Auf der einen Seite klare Kanten, Linien und geometrische Formen - auf der anderen Stoffe, Teppich und Installationen. Auf den ersten Blick könnten die Werke des Lütticher Malers Léon Wuidar und die der flämischen Künstlerin Joke Hansen wohl kaum unterschiedlicher sein. Doch für die Ikob-Kuratorin Brenda Guesnet ist klar: Wer genau hinschaut, erkennt ein gemeinsames Thema.
"Es geht hier ums Spiel. Ein Aspekt, der in Léon Wuidars Arbeit sehr wichtig ist und der auch bei Joke Hansen eine bedeutende Rolle spielt. In dieser Ausstellung soll gezeigt werden, wie wichtig ein spielerischer Umgang in der künstlerischen Praxis ist."
Unglaublich, aber wahr: Für den Lütticher Léon Wuidar ist es die erste Ausstellung im Ikob. Der 87-jährige Maler zeigt in "Um die Ecke" Werke aus den letzten sechs Jahrzehnten. Brenda Guesnet teilt die Malereien in verschiedene Aspekte des Spiels auf, so zum Beispiel "Sprache", "Wettkampf" oder "Weisheit". Es ist das erste Mal, dass die Werke von Léon Wuidar in diesem Kontext ausgestellt werden.
"Er wird sehr oft in Schubladen gesteckt, zum Beispiel was geometrische Abstraktion angeht. Dann gibt es auch eine Bewegung, die sich 'konkrete Malerei' nennt. Dort wird er auch oft situiert. Eigentlich möchte Léon Wuidart aber nirgendwo kategorisiert werden oder feststecken. Das war für mich dann als Kuratorin ein schöner Ansatz, etwas anderes hervorzuheben."
Auch Wuidars Notizbücher werden in "Um die Ecke" präsentiert: voll mit kleinen Skizzen und Ideen, von denen viele später den Weg auf die Leinwand gefunden haben.
Während Wuidars geometrisches Spiel sich ausschließlich innerhalb der Leinwandgrenzen bewegt, geht Joke Hansen bewusst darüber hinaus. In ihrer Ausstellung mit dem Titel "Innenbilder" zeigt sich die Künstlerin erstmals mit Installationen. Die Werke beschränken sich nicht auf die Wände des Museums. Ganz im Gegenteil: Sie nehmen den Raum ein, lenken den Besucher.
"Joke hat schon immer, auch in ihrer Malerei, das Medium gepusht und Limits getestet. Sie hat zum Beispiel mit Leinwänden gearbeitet, die nicht rechteckig waren, sondern, die sie selbst geschnitzt hat. Inspiriert von den Videospielen ihrer Söhne hat sie hier mit verschiedenen Materialien Räume oder Planeten geschaffen, die den Blick des Besuchers lenken. In den Videospielen geht es rauf und runter, es gibt Portale und man muss Rätsel lösen. Das wollte sie hier auch wieder verarbeiten."
Im Rahmen ihrer Ausstellung ist auch die erste Publikation der Künstlerin erschienen. "Shifting Shapes" heißt das Buch. Joke Hansens Kunst soll dazu einladen, sich mit Grenzen jeglicher Art auseinanderzusetzen: ob formal, physisch oder gedanklich.
Joke Hansens "Innenbilder" und "Um die Ecke" von Léon Wuidar sind noch bis zum 30. November im Ikob-Museum in Eupen zu sehen. Jeden Donnerstag bietet das Museum kostenlose Führungen an.
Lindsay Ahn