Jahren auch bemerkenswert war die Persönlichkeitsentwicklung von Thierry Neuville, die in dieser Saison dazu geführt hat, dass ihn wirklich kein Rückschlag auf seinem Weg zum WM-Titel aufhalten konnte. Neben der Erfahrung, die er in 168 WRC-Rennen gesammelt hat und neben seiner fahrerischen Klasse, war es seine mentale Stärke, die ihn letztlich zum Ziel geführt hat. Wenn man aus der Onboard-Perspektive beobachtet hat, wie scheinbar unaufgeregt der St. Vither (z.B. im Vergleich zum hypernervösen Fahrstil eines Elvyn Evans) seinen Hyundai beherrscht, macht es einfach nur Spaß ihm zuzuschauen.
Aber was soll jetzt noch kommen? Eigentlich wäre dies auch ein guter Zeitpunkt, seine Karriere auf dem Höhepunkt zu beenden…
Danke für die von Hyundai unterstützten Eindrücke aus Japan…😉
Super geschrieben Katrin !
Du hast Thiery ja auch lange begleitet...5x Vizeweltmeister ist schon Mega,
aber, nun ist er verdienter Weltmeister und wird ewig in allen Rallyebüchern dieser Erde stehen.
Gratulation Thiery ! Du hast es vielen Neidern gezeigt .....
Liebe Katrin Margraff,
Besser kann man einen Kommentar für einen Kämpfer nicht verfassen. Respekt.
Gratulation an Thierry.
John
Sehr geehrte Frau Margraff.
Sehr treffend beschrieben !
Thierry war über die ganze Saison der Cleverste mit dem neuen Punktesystem und weil er eben nie aufgibt, wäre er auch, wenn auch sehr knapp, ohne den Unfall seines Konkurrenten verdient Weltmeister geworden.
Zudem ist er einfach ein toller Mensch, der immer ein freundliches Wort übrig hat.
Chapeau Thierry
Liebe Katrin herzlichen Dank für deinen treffenden Kommentar. Ich kann das alles nur bestätigen, denn ich kenne Thierry seit frühester Kindheit, weil er in der Malmedyer Straße unser Nachbar war. Schon als Kind fuhr er mit seinem Gokart über dem Parkplatz vom gegenüberliegenden Möbelhaus Rallye. Seine Eltern haben ihn immer unterstützt und er selber hat die Bodenhaftung nie verloren. Er ist uns Nachbarn immer mit großer Herzlichkeit begegnet. Zweimal durfte ich ihn als Bürgermeister beim Neujahrsempfang im Rathaus von St Vith empfangen, um ihn als Vizeweltmeister zu ehren. Wir sind so stolz auf Thierry und er darf zurecht stolz auf diesen Weltmeister Titel sein, denn er hat nie aufgegeben. Christian Krings Ehren Bürgermeister der Stadtgemeinde St.Vith
Mal ein gewinner der immer am Boden geblieben ist
Einfach Super ! Thierry
Sehr guter Kommentar einer authentischen Journalistin, die menschliche Stärken hervor hebt.
Erstmals brf gelesen und gleich zum Newsletter Abonnent geworden
Sehr schön geschrieben, auf den Punkt gebracht , Katrin !
LG aus Nordhessen ✌️🤗
Klasse er hat es verdient
Bravo!
Guter Artikel, prima Recherche.
Super Bericht, super geschrieben, alles gesagt.