Die Geschichte des weltbekannten Stars und Westernhelds Lucky Luke beginnt streng genommen im westflämischen Kortrijk. Hier wird am 1. Dezember 1923 Maurice De Bévère geboren. Sein Vater ist Direktor einer Fabrik, die Pfeifen in Form von Prominentenköpfen herstellt, möglicherweise ein früher Einfluss für den jungen Maurice.
Schon während seiner Schulzeit zeichnet er, was das Zeug hält. Allerdings auf die Ränder seiner Schulhefte und während des Mathe-Unterrichts. Die Jesuiten-Lehrer prophezeien seinen Eltern daraufhin, dass es der Junge wohl nie zu etwas bringen wird. Maurice revanchiert sich auf seine Art: Die Lehrer dienen ihm später als Inspiration für die Totengräber in den Lucky-Luke-Abenteuern.
Nach der Schule beginnt Maurice De Bévère ein Jura-Studium in Löwen. Das bewahrt ihn während der Besatzungszeit auch vor einem Arbeitseinsatz im Dritten Reich. Nebenher belegt er aber einen Fernlehrgang in Animation, ab 1944 arbeitet er auch in einem Brüsseler Trickfilmstudio, wenn auch nicht als Zeichner.
Hier lernt er unter anderem auch drei spätere Größen des belgischen Comics kennen: Pierre Culliford alias "Peyo", Eddy Paape und André Franquin. Es gelingt De Bévère, erste Zeichnungen an die Zeitschrift "Moustique" zu verkaufen. Damit hat er auch einen Fuß beim Dupuis-Verlag in der Tür, es folgt der Sprung zum ebenfalls dort erscheinenden "Spirou"-Magazin.
Künstlerisch hat bei "Spirou" der legendäre Joseph Gillain das Sagen, bekannter als "Jijé". Jijé hat die Aufgabe, Nachwuchszeichnern für Dupuis auf den Zahn zu fühlen und ihnen das wichtigste Comic-Handwerkszeug beizubringen, wie sich De Bévère später erinnert. Er habe damals gar keinen eigenen Stil gehabt. Seine Zeichnungen seien eine Mischung aus Hergé, viel Walt Disney und auch Max Fleischer gewesen, Popeye habe ihn stark beeinflusst.
"Viererbande"
Jijé nimmt nicht nur De Bévère, sondern auch Franquin und Willy Maltaite, besser bekannt als "Will", unter die Fittiche und nimmt sie sogar in sein Haus in Waterloo auf. Gemeinsam werden sie als sogenannte "Viererbande" und Keimzelle des "Ecole de Marcinelle"-Stils die Comic-Geschichte maßgeblich mitprägen. Jijé habe ihnen alles beigebracht - und das auch noch in einer bemerkenswert fröhlichen Atmosphäre, so De Bévère. Hier erfindet er 1946 auch, mittlerweile als "Morris" firmierend, Lucky Luke, der bald im Spirou-Magazin seinen ersten Auftritt hat - Wilder Westen made in Waterloo.
1948 zieht es Morris dann auch tatsächlich nach Westen: Er geht mit der Familie Jijé und mit Franquin in die Vereinigten Staaten. Eigentlich hoffen die Belgier, bei den berühmten Walt-Disney-Studios Arbeit zu finden, aber daraus wird nichts. Morris bleibt bis 1955 in Amerika - eine Zeit, in der er nicht nur viele Eindrücke und neue Kontakte sammelt, sondern auch intensiv für seine Comicserie recherchiert. Interessante, aber finanziell magere Zeiten.
Treffen mit René Goscinny
Eine neue Bekanntschaft erweist sich aber als Glückstreffer in jeder Hinsicht: Morris trifft in New York René Goscinny, der später Asterix mit erschaffen wird. Ab da und bis zu Goscinnys tragischem Tod 1977 stammen die Texte für Lucky Luke aus der Feder des Franzosen, während Morris zeichnet - ein Erfolgsrezept, das Lucky Luke den Weg zum Welterfolg ebnet.
Jahrzehnte und viele Auftritte des Cowboys und seiner Co-Stars später ist Morris noch immer der vielleicht weltweit erfolgreichste belgische Comicautor aller Zeiten. 2001 stirbt er nach einem Sturz in seinem Haus in Brüssel. Aber Lucky Luke wird dennoch bis heute weitergeführt - so wie Morris das noch zu Lebzeiten selbst verfügt hatte.
Der runde Geburtstag wird auch zum Beispiel mit Ausstellungen gewürdigt. In Brüssel etwa bis zum 27. Januar. Oder auch in der Geburtsstadt von Morris, in Kortrijk, bis zum 17. Dezember.
Boris Schmidt