Anders als der Konservative Tajani hat der 63-Jährige aus Florenz in den vergangenen Monaten die populistische Regierung Italiens scharf kritisiert, auch deren harte Migrationspolitik und konfrontative Haltung gegenüber den EU-Institutionen. Dass mit Sassoli nun ein Politiker der verhassten Oppositionspartei PD an der Spitze des Parlaments sitzt, dürfte den Populisten in Rom wenig gefallen.
Sassoli trat bisher nicht als politisches Schwergewicht in Erscheinung. In Italien ist er weniger als Politiker, denn als Nachrichtenmann bekannt. Denn er moderierte im Fernsehen die Hauptnachrichtensendung "TG1". "Ich bin kein Star, ich bin sehr langweilig", soll er einmal über sich selbst gesagt haben.
Zu Beginn seiner Karriere arbeitete er bei kleineren Tageszeitungen und Nachrichtenagenturen. 1985 begann er in der römischen Redaktion der Zeitung "Il Giorno". Ab 1982 arbeitete er mit dem Fernsehsender RAI zusammen, wo er sich um Themen wie organisierte Kriminalität und Immigration nach dem Zerfall des Ostblocks beschäftigte. Zwischen 1996 und 1997 leitete er für den Fernsehsender Rai 2 die Sendung "La cronaca in diretta", was ihm eine Auszeichnung als bester Reporter einbrachte.
Bei den EU-Wahlen 2009, als er das erste Mal in das Parlament einzog, erhielt er mehr als 400.000 Stimmen, was ein beeindruckendes Ergebnis für einen Politik-Neuling ist. In seiner ersten Amtszeit in Brüssel und Straßburg leitete er die italienische sozialdemokratische Delegation. Im Jahr 2013 kandidierte er einmal erfolglos als Bürgermeister der italienischen Hauptstadt Rom. Von 2014 bis 2019 war er einer der 14 Vizepräsidenten des EU-Parlaments.
Sassoli ist als progressiver Katholik bekannt. Laut seiner offiziellen PD-Biografie ist er seit seiner Jugend Teil katholischer Bewegungen, einschließlich der italienischen Pfadfinder. Der 63-Jährige ist verheiratet, hat zwei Kinder und ist ein Fan von AC Florenz, dem wichtigsten Fußballverein seiner Heimatstadt.
Von Alvise Armellini und Amelie Richter, dpa