Die britische Premierministerin Theresa May und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wollen am Montag eine Zwischenbilanz zu den Brexit-Gesprächen ziehen. Bei dem Mittagessen in Brüssel soll May klarstellen, zu welchen Zugeständnissen Großbritannien bei wichtigen Fragen des für 2019 geplanten EU-Austritts bereit ist.
Wertet die EU-Kommission dies am Mittwoch offiziell als ausreichend, könnten die EU-Staats- und Regierungschefs kommende Woche die Ausweitung der Brexit-Verhandlungen einläuten. Der britische Außenhandels-Staatssekretär Greg Hands forderte, von dem Treffen müsse "das Signal ausgehen, die zweite Phase der Austrittsgespräche einzuleiten" - also Gespräche über die Gestaltung des künftigen Handels zwischen der EU und den Briten.
May steht unter enormem Druck. Sie hat angesichts ihrer hauchdünnen Mehrheit im Parlament Revolten von mehreren Seiten zu fürchten. Zudem bereitet ihr ein Skandal um ihren Stellvertreter und Kabinettschef Damian Green Probleme. Gegen Green läuft eine Untersuchung wegen Belästigungsvorwürfen, zudem soll auf einem seiner Dienstrechner Pornografie entdeckt worden sein. Green streitet alle Vorwürfe ab.
Vor dem Treffen mit May stimmt Juncker mit dem Europaparlament eine gemeinsame Verhandlungslinie ab. Mit den Parlamentariern will er unter anderem besprechen, welche Garantien Großbritannien für die dort lebenden 3,2 Millionen EU-Bürger abgeben muss. Auch die Schlussrechnung Großbritanniens für die während der EU-Mitgliedschaft gemeinsam eingegangenen Finanzverpflichtungen dürfte noch einmal Thema sein. In beiden Fragen hatte es nach EU-Angaben Bewegung in den Gesprächen mit London gegeben.
Ungeklärt war indes bis zuletzt, wie eine feste Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland nach dem Brexit vermieden werden kann. Dublin fordert eine schriftliche Zusicherung Londons, dass es nach dem Brexit im März 2019 nicht zu Grenzkontrollen zwischen den beiden Teilen der Insel kommt.
Bei allen drei Punkten will Brüssel "ausreichende Fortschritte" erreichen, bevor über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien und eine Übergangsphase nach dem Brexit verhandelt wird. Anhänger eines harten Brexits erhöhten indes weiter den Druck auf die britische Premierministerin. In einem offenen Brief forderten Mitglieder der Initiative "Leave means Leave" (Gehen bedeutet Gehen) May am Sonntag auf, Brüssel mit Abbruch der Verhandlungen zu drohen, sollte die Kommission nicht auf Maximalforderungen Londons eingehen.
dpa/jp/est