Die weltweite Aufmerksamkeit nach dem Tod der Queen hat es noch einmal deutlich gemacht: Die Monarchie mag aus der Zeit gefallen scheinen. Und ihr sei dringend angeraten, mit der Zeit zu gehen, auch bei der finanziellen Ausstattung, erst recht in Krisenzeiten. Gleichzeitig üben ihre Vertreter und die Aura, die sie umgibt, immer noch eine schwer zu erklärende Faszination aus. Das hat auch der Besuch des Königspaares in Rheinland-Pfalz gezeigt.
Da ist zum einen, der Begriff sei in diesem Zusammenhang erlaubt, "das einfache Volk": Die Rentnerin, die den König und die Königin mal aus der Nähe sehen will und für die erhoffte Begegnung einen Blumengruß besorgt hat, die Untertanen, die schon seit vielen Jahren im Nachbarland leben und jetzt auch mal so ein bisschen mit ihren Staatsoberhäuptern prahlen dürfen oder die Schüler, die auf ihrer Klassenfahrt einem wahrhaftigen Königspaar über den Weg laufen.
Zum anderen sind da die politischen und wirtschaftlichen Würdenträger: von der Ministerpräsidentin bis zum Oberbürgermeister, vom Biontech-Gründer bis zum Big Boss bei BASF. Auch im Business wirkt das Königshaus als Türöffner - man denke nur an die Handelsmissionen, wo es darum geht, Abschlüsse auf den Weg zu bringen oder Vorhaben auf die Sprünge zu helfen.
Ein Beispiel: Bei der geplanten, aber noch nicht genehmigten Vertiefung des Rheins zwischen Mainz und Koblenz stehen die Hoheiten nicht nur für belgische Interessen in den Häfen von Antwerpen oder Zeebrugge. Die Rheinland-Pfälzer erhofften sich auch Schützenhilfe, wenn es darum geht, das wichtige Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan zu verankern.
Das Prinzip von Geben und Nehmen galt auch für den Besuch beim Chemieriesen BASF, der in Antwerpen die zweitgrößte Niederlassung nach dem Stammsitz in Ludwigshafen unterhält. Und wenn ich groß sage, meine ich: groß.
Dass bei alldem auch royaler Glamour nicht zu kurz kommt, erklärt sich von selbst: Posieren vor der Loreley, posieren auf dem Weingut, posieren hoch über dem Deutschen Eck, wo sinnigerweise eine Statue von Kaiser Wilhelm I. thront. Den Deutschen wird nachgesagt, dass sie bei aller bundesrepublikanischen Zufriedenheit auch etwas neidisch sind auf ihre Nachbarn und deren Könige.
In Rheinland-Pfalz standen sie ihnen in dieser Hinsicht gar nicht so sehr nach: So wurden dem belgischen Königspaar gleich mehrere Weinköniginnen vorgestellt und der ein oder andere Schützenkönig! Bei einem war sogar der kleine Sohn mit angetreten, der zur Freude der Gäste noch die Geburtstagskrone vom Vortag auf dem Kopf trug. Genau so funktioniert es in modernen Monarchien: sympathisch, volksnah, an den Herausforderungen der Gesellschaft orientiert. Unterwürfigkeit war gestern.
Stephan Pesch