Wie bereits beim ersten Pensionsskandal in der Kammer gesagt: Es ist einfach ein Trauerspiel. Der einzige Lichtblick in der ganzen Affäre ist noch, dass zumindest das flämische und das föderale Parlament die jeweiligen Pensionssonderregelungen quasi umgehend abgeschafft haben. Schon erstaunlich, wie schnell politisch plötzlich agiert werden kann, wenn einem der Leibhaftige, Pardon, die öffentliche Meinung im Nacken sitzt.
Aber das war es dann auch schon mit "dem Ganzen etwas Positives abgewinnen". Der politische Panikfußball, den man beobachten kann, seitdem die Zeitung Het Laatste Nieuws den Stein ins Rollen gebracht hat mit ihren Enthüllungen, ist zwar auf den ersten Blick durchaus unterhaltsam. Bis einem klar wird, dass diese Leute unsere Politik bestimmen. Diese Leute also, die im besten Fall offenbar keine Ahnung von ihren eigenen Pensionsregelungen hatten, sollen also unser Renten- und Sozialsystem vor dem drohenden Kollaps retten? Na dann viel Glück.
Es gibt natürlich noch ein zweites denkbares Szenario, nämlich dass sie durchaus wussten, was sie da taten, beziehungsweise bestehende Systeme bewusst ausgenutzt haben. Dann müsste man wirklich von einer Selbstbedienungs- beziehungsweise "Nach uns die Sintflut"-Mentalität sprechen angesichts der Staatsfinanzen. Angesichts dieser zwei Optionen ist es wirklich schwer, keine Verzweiflung, Empörung oder Wut zu spüren.
Aber das ist auch gefährlich: Extremisten und Populisten reiben sich gerade wieder die Hände, schließlich bekommt man nicht alle Tage die Möglichkeit auf dem Silbertablett präsentiert, sich als Messias und angebliche Alternative zu "denen da oben" zu inszenieren. Und je näher die Wahlen rücken, desto dankbarer nimmt man so eine Steilvorlage natürlich an.
Damit es keine Missverständnisse gibt: In einer Demokratie ist es natürlich absolut legitim, für andere Parteien zu stimmen, wenn man mit den aktuellen unzufrieden ist. Allerdings sollte man gerade bei extremeren Ideologien durchaus mal einen Blick in die Geschichtsbücher werfen, um zu sehen, wohin die Reise dann gehen kann.
Tipp Nummer zwei: So verlockend es auch ist, auf "die da oben" zu schimpfen, sollte man sich davor hüten, alle Politiker über einen Kamm zu scheren und kurzen Prozess machen zu wollen. Es ist natürlich viel aufwändiger, die Affäre detailliert und gründlich aufzuarbeiten und zu klären, wer eigentlich wann wofür verantwortlich war. Aber es ist ehrlicher – und mittel- und langfristig mit Sicherheit auch konstruktiver.
Die nächste, zugegebenermaßen polemisch formulierte Empfehlung richtet sich dann an die Politik, zumindest an den Teil, der noch vorhat, die Demokratie zu retten: Wenn ihr euren Schweinestall nicht endlich ausmistet, werden ihn euch die Extremisten über den Köpfen anzünden.
Größtmögliche Transparenz und Rechenschaft – das muss die Devise sein. Dazu sollte vor allem zunächst endlich die Illusion über Bord geworfen werden, dass Parlamente ohne externe, unabhängige Kontrollinstanzen klarkommen. Denn das ist offensichtlich nicht so. Dann sollte man auch nicht glauben, dass die Sache gegessen wäre mit der Abschaffung dieser einen Sonderregelung. Nicht nur die Pensionen und Bezüge, auch das Spesen- und Ausgabensystem und die Finanzierung der Parteien müssen dringend genauestens durchleuchtet und reformiert werden, von den ganzen anderen potenziellen Baustellen ganz zu schweigen.
Natürlich ist das eine Mammutaufgabe. Aber werden die hohen Bezüge für Politiker nicht immer auch damit gerechtfertigt, wie hart und eifrig sie rund um die Uhr im Dienst des Volkes arbeiten? Dann ist das doch jetzt die ideale Gelegenheit, um das unter Beweis zu stellen!
Boris Schmidt
Guter Kommentar.
Nun gilt es Fehler zu korrigieren, um verlorenes Vertrauen zurück zu gewinnen. Als vertrauensbildende Maßnahme sollten sich die regionalen und föderalen Parlamente beim Volk, dem eigentlichen Souverän, entschuldigen.