Quotenfrau Lahbib - diese nicht sehr schmeichelhafte Betitelung muss sich Hadja Lahbib gefallen lassen. Denn ihre Ernennung zur belgischen Kandidatin für das Amt des EU-Kommissars hat sie vor allem der Tatsache zu verdanken, dass sie eine Frau ist.
Aufschrei der Empörung? Schauen wir mal hin: Kommissions-Chefin Ursula Von der Leyen will gleich viele Frauen wie Männer in ihrem neuen Team haben. Die EU-Mitgliedstaaten haben deutlich mehr Männer als Frauen als Kommissare vorgeschlagen. In Belgien darf plötzlich Georges-Louis Bouchez allein entscheiden, wer Belgiens neuer Kommissar sein soll.
Georges-Louis wittert seine Chance, sich bei Ursula einzuschmeicheln. Denn Belgien hat schon die Frist überschritten, in der das Land eigentlich seinen Kandidaten hätte benennen sollen. Einen bedeutenden Kommissarsposten, auf den kann Belgien jetzt vermeintlich nur noch mit einer Frau hoffen. Und zack, zaubert Bouchez mal wieder Hadja Lahbib aus dem Hut.
Und das, obwohl Belgien eigentlich schon einen Kandidaten hatte: Der scheidende EU-Kommissar Didier Reynders, Parteikollege von Bouchez und Lahbib, hatte längst gesagt, dass er gerne weitermachen würde. Die vergangenen fünf Jahre hatte Reynders als Kommissar für Justiz und Rechtstaatlichkeit gute Arbeit geleistet. Zwar unauffällig, aber solide. War seiner Chefin von der Leyen nie in die Quere gekommen. Hatte Belgien gut vertreten bei der EU. Warum also nicht weitermachen?
Leider - und daran kann Reynders nun mal schwerlich etwas ändern - ist er ein Mann. Sonst wäre es tatsächlich etwas geworden mit der zweiten Amtszeit. Womöglich. Denn leider ist Reynders auch zwölf Jahre älter als Lahbib. Er ist 66, sie 54 Jahre alt. Weiblicher und jünger soll die neue Kommission werden. So wünscht es sich von der Leyen, sagt Bouchez, und erfüllt Ursula mit Lahbib ihren Wunsch.
Ein politisches Spielchen eben, nicht groß der Rede wert. Wenn die Entscheidung von Bouchez - und letztlich auch der Wille der Kommissionspräsidentin - nicht eine erschreckende Botschaft enthielte: nämlich die, dass Qualität und Erfahrung weniger wichtig sind als Geschlecht und Alter. Dass gerade alte, weiße Männer heutzutage keine Chance haben gegen junge Frauen mit Migrationshintergrund, wie Lahbib nun mal eine ist. Auch, wenn in der Sache der alte, weiße Mann viel erfahrener ist.
Und bitte: Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Natürlich weiß ich, warum das passiert, warum es Quoten gibt. Warum Frauen gefördert werden sollen. Und ich finde es schlimm, wenn patriarchale Strukturen, wo sie wirklich bestehen, Frauen daran hindern, etwas zu werden oder sein zu dürfen, nur weil sie Frauen sind.
Die Reduzierung eines Menschen auf sein Geschlecht ist überall falsch. Menschen sind zunächst Menschen. Und deshalb gleich. Auch in der Politik. Wer die besten Eigenschaften hat, um eine Sache zu machen, der soll sie machen. Egal, ob Frau oder Mann oder Transgender. Ob schwul, lesbisch, hetero oder bi. Das alles sollte einer aufgeklärten Gesellschaft wie Belgien egal sein. Dafür steht eigentlich auch die EU mit ihren Werten.
Doch wenn jetzt Lahbib den Vorzug vor Reynders bekommt, nur weil sie eine Frau ist, dann wird wieder das Geschlecht als Kriterium benutzt, um den einen zu fördern und den anderen abzuservieren. Diskriminierung aufgrund seines Geschlechts - so könnte man das auch nennen. Und damit wäre es das selbe, was Ursula, Georges-Louis und Co. eigentlich überwinden wollen.
Denn klar, Frauen wurden und werden oft nur wegen ihres Geschlechts diskriminiert, und das ist natürlich ebenfalls zu verurteilen. Doch ist es der richtige Weg, mit gleicher Waffe zurückzuschlagen? Das gleiche Unrecht zu praktizieren, gegen das man sich - oder sollte ich sagen - frau sich selbst wehren will?
Wie lange schon wird diese Debatte geführt?! Wie alt sind die Argumente?! Und wie traurig ist es am Beispiel der EU-Kommission, am Beispiel von Bouchez' Entscheidung für Lahbib und gegen Reynders zu sehen, dass diese Debatte leider immer noch geführt werden muss.
Kay Wagner
Guter Kommentar Herr Wagner. Sehr mutig.
Sie werden wahrscheinlich jetzt gesteinigt von den Emanzen und politisch korrekten dieser Erde. Die Geschlechterparität ist eine Heilige Kuh 🐮🐮 für diese Menschen.
Eigentlich sollten Erfahrung und Qualifikationen die bestimmenden Kriterien sein und nicht das Geschlecht.
Am einfachsten wäre es gewesen, wenn Didier Reynders seine Geschlechtsidentität geändert hätte. Dann wäre allen gedient.
Mit Ursula von der Leyen ist es wie mit Donald Trump. Die können den staatlichen Institutionen nichts anhaben. Es funktioniert trotzdem, weil auf der untersten Ebene die Bediensteten nach dem Motto handeln : "der Himmel ist hoch und der Zar ist weit."
Anscheinend gibt es keine anderen Probleme, so dass sich mit Personalien und Nebenthemen beschäftigt werden muss. Die EU-Aristokraten kreisen nun mal um sich selbst und gleiten in irrationale Scheindebatten ab, da sie die wirklich wichtigen Probleme weder lösen können noch wollen. Sie ähneln der Habsburgermonarchie, die sich schleichend von innen heraus siechend auflöste und abschließend durch einen Weltkrieg endgültig beendet wurde...