Er war nicht einmal 20 Jahre alt, als er starb, war jahrhundertelang vergessen und wurde dann 3.200 Jahre nach seinem Tod durch die Entdeckung seines Grabes weltberühmt. Sein Grab - ein fast intakter Schatz aus 250 Kilogramm Gold. Seit dem Fund im Jahr 1922 übt Tutenchamun eine Faszination auf seine Nachwelt aus. Eine Faszination auch für Ägyptologen wie Dimitri Laboury, wissenschaftlicher Leiter der Ausstellung.
Dimitri Laboury und das Team von Europa Expo wollen nicht mit anderen großen Tutenchamun-Ausstellungen konkurrieren. Sie präsentieren vielmehr eine didaktische Ausstellung, die sich an ein breites Publikum und Schulen richtet: "Wir wollen eine Geschichte erzählen und damit so viele Menschen wie möglich erreichen. Diese Geschichte scheint fast wie ein Märchen, wie ein Mythos, nur dass sie wahr ist. Es ist einmal die Geschichte von Howard Carter, wie er Ägyptologe geworden ist und wie er das Grab des Tutenchamun entdeckt hat - nicht durch Zufall, sondern durch sorgfältige Überlegung. Und dann die Geschichte Tutenchamuns, der dank Carter wiedergefunden und exhumiert werden konnte. Dieser junge König, der den Thron bestieg, nachdem er seine Familie ganz verloren hatte, und nur neun Jahre regierte."
Bis 1323 vor Christus hat Tutenchamun im alten Ägypten regiert. Die Ausstellung beleuchtet auf rund 1.800 Quadratmetern seine Zeit und die Entdeckung seines Grabes durch den britischen Archäologen Howard Carter im Jahr 1922. Ein nachgebauter Teil des Königspalastes soll die Besucher in das alte Ägypten eintauchen lassen. Höhepunkt der Ausstellung ist die Nachbildung des Grabes von Tutenchamun, so wie es Carter vorgefunden haben soll: "Wir haben das Grab so rekonstruiert, dass der Besucher wirklich auf den Spuren Carters wandelt und mit dessen Augen das Grab entdeckt. Und wir hoffen, dass es uns ein wenig gelingt, das Staunen und die Emotionen bei den Besuchern zu wecken, wie Carter sie wohl empfunden hat. Wir geben Einblick in die Grabkammer, in der der Sarkophag stand mit dem Leichnam dieses jung verstorbenen Königs", erklärt Dimitri Laboury.
Für die Lütticher Ausstellung wurden rund 250 Objekte in den Werkstätten des Ministeriums für ägyptische Antiquitäten in Kairo originalgetreu nachgebildet. Hinzu kommen 350 Kunstwerke aus Museen und Privatsammlungen: "Statistisch gesehen haben wir mehr originale Stücke aus der Zeit Tutenchamuns als Kopien. Wir wollten zeigen, dass es in den europäischen Ländern, in denen die Ägyptologie entstanden ist - Deutschland, die Niederlande, Belgien und Frankreich - einen archäologischen Fundus gibt, mit dem man die Geschichte Carters und Tutenchamuns zeigen kann. Und dann haben wir für unsere Ausstellung auch Kopien gebraucht, damit wir die Besucher in diese Welt eintauchen lassen und wir Dinge zeigen können, die wir nicht mit Originalen darstellen können", so Dimitri Laboury.
Unter den Originalen sind auch zwei landwirtschaftliche Geräte aus dem Grab Tutenchamuns, die der belgischen Königin Elisabeth 1923 bei einem Besuch in Kairo überreicht wurden. Auch Fotos und Erinnerungsstücke dieses Besuches sind in der Ausstellung zu sehen: "Es gibt eine enge Verbindung zu Belgien, denn Königin Elisabeth war begeistert von der Entdeckung Tutenchamuns und daran hatte auch die Öffentlichkeit teil. Es gibt aber auch noch eine Verbindung nach Lüttich. Denn der persönliche Begleiter von Königin Elisabeth war Jean Capart, der der erste Ägyptologe Belgiens war und nach einem Studium in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts die Ägyptologie an der Universität Lüttich gegründet hat.", sagt Dimitri Laboury.
Ein Grund mehr für die Ausstellungsmacher von Europa Expo, dem einst vergessenen Pharao eine große Schau in Lüttich zu widmen. Die Tutenchamun-Ausstellung ist noch bis zum 31. Mai 2020 im Bahnhof Guillemins zu sehen.
Michaela Brück