8 Kommentare

  1. Den "Ostbelgiern" ist in den letzten 100 Jahren mehrmals zwangsweise eine Identität "übergestülp" worden, ohne sie nach ihrer Meinung zu fragen.
    Dies führte bei Generationen von Ostbelgiern zu einer fast schon schizophrenen Identititätskrise.
    Auch diesmal sind die "Ostbelgier" mal wieder nicht um ihre Meinung gefragt worden, auch wenn es glücklicherweise nicht wieder um die Frage der Nationalität geht.
    Aber es geht bei der neuen Standortmarke ja wohl weniger um die Menschen, als um Corporate Identity, Markenbildung und Marketing.
    Als Argument wurde immer wieder das angeblich sperrige "DG" angeführt, mit dem außerhalb dieser DG kaum jemand etwas anzufangen weiß.
    Es darf bezweifelt werden, dass diesmal mit OB der große Wurf gelungen ist.
    Wichtiger als mit einem Begriff anziehend auf Investoren, Unternehmensgründer, Fach- und Führungskräfte zu wirken wäre es, die Menschen vor Ort in einen solchen Prozess einzubinden, denn weder Standortmarken noch Identitäten lassen sich verordnen.

  2. Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht ganz, warum es bei DG oder OB ein "entweder - oder" geben soll. Wir leben in Ostbelgien, ja klar (aber das tun die Bewohner von Malmedy auch!). Und wir sind nach wie vor Teil der Gemeinschaft der Deutschsprachigen Belgier, ebenso klar. Das ist als eine kulturelle Zugehörigkeit sicher eindeutiger denn als eine geografische Zuordnung. Hier lag beim Begriff "DG" vielleicht das Problem. Von außerhalb betrachtet ist "Ostbelgien" natürlich besser zu lokalisieren. Aber warum diese kulturell-sprachliche Zugehörigkeit jetzt so ganz wegfallen soll...?

  3. Ganz einfach Nicola: Es geht darum, bestehende, tradierte Kulturen (wenn das nicht überdeutlich ist) auszumerzen. Es geht darum eine einheitliche McWelt künstlich zu erschaffen. Überall sollen die Menschen gleich geschaltet sein, egal wie ihre Wurzeln sind; weg mit "Rassen", weg mit "Geschlecht" (und Biologie), weg mit... Kulturen. Vor 20 Jahren las ich das Buch "The McDonaldization of Society" (Ritzer). Was mir damals noch als Bedrohung erschien ist heute Alltag geworden, und wird mit allen Mitteln durchgeboxt. Durch die Globalisierung wird die Welt ärmer. Und gefährlicher, unlogischer und unsinniger. Du kannst jetzt so weiter machen, "Positives" wirst du wohl kaum auflisten können, fürchte ich. Die großen Institutionen (UNO, IWF, WELTBANK, EU, usw.) bauen mit Hilfe der großen Konzerne diese McWelt auf, und die "Weltbürger" darin werden zu Konsummaschinen getrimmt. Der "Reisfladenstreit", zBsp: In Belgien sollen wir gefälligst Donuts und Brownies essen! Gleichzeitig aber, die Islamisierung. Wie passt das alles zusammen?

  4. Sie treffen den Nagel auf den Kopf Frau Wickert.
    Es geht auch - vielleicht sogar in erster Linie - um die Frage der sprachlich-kulturellen identität. Denn allein hierauf fußt die Daseinsberechtigung der politischen Autonomie unserer Gemeinschaft.

  5. Ich möchte nicht, dass unsere Deutschsprachige Gemeinschaft reduziert auf Profitaspekte als "ob" verkauft wird. Und schon gar nicht als "ob" für eine "Schnappsidee" auf dem Bierdeckel.

    Erstens haben Generationen von Menschen hier dafür gekämpft, dass wir nicht unserer kulturellen Identität beraubt werden und zweitens hat die Wirtschaft dem Menschen zu dienen anstatt umgekehrt.

    Unsere Deutschsprachige Gemeinschaft hat DG zu bleiben, basta!

  6. Moin,

    ich habe DG immer als administrativ-politische Einheit begriffen: eben die Deutschsprachigen - neben Frankophonen und Niederländischsprachigen - eine von drei Sprachgemeinschaften mit bestimmten Kompetenzen innerhalb des Föderalstaats Belgien. Ostbelgien betont hingegen die Zugehörigkeit zu Belgien stärker, macht aber auch deutlich, dass da etwas Eigenes hintersteckt, etwas das zwar Belgien ist - aber so besonders wie die anderen Landesteile Belgiens. Ich finde Ostbelgien eine gute Wahl - gerade auch im Bezug darauf, dass man ja in Eupen auf dem Weg zur vierten belgischen Region ist. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte das Kind einen neuen Namen gebraucht - und Region Ostbelgien hört sich doch nicht schlecht an. Ostbelgien ist eine gute Wahl - es steht für die belgische Identität wie auch das Eigene und suggeriert zugleich Offenheit. Einheit in Vielfalt - in Belgien wie in Europa: dafür ist Ostbelgien ein guter Ansatz.

    Herzliche Grüße aus Bonn,

    Siebo M. H. Janssen
    Politikwissenschaftler/Historiker

  7. @ H. Janssen
    Im Unterschied zu den Bezeichnungen der anderen Regionen sagt "Ostbelgien" - abgesehen von einer geografischen Zuordnung - nichts darüber aus, was diese Gemeinschaft oder Region charakterisiert.
    Ostbelgien ist zudem rein geografisch größer als die 9 zur Deutschsprachigen Gemeinschaft gehörenden Gemeinden, da auch Weismes und Malmedy in Ostbelgien liegen, nicht jedoch in der DG.
    Ein "Ostbelgisches Parlament", ein "Ostbelgisches Ministerium", ein "Ostbelgisches Arbeitsamt"... wären rein faktisch unkorrekte und widersprüchliche Bezeichnungen und würden nur weitere Unordnung in einen ohnehin schwer verdaulichen belgischen Staatsaubau bringen.
    Die politisch-administrative Eigenständigkeit der Deutschsprachigen im Belgischen Staat ist einzig der sprachlich-kulturellen Eigenheit unserer Region geschuldet.
    Die Opportunität einer Standortmarke "Ostbelgien" zwecks besserer kommerzieller Vermarktung von hier ansässigen Unternehmen, Betrieben, dem Tourismus, ... will mir durchaus einleuchten.
    Für die Bezeichnung der Instanzen und Einrichtungen im Rahmen unserer politischen Autonomie ist "Ostbelgien" denkbar ungeeignet.